Kapitel 6

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1971

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Vietnam war nicht unbedingt so, wie Dean es erwartet hatte. Es war grün und feucht, wenigstens hatte Cas damit recht, aber Dean dachte, dass die Dinge vielleicht anders gewesen wären, wenn er aus einem anderen Grund hier gewesen wäre. Die Landschaft war wunderschön, keine Frage, aber er sah die Dinge einfach anders. Jedes Mal, wenn er irgendwohin ging, suchte er nach Plätzen, wo er sich verstecken konnte, nur für den Fall, dass etwas passierte, denn er würde nicht auf offenem Feld bleiben, wo er erschossen werden konnte.

Er hatte jemanden, zu dem er nach Hause kommen sollte, jemanden, der ihn in einem Stück wiederhaben wollte, und er würde sein Versprechen gegenüber Cas halten.

Adam Milligan trat ihrer Kompanie ein paar Monate vor Deans Heimflug bei. Er war ein Neuling, direkt von Kansas verschifft. Fast jeder mied ihn die ersten paar Wochen, weil niemand neben ihm entdeckt werden wollte, falls er im Feld einen Anfängerfehler machen würde. Die neuen Kerle waren normalerweise die Ersten, und auch die Ersten, die in Leichensäcken nach Hause geschickt wurden.

Es regnete, und sie hatten sich für den Rest der Nacht am Stützpunkt niedergelassen. Dean saß auf der Kante seiner Pritsche, eine Zigarette hing von seinen Lippen, als Adam ins Zelt kam. Sein Shirt klebte an seiner Haut; er war bis auf die Knochen durchnässt. Dean lachte trocken und blies Rauch aus seiner Nase, während Adam zu ihm lief und sich gegenüber von ihm auf die Pritsche setzte.

,,Vom Regen überrascht worden?"

Asche fiel vom Ende seiner Zigarette, als er hinter sich angelte, die Zigarettenpackung hervorholte und sie Adam anbot. Adam schüttelte den Kopf und winkte ab. Dean zuckte die Achseln und legte die Packung neben sich.

,,Nein, danke."

Dean hob die Augenbrauen, überrascht, dass der Bursche sogar höflich war. Er hatte sich mit Männern herumgeschlagen, die monatelang so ungezogen und grob waren wie er, also war es fast eine Erleichterung, jemanden mit Manieren um sich herum zu haben. Mit einem letzten Zug beendete er seine Zigarette, schmiss sie auf den Boden und trat sie mit seinem Stiefelabsatz aus. Adam verlagerte sein Gewicht auf der Pritsche vor ihm. Seine Augen huschten im Zelt umher, bevor sie innehielten und sich auf Dean fokussierten.

,,Also, was hat dich reingeholt?"

,,Es regnet."

Dean lachte erneut, schüttelte den Kopf und fuhr mit einer Hand durch sein Haar. ,,Nein, wirklich? Es regnet verdammt nochmal immer. Wäre ein Wunder gewesen, wenn sie uns während der Trockenzeit hier rausgeschickt hätten."

Adam lachte leise, lehnte sich zurück und versuchte, etwas Wasser aus seinem Shirt zu wringen, aber er schaffte es nur, den unteren Teil zu dehnen. Er runzelte die Stirn und legte die Hände in den Schoß.

,,Wie lange bist du schon hier draußen?"

,,Ein paar Monate." Dean zuckte eine Schulter, stützte sich mit den Händen auf der Pritsche ab und lehnte sich etwas zurück, während er Adam die ganze Zeit beobachtete. ,,Milligan, richtig?"

,,Ja, Sir." Adam nickte und lächelte leicht. ,,Adam Milligan."

,,Du musst mich nicht mit 'Sir' ansprechen. Dean reicht völlig. Oder Winchester, wie der Rest." Er setzte sich auf, und Adam zog sich etwas zurück, lehnte sich von ihm weg. Der Bursche war ein Stock mit dicken Haaren, nicht lang, aber ein Durcheinander. Er konnte nicht älter als achtzehn sein, und der Gedanke ließ Deans Magen sinken. Er konnte nicht glauben, dass sie Kinder, die frisch aus der Schule raus waren, zu diesem Ort schickten.

,,Wie alt bist du?"

,,Neunzehn."

,,Gottverdammt", stieß Dean aus und fuhr mit der Hand über sein Gesicht. ,,Ich schätze, sie bekommen niemand anderen als Kinder, die sind hier rüber schicken, was? Füllen euch armselige Dummköpfe direkt in den Fleischwolf."

Twist and Shout (deutsch)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt