Kapitel 1 - Agni Kai

611 24 1
                                    


Langsam und beherrscht schritt ich durch die schattige Gasse.Ich sah schon mein Ziel, wie ein leuchtendes Portal, dass die umliegenden Meter der düsteren Nebenstraße erleuchtete. Es war in der Tat ein Tor zu einer anderen Welt. In eine Welt ohne Hunger und Not für die nächsten Tage. Wie als Beweis knurrte mein Magen protestierend. Ich legte meine Hand auf meinen Bauch in der Hoffnung, die Krämpfe lindern zu können.

 Nicht nur ich hatte die Nahrung mehr als nötig. Das Leuchten in den Augen meiner kleinen Schwester Lee war immer mehr in ein mattes, kaum sichtbares Glimmen von Lebenswillen übergegangen, mein Vater war bereits an einer Hand schwer verstümmelt von seiner schweren Arbeit als Sklave für eine reiche Familie, die sich sogar ein Leben im Krater des Vulkans, dem Herzen unserer Hauptstadt, leisten konnten und meine Mutter, mit grau gesträhntem Haar und gekrümmter Haltung nur noch ein Schatten ihres früheren Selbst, dass mit uns durch die breiten Hauptstraßen des Elendsviertels gestreift war um für uns kleine Schätze zu erfeilschen.

Bestimmt schloss ich meine Hand um das kleine Amulett aus goldenem Metall. Mit dem Daumen fuhr ich über die dünnen Gravur. Ganz klein war zu lesen "Alle Dunkelheit der Welt kann das Licht einer einzigen Kerze nicht auslöschen" umringt von weißen Lotosblüten.

 Auch eines der Stücke, die meiner Mutter mit hartem Blick in den dunklen Augen, stark gestikulierend und mit vielen Schimpfworten, die ins allgemeine Vokabular des Viertels gehörten, um sich werfend, ein Schmuckstück oder eine kleine Holzfigur aus Mahagoni auf das Lee oder ich ein Auge geworfen hatten, erhandelt hatte.

Den Anhänger ruhte noch immer fest in meiner Faust. Ich hatte das Ende der Gasse erreicht.

 Ich konnte nun den sonnenbeschienenen Innenhof von Li Jack betrachten. Er war der Anführer der Orchideendrachen, der Mafia die das Viertel in ihren Händen hielt. Er hatte schon allerlei Methoden gefunden um Geld zu gewinnen ohne Steuern dafür zahlen zu müssen. Sein neuster und bis jetzt bester Plan waren die Straßen-Agni-Kai.

 Ein Agni-Kai wird normalen unter Angehörigen des Militärs ausgetragen um ihren Meinungsverschiedenheit zu klären. Auch jetzt wurden sie wieder zu Tausenden ausgetragen, da den Soldaten der nächste wirkliche Kampf noch zu weit entfernt erscheint. Kämpfe im realen Krieg der Nationen. Die nicht mit Kollegen ausgetragen wurden, mit denen man sich seit Tagen ein Zelt teilten, sondern mit Kriegern, die auf Vergeltung und Tod aus waren.

Li Jack hatte seine Chance auf ein weiteres Millionengeschäft gewittert. Er musste inzwischen reich genug sein um direkt vor dem Palast zu hausen, wenn er nicht allgemein als Verbrecher gelten würde. Außerdem würde die Oberschicht kaum auf Kämpfer wetten, die sich in einem Straßen-Agni-Kai gegenseitig ausschalten müssten. 

Ich versuchte mich zu besinnen. Auf meine Kampffähigkeiten, der Gewinn früherer Agni-Kai, die mir Geld eingebracht haben und die Techniken meines Gegners. Huang der Zerstörer. Die Namen dieser brutalen Kämpfer waren wirklich lächerlich, obwohl sie meist auf ihre Träger passten. Ich selbst hatte mich Tui genannt. Tui, der Mond, welcher bei meiner Geburt groß und voll am Abendhimmel schwebte. 

Ich versuchte mit aller Kraft das Gejohle der Menge auszublenden, es gelang nicht. Der Verlierer des vor mir stattgefundenen Kampfes wurde soeben mit einer Trage vor die Tür verfrachtet und sich selbst überlassen. Das wusste ich nur aus dem Grund weil ich selbst schon oft vor Li Jacks Tür gelegen war und mich im Staub vor Schmerzen gekrümmt hatte. 

"Nun darf ich euch zwei Gegner präsentieren, die euch Spannung und Handlung garantieren können!" Li Jacks Stellvertreter, der grundsätzlich "Ein-Auge" genannte wurde, hatte seine Stimme erhoben. Er thronte auf einem kleinem Holz-Podest und kündigte die Matches an. "Huang der Zerstörer, unserer Favorit für diese Saison" Huang starrte mich grimmig aus seinem dusterem Tunnel an, marschierte jetzt ans Tageslicht und sonnte sich in der Woge von Applaus, die seine Fans für ihn bereit hielten.

Jing's Reise - Buch Eins: LuftWo Geschichten leben. Entdecke jetzt