Kapitel 10

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01. Januar 2003

„Ich werde dich vermissen, Ginny", sagte Hermine und umarmte ihre Freundin, die mit gepackten Koffern vor dem großen Kamin in der Halle stand. Sie war die letzte der Weasleys, die sich verabschiedete.

Nun musste Hermine sich wieder alleine gegen ihren Mann behaupten. Was würde sie für ein Draco erwarten, wenn alle Gäste verschwunden waren? Würde er die aufgestauten Aggressionen der letzten Tage an ihr auslassen? Oder würde er sie meiden und in Ruhe lassen? Oder hatte er sich an seine Rolle als liebender Ehemann gewöhnt? Zumindest wenn sie gemeinsam in der Öffentlichkeit auftraten, konnte sich Hermine seiner geheuchelten Gefühle sicher sein.

„Ach Hermine, wenn ich könnte würde ich noch bleiben und dir Beistand leisten", erwiderte Ginny und schielte verstohlen zu Draco herüber, der gerade Hermines Eltern verabschiedete. Dies tat er auch auf ungewohnt freundliche Art und Weise. Leise flüsterte Ginny: „Allerdings glaub ich nicht, dass du noch viel Unterstützung benötigst."

Hermine kassierte einen viel sagenden Blick ihrer Freundin, die Draco und den Grangers zuwinkte und dann in den überdimensional großen Kamin stieg.

„Na, hoffentlich frisst der mich jetzt nicht auf!" grinste Ginny und griff in die Schale mit Flohpulver. Sie zwinkerte Hermine noch einmal zu und verschwand durchs Flohnetzwerk zurück nach Amerika.

Seufzend wandte sich Hermine zu Draco und ihren Eltern um. Gleich waren sie und Draco wieder alleine. Sie war alleine.

„Mum, Dad!"

Hermine standen Tränen in den Augen.

„Mein Schätzchen!" lächelte Carol Granger ihre Tochter an und schloss sie in die Arme. „Es waren wundervolle Tage hier bei euch. Ich bin so froh, dass es dir gut geht und dass du einen so tollen Mann gefunden hast."

„Von deinem Freund Ronald sind wir allerdings sehr enttäuscht", schaltete sich Patrick Granger ein und erntete von allen Anwesenden ein verdrängendes Aufstöhnen.

„Patrick hör auf damit!", schalt ihn seine Frau. „Wir wollen uns gerade hier verabschieden ohne negative Geschehnisse wieder hervor zu kramen!"

„Die Sache ist erledigt", bemerkte Draco schnippisch. „Wenn wir im März unsere kirchliche Trauung haben, wird er es hoffentlich kapiert haben."

Hermine schluckte unwillkürlich und wich Dracos Blick aus. Die Gesichter ihrer Eltern hellten sich prompt auf und Carol geriet ins Schwärmen: „Wir kommen rechtzeitig, um euch zu unterstützen. Und Liebling, schließlich müssen wir ja auch noch nach einem Brautkleid Ausschau halten!"

Carol quietschte vergnügt und klatschte in die Hände. Die Vorfreude hatte sie bereits gepackt. Hermine schmunzelte und umarmte ihre Mutter ein weiteres Mal.

„Das machen wir, Mom."

Im März würde sie Draco Malfoy ein weiteres Mal heiraten. Nicht klammheimlich sondern vor allerwelts Augen. Es würde eine riesengroße Feier werden. Eine richtige Hochzeit. Ihre Hochzeit.

Hermine war unschlüssig, was sie nun empfinden sollte. Dachte sie an die standesamtliche Trauung zurück, stellte sich automatisch ein Würgereflex ein. Dachte sie an die bevorstehende kirchliche Trauung, so empfand sie einerseits ein unbehagliches Gefühl, andererseits aber auch eine gewisse Vorfreude.

Sie versuchte schnell zu analysieren, wieso sie so empfand und kam zu dem Schluss, dass sie sich die letzten beiden Monate sehr an Draco gewöhnt hatte. Und durch die Anwesenheit der ganzen Gäste schließlich, hatte sie sich auch an seine direkte Nähe und das Zusammenleben mit ihm gewöhnt. Auch seine dominante Art und die kleinen Sticheleien ließen sich weitaus besser ertragen, als vorher. Es war gerade zu angenehm, die Zeit mit Draco Malfoy zu verbringen und es gab mehr als eine Situation, die ihr immer noch zu denken gaben. Ganz vorne dabei war der Kuss von heute Nacht. Alleine bei diesem Gedanken daran könnte Hermine dahin schmelzen. Hatte sie nicht die ganze Welt um sich herum vergessen? War dieses Kribbeln im Körper nicht eindeutig gewesen und hatte sie in seinen Augen nicht ebenfalls den Wunsch nach mehr lesen können?

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