Machtkampf, falsche Reue und ein schlechter Lügner

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Mit Aria, Sam, Manuel und Becca betrat ich den Kunstraum. Zu meinem Bedauern sah ich Sophia schon im Raum sitzen. Ich hatte gehofft, dass ich wenigstens zwei Stunden von ihr Pause bekam. Doch stattdessen schien es so als bestünde mein kompletter Freitag nicht mehr aus der Vorfreude auf das Wochenende, sondern darin Sophia zu ertragen ohne dass sie mir oder den anderen anmerkte wie unerwünscht sie eigentlich war.

Ich hatte ihnen von Sophia erzählt. Davon wie sie versucht hatte mir mein Leben zu ruinieren von dem Tag an, in dem sie in mein Leben getreten ist. Wie sie erst versucht hat meine beste Freundin gegen mich auszuspielen und als das nicht geklappt hat sich meine Schwester gekrallt hat. Ich habe ihnen erzählt, dass sie alles sagen würde, damit sie sich von mir abwenden.

„Das war ein kluger Schachzug", hatte mir meine innere Stimme zugeflüstert, „Schließlich weiß sie, in welchem Internat du warst. Untergrabe ihre Glaubwürdigkeit und schon hast du gewonnen. Aber wir beide wissen, dass es diesmal nicht ausreicht. Sie ist die beste Freundin von Amelie. Persönlich kannst du ihr nichts mehr antun, sonst bist du schnell wieder im Internat als du Psycho sagen kannst."

Wir setzten uns an den Tisch zu Sophia und ich lächelte ihr zu. „Wo hast du denn in der Pause gesteckt? Wir haben dich schon vermisst." „Ach ich war nur bei Frau Bauer, weil sie noch ein paar Papiere für mich und meine Eltern hatte. Aber ich hätte nicht gedacht, dass du mich vermisst." „Das ist doch selbstverständlich! Nur weil wir früher unsere Probleme hatten, heißt das nicht, dass es so weitergehen muss", lächelte ich falsch. Sie schnaubte verächtlich.

„Hör auf mit deinen Spielchen Emilia. Wir wissen doch beide, dass du mich hasst. Und ich weiß wie weit du gehen würdest um dein Spiel weiter zu spielen." „Das war doch nur ein kleiner Scherz unter Freunden, deswegen kannst du doch nicht ernsthaft noch wütend sein." „Du und Anabel wussten genau, dass ich an all das glaube. Und die anderen drei habt ihr auch dazubekommen bei eurem ekelhaften Plan mitzumachen." „Sophia es tut mir wirklich leid", meinte ich reuevoll. „Dass Ana und nicht du in der Psychiatrie gelandet ist", fügte ich in Gedanken hinzu.

Ich erkannte in ihrem Blick Zweifel. Und wie ich zufrieden feststellte bevor ich mich zur Tafel wandte, weil unsere Lehrerin eingetroffen war, war, dass es nicht Zweifel an meiner Entschuldigung oder angeblichen Einstellung ihr gegenüber waren. Es waren Zweifel an ihrem Bild von mir. Sie schien tatsächlich in Erwägung zu ziehen das Kriegsbeil zu begraben. Sollte sie nur, sie würde erst erkennen was auf sie zukam, wenn es zu spät war.

In den folgenden zwei Stunden hatten mich Aria, Becca, Manuel und Sam immer wieder fragend angekuckt. Auch ohne Gedanken lesen zu können wusste ich, was sie wissen wollten. Sie wollten wissen worüber Sophia gesprochen hatte. Ich deutete ihnen an, dass ich es ihnen wann anders erzählen würde und zu meinem Glück akzeptierten sie es nach einer Weile. Anscheinend hatten sie verstanden, dass es nicht die beste Idee war eine Geschichte über jemanden zu erzählen, wenn die Person, um die es sich handelte, mit dabei war.

Die Mittagspause verbrachte Sophia ebenfalls mit uns, weshalb ich erst in Mathe dazukam meinen Freunden von Halloween zu berichten. Zwar waren nicht alle da, aber ich wusste aus Erfahrung, dass sich solche Sachen in einem Freundeskreis schnell verbreiteten. Da bei uns kein Platz mehr war, hatte Sophia sich an einen der vorderen Tische setzen müssen. So konnte ich den anderen so leise wie möglich damit es sonst niemand mitbekam von dem Vorfall erzählen. Als ich fertig war sahen sie mich an und ich versuchte herauszufinden was sie dachten.

„Wow, das ist ja der Hammer! Ich bin tief beeindruckt Em", meldete sich Cece als erste zu Wort. Ich erwiderte ihr Lächeln als ein Räuspern von vorne kam. Wir wandten uns alle zu Herr Waldheim, der uns leicht genervt ansah.

„Wenn der hintere Tisch sich auch bemühen würde am Unterricht teilzunehmen, sonst werde ich Ihnen einige extra Aufgaben geben müssen, damit sie den versäumten Stoff aufholen können." Ich sah meinen Freunden und dem Rest der Klasse an, dass sie ihm das glaubten. Als Herr Waldheim mich aber direkt ansah, schüttelte ich kaum merklich den Kopf. Er schien zu verstehen und ich konnte den Anflug eines Lächelns auf seinem Gesicht sehen, bevor er sich wieder der Tafel zuwandte. Es war eindeutig Zeit für die nächste Lektion.


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