Internat? Wohl eher nicht

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Bevor das neue Kapitel beginnt erst noch ein riesig gigantisches Dankeschön an meine Freundin @yellowsunburst für das tolle Cover <3

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...zwei Jahre zuvor...

"Das ist wirklich nicht nötig, dass ihr mich bis zu meinem Zimmer bringt. Ist ja nicht so als wären hier überall Wachen, die dafür sorgen, dass ich ganz sicher hier drin bleibe und keinerlei Freiheit mehr habe", meinte ich mit einem abwertenden Ton. 


"Wir sorgen uns um dich, Emilia. Wir wollen nur sichergehen, dass es dir hier gefällt. Dass du dich wohl fühlst", versuchte meine Mutter mich zu beschwichtigen.


"Bitte was?! Ihr wollt, dass ich mich wohl fühle?!" 


Ich sah mich um. Der Flur, den wir entlang gingen, war in einem blassen Gelb gestrichen, das mich an künstliches Vanilleeis erinnerte. Diese Farbe sollte wohl eine beruhigende Wirkung haben. Circa ein dutzend Türen in regelmäßigen Abständen waren die einzigen Unterbrechungen in dieser grässlichen Farbe. Nicht ein Fenster. Kein Bild. Nur dieses hässliche Gelb und die Türen. Die Türen selbst bestanden aus Metall und waren weiß lackiert. Jede Tür hatte oben ein kleines Fenster, wodurch man ins Zimmer dahinter schauen konnte.

Ja natürlich, dieser Ort war bestimmt dazu gedacht, dass ich mich hier wohlfühlte. Von wegen. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass es hier irgendwem gefiel.


"Natürlich wollen wir das. Wir wollen dir nur helfen. Das hier ist das richtige für dich." 


Ich schnaubte und wollte meinem Vater gar nicht weiter zuhören, doch die Wut in mir wurde zu groß. 


"Wollt ihr mich eigentlich alle verarschen? Ihr sprecht davon mir zu helfen, aber ihr sperrt mich ein. Ich bin doch nicht gestört! Was denkt ihr euch dabei eigentlich!? Ich bin eure Tochter. Vertraut ihr mir etwa nicht?"

Meine Mutter seufzte. Ich hasste es, wenn sie das tat. Dann wurde sie immer sehr theatralisch. Als sei sie irgendeine Filmdiva aus den 20ern, die gleich in Ohnmacht fällt, weil jemand was über ihr gelbes Sommerkleidchen gekippt hat. So ein hässliches Gelb wie das an den Wänden.


"Das ist der Punkt Emilia. Wir können dir nicht mehr trauen. Nicht, bis du wieder geheilt bist. Auch wenn du es jetzt vielleicht noch nicht siehst, das hier ist gut für dich. Wir haben uns gut informiert. Die Psychologen und Lehrer hier sind hervorragend. Und du wolltest doch immer mal wissen wie es in einem Internat ist, seit du diese Filme als Kind gesehen hast." 


"Und um acht müssen alle auf dem Zimmer sein und kommen nicht mehr raus, weil dann alle Türen verriegelt werden. Alles was ich immer wollte." Meine Stimme triefte nur so vor Sarkasmus.


Weder mein Vater noch meine Mutter sagten was dazu. Sie wussten, dass es ohnehin keinen Sinn hatte. Den restlichen Weg zu meinem Zimmer verbrachten wir schweigend. Als wir ankamen, stellte mein Vater den Koffer auf den Boden, umarmte mich kurz und ging dann wieder aus der Tür. 


Er war noch nie ein Mann vieler Worte gewesen. Dementsprechend fiel es mir bei ihm am schwersten in der Familie ihn einzuschätzen. Das machte es jedoch nur umso interessanter es wieder und wieder zu versuchen.


"Sei brav", flüsterte mir meine Mutter ins Ohr als sie mich umarmte. Auch wenn sie oder sonst jemand nicht sehen konnte, musste ich ein Augenrollen unterdrücken. Ich warf ihr ein Lächeln zu. 


"Vielleicht wird es ja gar nicht so schlimm", meinte ich enthusiastisch und bemerkte ihren traurigen Gesichtsausdruck. 

"Wenn ich dir nur glauben könnte", waren ihre letzten Worte bevor auch sie das Zimmer verließ.


Jetzt war ich allein. Amelie hatte nicht mitkommen wollen. Gut so. Sie war der Grund wieso ich hier jetzt überhaupt festsaß. Sie hatte unseren Eltern erzählt meine Lügen wären pathologisch und dass ich auch sonst psychisch gestört sei. Und keine Woche später stand ich auch schon in einem Raum, den ich niemals mein Zuhause nennen würde. 


Ich konnte nach wie vor nicht fassen, dass sie das getan hatte. Dabei dachte ich, ich hätte sie unter Kontrolle. Offenbar war das ein Fehler. Ein Fehler, den sie bitter bereuen würde. 


"Bald bin ich hier wieder raus", dachte ich mir, "Sie können mich nicht für immer hier gefangen halten. Ich bin gesund. Dann lüge ich eben ein bisschen mehr als andere, na und? Es gibt deutlich schlimmeres. Amelie soll für ihr eigenes Wohl hoffen, dass ich hier schnell wieder raus bin. Aber zuerst muss ich diesen bescheuerten Ärzten klarmachen, dass ich nicht geistesgestört bin. So schwer kann das nicht werden. Es soll nur niemand mitkriegen, dass ich hier bin. Dann bin ich bei meiner Rückkehr in der Nahrungskette noch weiter unten als ohnehin schon."


Ich fing an meine Sachen in den Schrank zu packen und als ich mit den Klamotten fertig war, legte ich meine Schulsachen auf dem Schreibtisch zurecht. 


"Nicht nur Anstalt, sondern auch noch Anstalt mit Unterricht. Kaum zu fassen, dass sie mich hier reingesteckt hatten. Wenigstens hat das Fenster keine Gitter." 

Ich seufzte und setzte mich auf das Bett. Irgendwie würde ich das ganze schon überstehen. Irgendwie musste ich das ganze überstehen. Denn wenn ich eines wusste, dann dass ich hier nicht vor mich hin siechen würde. Sollten sie doch versuchen mir in den Kopf zu schauen. Das würde ihnen nicht gelingen. 


"Ich zeige und sage was nötig ist. Ich werde die perfekte Vorzeigetochter. Die wissen nicht mit wem sie es zu tun haben."


Meine innere Stimme lachte.

--> überarbeitet


LügenkindWo Geschichten leben. Entdecke jetzt