Kap. 5 ♥

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„Warum bist du damals wirklich gegangen?" Er rückte ein ganzes Stück näher an den kleinen Cafétisch und berührte kurz Angelas Bein, nachdem er sich aus seinen Gedanken gerissen hatte.

Sie konnte es ihm nicht sagen. Nicht hier, nicht jetzt. Es war sowieso schon ziemlich spät. Aber sie war ihm eine Erklärung schuldig. Sie hatte ihn ohne Abschied verlassen. Sie hatte ihn alleine gelassen. Es war ihre Schuld.

Aber sie konnte einfach nicht.

Angela stand auf und richtete ihre Klamotten. „Reinhardt..." Es fiel ihr schwer seinen Namen auszusprechen. „Es war mir eine große Freude dich wiederzusehen, aber es ist schon spät und ich habe morgen Dienst im Krankenhaus, ich hoffe du verstehst das" sagte Angela adrett und ging mit großen Schritten aus dem Café. Reinhardt konnte sich nicht bewegen, so perplex war er. War sie grade wirklich einfach so gegangen?

Nein, nicht dieses Mal. Nicht hier und nicht jetzt.

Sie war schon einmal gegangen und heute würde Reinhardt sie nicht erneut gehen lassen. Er rannte ihr hinterher und hielt sie auf, in dem er sie bei den Schultern packte.

„Nein!", rief er aufbracht und schnappte nach Luft, „Nicht dieses Mal. Nicht dieses Mal, Mercy. Sieh mich an, warum hast du das getan? Was ist in dich gefahren?" Mercy starrte ihn verängstigt an und konnte nichts anderes tun als zu schweigen. Damit hatte sie nicht gerechnet. Reinhardt stand direkt vor ihr und sie konnte seine Muskeln sehen, die sich unter dem dunkelgrauen Shirt abzeichneten. Die Sonne war bereits untergegangen und die Straßenlaternen leuchteten hell. Reinhardts Augen schimmerten aufgeregt, wie die Flamme einer Kerze im Wind. Sie hatten sich kein Stück verändert. „Ich... Ich weiß es nicht, Reinhardt. Du kommst so urplötzlich in mein Leben und verlangst, dass ich offen wie eh und je mit dir über mein Leben rede, aber das kann ich nun mal nicht so einfach. Ich habe dich so lange nicht gesehen... Natürlich freue ich mich dich wiederzusehen aber im Moment... im Moment reißt du mein kleines Herz in Stücke, indem du so unerwartet auftauchst und ich als Ärztin weiß nicht wie ich es wieder zusammenflicken kann. Wie ich mit dir umgehen soll weiß ich nicht... Ich weiß gar nichts zurzeit. Es tut mir Leid, Reinh-" Sie wurde von ihrem Gegenüber unterbrochen, der sie an sich drückte und ihr über den Kopf strich.

„Es ist alles gut, mein Engel... Mach dir keine Sorgen" flüsterte er einfühlsam.

Angela kamen die Tränen. Sie wollte nicht mehr dieses graue Leben führen. Sie wollte nicht mehr alleine sein. Sie wollte nicht mehr über all die Patienten nachdenken, die sie verloren hatte.

Sie wollte nicht mehr Angela sein.

Plötzlich realisierte sie, wie sehr sie jemanden wie Reinhardt vermisst hatte, und wollte nun auch nicht mehr weg von ihm. Sanft strich sie ihm über den Rücken und flüsterte seinen Namen. Reinhardt hatte ihr kleines Schatzkästchen zertrümmert, und sie fühlte, wie sie langsam wieder zu Mercy wurde. Wo war ihre Freude, ihre Lebenslust all die Jahre geblieben? Wo war ihre Liebe hin? Wo war die Mercy von damals  in ihr? Alles hatte in ihr gesteckt – und nur darauf gewartet von einer bestimmten Person wieder herausgeholt zu werden.

Jetzt wusste sie es:

Diese Person war Reinhardt.

Diese Person war einzig und allein Reinhardt.

Eine himmlische Begegnung - [Reinhardt x Mercy] [DE]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt