Kapitel 24

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Die entspannte, gelöste Stimmung, die sich nach Weihnachten in der Schule, in ganz Bruchtal verbreitet hatte, hielt nicht lange. Schneller als erhofft mussten wir uns wieder um Orks und Uruks Gedanken machen. Wöchentlich schneiten Boten mit Nachrichten herein, die immer bedrohlicher klangen. Aragorn war fast nicht mehr anzutreffen, da sich Minas Tirith zwar wundersamerweise immer wieder im Kampf behauptete, aber auch ohne Unterlass angegriffen wurde. Legolas hatte uns erzählt, dass Aragorn schon Pläne schmiedete, die Hauptstadt Gondors schnell und leise zu evakuieren und dem Feind zu überlassen. Es war schon ein Wunder, dass sich die Stadt in Spuckweite von Mordor so lange hatte wehren können.
Die berühmte Goldene Halle von Edoras war nur noch ein Häufchen Asche. Théoden und seine Leute hatten sich auf den langen Weg nach Norden gemacht und waren letztendlich in Bree untergekommen. Als wir das gehört hatten, hatten wir nur entsetzt gefragt, ob denn dort genug Platz für die ganzen Soldaten war. Das folgende betretene Schweigen aller Anwesenden hielt uns davon ab nachzufragen, wie viele Soldaten das denn tatsächlich noch waren.

Wann immer eine neue dieser Nachrichten eintraf, erfuhren wir es sofort entweder im Unterricht oder beim Essen. Und wir reagierten auf unsere Weise darauf.
Inzwischen machte sich niemand mehr um die 'Prüfungen' am Ende des Jahres Gedanken. Wir passten im Unterricht vermutlich so gut auf wie noch in keinem Jahr davor, schließlich hing von dem meisten dieser Unterrichtsthemen unser Leben ab. Gymnastik mal ausgenommen, aber Gandalf und Tauriel bestanden darauf.
Wir lernten Sindarin in der Hoffnung uns in einer Sprache verständigen zu können, die Loki nicht kannte (bei Englisch und Französisch waren wir uns nicht sicher, außerdem gab es wie bereits erwähnt bei einigen so eine gewisse Allergie...) Legolas war begeistert, dass wir nach einigen Monaten so weit waren, dass wir uns -mehr oder weniger stockend- mit ihm unterhalten konnten.
Im Schwertkampf waren wir inzwischen dazu übergegangen, unsere richtigen Schwerter zu verwenden. Es hatten auch schon ein oder zwei sehr vorsichtige Kämpfe gegeneinander stattgefunden, ohne dass jemand größere Blessuren davongetragen hatte.
In unserer Freizeit trainierten wir vor allem Ausweichen (Schwertern, Pfeilen, Fäusten etc.), allgemein Schnelligkeit (auch wenn Thranduil da ebenso großen Wert drauf legte) und -am wichtigsten- Teamwork. Das Gespräch mit Loki hatte uns klar gemacht, dass er darauf abzielte, uns zu spalten. Das musste doch heißen, dass wir unbedingt auf Zusammenarbeit bauen sollten. Das wirkte sichtbar auf die ganze Klasse aus.

In keiner Schulklasse konnte sich jeder mit jedem verstehen. Es gab immer Leute, mit denen man eher nichts zu tun hatte, selbst wenn man sie nicht unbedingt nicht mochte. Wir versuchten jetzt, das zu ändern. In den Übungen wurde immer neu durchgemischt, jeder half jedem und fast immer musste man ja auch miteinander reden. Deswegen waren wir immer noch nicht alle beste Freunde, aber wir lernten uns gegenseitig besser kennen und verstehen, gewöhnten uns an die verschiedenen Kampfstile der anderen und wussten bald auch, wer wo seine Schwächen hatte. So konnten wir uns gegenseitig helfen.

Natürlich war nicht alles in Ordnung. Dass wir mehr miteinander redeten, führte auch dazu, dass wir vor allem im Angesicht der Bedrohung immer mehr stritten. Je mehr Erfolge Lokis Armee erzielte, desto nervöser, unsicherer wurden wir. Selbst die Ruhigsten unter uns konnten den ein oder anderen Streit vom Zaun brechen.

Wir trainierten so hart, dass wir selbst gar nicht mehr mitbekamen, wie schnell wir besser wurden. Wir hatten unser Ziel vor Augen und je weniger wir über den Weg dorthin nachdenken mussten, desto besser. Unsere Leistungen verbesserten sich so stark, dass inzwischen die Hälfte der Lehrer schon bei Gandalf gewesen war und ihn -stolz, aber auch verwundert- informiert hatte. Dass sie nach diesem Gespräch sogar noch verwirrter wirkten als vorher, fiel uns gar nicht auf.

Bald waren wir so weit gekommen, dass wir wieder Hoffnung hatten. Im Bogenschießen hatte jeder bereits einige Male ins Schwarze getroffen, wir hatten einmal einzeln gegen Faramir gekämpft und es gab schon Überlegungen seitens Éomer und Boromir, uns das Kämpfen auf dem Pferd zu zeigen.
Das konnte so natürlich nicht stehen gelassen werden. Als hätte der Feind uns beobachtet, kam in derselben Woche ein neuer Bote nach Bruchtal geritten, der für einiges Aufsehen sorgte.

Elbisch für AnfängerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt