Kapitel 9

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 Kapitel 9

"Hörst du mir überhaupt zu, Dia?" Lous Stimme drang langsam durch meine wirren gedanklichen Probleme, die ich versuchte zu lösen. Ich musste mir immer noch über meine Gefühle für Avan im Klaren werden. Es war offensichtlich, dass ich ihn mehr als nur mochte... Ja, wie es aussah, war ich sogar in ihn verliebt. Ich wusste nur nicht, wie weit ich gehen konnte. Er sagte, ich sei das Mädchen, welches er beschützen wollte und möge. Aber selbst wenn unsere Gefühle auf Gegenseitigkeit beruhten, konnten wir einfach kein Paar werden.

Das war zu merkwürdig, Immerhin war er naja... tot. Bei dem Gedanken hätte sich jede andere Person nun wahrscheinlich angewidert geschüttelt. Nicht aber ich. Ich kannte Avan mittlerweile einigermaßen. Sobald man einige Stunden am Stück mit ihm verbrachte, bemerkte man schnell, dass er ein freundlicher und süßer Mensch - Geist - war.

Als Lou mich plötzlich mit beiden Händen an den Schultern packte und kräftig schüttelte, schaute ich sie irritiert an. "Was denn?", murmelte ich und zuckte zusammen als sie ihre Fingernägel in meine Schultern zu rammen begann.

Es war nicht schwer zu erkennen, dass sie alles andere als gut gelaunt war. Und anscheinend, war ich der Grund dafür. Sie verdrehte genervt die Augen. "Ich fragte, ob es nicht eine tolle Sache ist, dass unsere Familien dieses Jahr Heiligabend zusammen verbringen werden", wiederholte sie.

Wir liefen den Flur zum Chemielabor entlang. Sie beschleunigte ihren Schritt und ließ mich mehrere Meter hinter sich.

"Äh ja. Wir könnten ja zusammen in die Stadt fahren um Geschenke zu besorgen", schlug ich vor um sie wieder fröhlich zu stimmen. Lou drehte sich abrupt zu mir um. "Genau das hatten wir gestern schon abgemacht. Du meintest als ich es vorschlug 'Ja, klingt großartig.'"

Ihr Blick durchbohrte mich schon beinahe und ich schaute verlegen zur Seite. Sonst verhielt ich mich auch nicht so... Aber sonst musste ich mir auch keine Gedanken über Dinge wie Geister und meine Gefühle für diese machen. "Tut mir leid. Ich..."

Sie unterbrach mich indem sie mir mit der Hand zu verstehen gab, still zu sein. "Wir werden wie abgemacht einkaufen gehen. Und ich für meinen Teil, kann auf eine beste Freundin verzichten, wenn sie lieber in Gedanken versunken ist, anstatt mit mir zu sprechen. Zeitlich klappt's bei dir übrigens auch nicht mehr. Und gib jetzt nicht wieder deinen Eltern die Schuld, wegen dem dämlichen Umzug. Da ließe sich vieles machen, um mich öfter sehen zu können. Aber anscheinend bin ich es dir ja nicht wert", fauchte sie und stampfte davon.

So aufgebracht und voller Wut hatte ich Lou noch nie erlebt. Ich wusste gar nicht, dass sie überhaupt so sauer werden konnte. Das würde sich doch sicher wieder einrenken. Hoffe ich...

Nach dem Unterricht lief ich ohne Umwege nachhause. Mom war nicht da. Wunderte mich auch nicht weiter. Nach unserem letzten Gespräch bei dem ich sie so ziemlich als schlechteste Mutter der Welt abgestempelt hatte und ihr noch einen Grund mehr geben hatte, mir aus dem Weg zu gehen, kostete sie dies nun in vollen Maßen aus.

Ich sah sie nur noch selten. Meistens kochte sie und rauschte dann ab, sodass ich ich mir mein Abendessen in der Mikrowelle aufwärmen und dann alleine und einsam im leeren, großen Haus zu mir nehmen musste.

Doch oft nahm ich mir bloß einen Apfel oder machte mir eine Schale Cornflakes und aß diese in meinem Zimmer. Avan war zwar nicht 24 Stunden die Woche da aber oft genug, damit ich nicht so Trübsal blasend herum hockte und mich schlecht fühlte, weil ich meine Mom letztendlich ganz vergrault hatte.

Wie ich es die ganze restliche Woche getan hatte, schnappte ich mir eine Wasserflasche aus dem Kühlschrank und eine Schüssel mit Weintrauben. Dem verlockend riechenden Auflauf, der im Backofen stand, würdigte ich keines weiteren Blickes.

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