Kapitel 13

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Heute würden wir zum ersten Mal auf unseren Pferden sitzen. Selbst die unter uns, die bereits reiten konnten, waren etwas aufgeregt. Wir hatten alle gemerkt, dass die Mearas zwar stark und eigenständig, aber unglaublich lieb, treu und intelligent waren.

An der Koppel wurden wir bereits erwartet. "Reitet jemand von euch?", fragte unser Lehrer.

"Ich!" Carina meldete sich sofort. Sie war seit neun Jahren eine begeisterte Reiterin und liebte Pferde über alles. Genauso Saskia, die sich jetzt mit Laura zusammen ebenfalls meldete. Die Jungs hingegen waren, jetzt da wir auf ihnen reiten sollten, nicht mehr so angetan von ihren Pferden.

"Müssen wir unbedingt?", wollte Ben widerstrebend wissen. "Ja", gab der Rohir zurück, worauf alle Jungs etwas in sich zusammensanken. "Kommt, das ist ganz einfach, wenn ihr erst einmal oben seid!"

"Das sagst du so leicht!", murmelte Nico, während wir unsere Pferde sattelten. Ob insgesamt doch mehr Mädchen einmal auf Pferden gesessen hatten als zugegeben oder ob wir einfach talentierter waren als Jungs, wir waren etwa fünf Minuten eher fertig, während Éomer gar nicht wusste, wem von den Jungs er zuerst helfen sollte. Vermutlich war es eher eine Mischung aus einfachem Widerstreben und Zeitschinden.

"Haben wir's jetzt?", fragte Jenni genervt. Sie mochte Reiten auch nicht besonders, aber sie wollte auch nicht den ganzen Tag im Stall stehen.

Zurück auf der Koppel bahnten sich die ersten Katastrophen an. Éomer wies uns lediglich an, wir sollten aufsitzen und überließ uns dann den Mearas. Philipp machte den Anfang, stieg mit dem linken Fuß in den rechten Steigbügel und saß dann verkehrt herum auf Shunya. Lena lachte ihn am Anfang noch aus, machte dann aber mit Nienna den gleichen Fehler. Fandral hingegen war so groß, dass Johanna sich nicht einmal traute, es zu versuchen.

Als schließlich jeder im Sattel saß und unser Lehrer tödlich genervt aussah, konnte es losgehen. Éomer zeigte uns zuerst, wie wir die Zügel halten sollten, auf welche Kommandos die Pferde hörten und wie wir sie in welche Richtungen führen konnten. Zu sehr viel mehr brachten wir es in der Stunde auch nicht, wir hatten gerade noch Zeit, sie wieder in den Stall zu führen und ordentlich zu putzen. Danach konnten wir sie wieder laufen lassen.

Wir kamen etwas verspätet im Klassenzimmer an, wo Legolas schon auf uns wartete. "Wo wart ihr denn?", fragte der Elb lachend, als er uns sah.

"Reiten!", knurrte Jenni, die ihr Pferd inzwischen, hätte Éomer es erlaubt, am liebsten sofort Saskia geschenkt hätte.

Thranduils Sohn versuchte, sich bei Jennis verärgertem Gesicht ein Grinsen zu verkneifen, was ihm aber nicht ganz gelang. Zu seinem Unglück sah sie es. "Jaja, wir wissen schon, dass ihr Elben perfekt seid und alles gleich auf Anhieb könnt!", fauchte sie. Inzwischen mussten wir uns alle am Riemen reißen, um nicht loszulachen.

Da er größere Katastrophen vermeiden wollte, entschied sich Legolas, seinen Unterricht zu beginnen. Allerdings tat er das wie es unsere Französischlehrerinnen immer getan hatten, nämlich ohne etwas zu erklären. "Suilad. Im Legolas." Dabei wandte er sich vor allem hoffnungsvoll an Johanna, Kilian und mich. Vermutlich hatte Gandalf gepetzt... Die beiden anderen sahen allerdings eher ratlos aus. Ob sie ihn nur nicht verstanden hatten oder nicht wussten was sie antworten sollten...

Das war der Zeitpunkt an dem ich beschloss, ruhig auch einmal die Strebernummer abziehen zu können. "Gen suilon, Legolas. Im Nina." Ich war mir fast sicher, dass ich in den fünf Wöretern einen Fehler hatte, doch das Lächeln des Elben verriet etwas anderes. "Angoreg vê, Nina!"

"Was redet ihr da bitte?", wollte Mira entsetzt wissen. "Übersetz doch mal, Nina", schlug Legolas vor. Innerlich verdrehte ich die Augen.

"Er hat gesagt, er grüßt uns und er heißt Legolas. Darauf hab ich zurückgegrüßt und mich vorgestellt. Dann hat er, glaube ich, so etwas wie 'Gut gemacht' gesagt", zögerte ich nun. Ich hatte mir nur von einigen Quellen ein paar Formulierungen und Vokabeln abgeschrieben, nicht genug, um ein echtes Gespräch zu führen.

Der Elb sah inzwischen aus, als wolle er mich umarmen. Ich hoffte inständig, er würde es nicht tun, schließlich würde das Cara nicht so sehr gefallen. Außerdem sähen die beiden zusammen ja tatsächlich richtig süß aus.

"Du hast im Ernst angefangen, eine vierte Sprache zu lernen, die es dann nicht einmal gibt?", wollte Philipp ungläubig wissen. Einige Meter vor ihm räusperte sich der Waldelb gekränkt.

"Wie du festgestellt haben solltest, gibt es Sindarin tatsächlich", betonte er.

"Nur du mit deiner Sprachbegabung kannst so krank sein, dir noch eine Sprache aufzuhalsen", murmelte Tonja, grinste mir allerdings zu.

"Yah, ich kann auch schon ein paar Sätze auf Koreanisch!", warf Johanna ein.

"Aber abgesehen von Hosen und Hüten ist dabei nichts rausgekommen", konterte Laura, woraufhin wir alle in glückliche Erinnerungen versanken. "Außerdem ist Sindarin im Moment die nützlichste Sprache, würde ich sagen."

"Stimmt" Der Elb klinkte sich wieder ein. "Sogar eure Pferde verstehen Sindarin besser als jede andere Sprache und eure Kommandos sollten auch in dieser Sprache erfolgen. Was sagt ihr zum Beispiel, wenn euer Pferd schneller laufen soll?"

"Noro lim", wusste jetzt Kilian.

"Richtig. Und wenn ihr es etwas bremsen wollt?" Wir sahen uns ratlos an. Legolas schrieb die Antwort an die Tafel. Die restliche Stunde übersetzte er uns einige Sätze, die wir für eine Begrüßung brauchen würden oder um jemanden zu fragen, woher er kommt. Es gab nur wenige, die sich für die Sprache interessierten, allen voran Cara (die sich sehr lernbereit zeigte), ich, Ebru, Philipp (der zwar abgeneigt war, eine neue Sprache zu lernen, vermutlich aber besonders bei einer bestimmten Elbin wissen wollte, was sie so von sich gab), Laura und Kilian.

"Es freut mich, dass ihr euch so viel Mühe gebt!", meinte der Elb am Ende der Stunde. "Atenio, bis heute Abend!"

"Das war mal eine interessante Stunde!", freute ich mich. Einigen anderen ging es nicht anders. "Das ist total cool, manche Wörter sind ja unseren Sprachen ziemlich ähnlich", meinte Ebru. "Was haben wir denn jetzt?"

"Bogenschießen", antwortete Adelina, in Bens Richtung grinsend. "Die Stunde der Prüfung naht."

"Und ich sage euch immer noch, dass das ein Versehen war!", rechtfertigte sich der Angesprochene. "Wir sind doch hier, um zu üben, oder?"

"Wie willst du allerdings effizient Schießen lernen, wenn dein Lehrer im Rollstuhl sitzt?", wollte eine Stimme aus der Tür wissen. Haldir hatte sich an den Türrahmen gelehnt und unserer Unterhaltung gelauscht. Innerlich verfluchten wir die Fähigkeit der Elben, absolut keine Geräusche beim Gehen zu verursachen. "Lasst uns zum Übungsplatz gehen", verkündete der Elb und verschwand -ohne auf uns zu warten- aus der Tür.

Elbisch für AnfängerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt