Kapitel 14 - Der Krieg

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Kaguya war ein wahrlicher Meister des Feuerbändigens. Er hatte bei jeder Skizze Hinweise für mich hinterlassen. Ich war glücklich. Ich schien Fortschritte gemacht zu haben ohne eine einzige Flamme zu bändigen. Wenn Kazuko bald käme, wäre alles perfekt. Viele der Figuren waren echte Herausforderungen, obwohl ich angenommen hatte, dass ich nicht übel im Feuerbändigen wäre. In einer Verschnaufpause sah ich Rou auf Ikku durch die Luft jagen. Sie schien mich nicht zu sehen oder einfach Keades Anweisungen zu befolgen. Ich hatte den ganzen Tag noch nichts gegessen oder getrunken, aber es machte mir nichts aus. Das Gefühl etwas zu erreichen, war viel erfüllender. Seit ich die Luft bändigte, schien mir auch mein altes Element leichter. Ich sprang höher und kraftvoller, meine Atmung war energiereicher geworden und meine kosmische Kraft strömte klarer durch mich seit ich meditierte. 

Dann kam mir eine Idee. Ich musste meine spirituelle Seite erforschen. Ich wollte einen Versuch wagen mit Nyoko zu sprechen. Er hatte selbst gesagt, dass er ein Teil von mir war und mich damit immer begleitete. Ich musste erfahren, ob ich nur wegen der starken spirituellen Energie bei Nyokos Tempel mit ihm sprechen konnte. Ich musste den Avatarzustand erforschen. Ich begab mich in den Lotossitz und atmete tief ein und aus. Mein Geist schien größer zu werden als mein Körper, sich über Berge und Schluchten erstrecken, in der klaren Luft schweben. Jeder Teil meines Körpers wurde empfindlicher. Der Wind zog über mich hinweg, die Erde schien stärker unter mir, die Energie, die mich umgab, schien fast greifbar. Gleichzeitig hatte ich fast jegliches Gefühl meines Körpers verloren zu haben. In meiner Brust schien Energie wie ein Hurricane umherzuwirbeln, der mich immer weiter einnahm. Doch nicht nur mich. Ich wagte es nicht meine entspannt geschlossenen Augen zu öffnen, aber ich fühlte die Regungen der Luft um mir. Ein Wirbelsturm wickelte sich um mich. Rege flatterten meine Haare. Mein Körper erhob sich, die starke Erde unter mir schwand. Meine Energie schien synchron mit dem Herz der ganzen Welt zu pochen. Ich war mir nicht einmal mehr sicher ob ich überhaupt einen wirklichen Körper besaß. Da schob sich etwas aus mir heraus in den Vordergrund meines Geistes. Es war keine Bild, nur wenige Worte. "Jing, deine Reise ist noch nicht weit genug voran geschritten um diese Fähigkeiten zum Einsatz zu bringen. Ich habe sie mit der vereinten Kraft unserer Leben hervorgerufen. Aber vergiss nie, dass du sie hat" schallte Nyokos Stimme. 

Schlagartig verließ mich die Energie, der Wind ebbte ab. Ich stürzte zurück auf den Erdboden. Schmerzhaft prallte ich mit dem Rücken auf. Ächzend setzte ich mich auf und rieb mir die pochende Wirbelsäule. Das Positive war jedoch, dass ich wusste was Nyoko meinte.  Es war eine furchtbar anstrengende Angewohnheit weiser Menschen immer um das Eigentliche herum zu reden. Aber mir wurde nun klar, dass ich das nicht hätte tun sollen. Meine Avatarenergie so auszukosten, so wenig zu schätzen. Aus reiner Neugier hatte ich sie zu weit getrieben. Ich musste meinen Weg weiter wandeln um sie verstehen zu können. Ich musste mich nun erst einmal um meine Ausbildung kümmern. Ich wusste, dass meine Reise mich noch weit fort bringen würde und so hatte ich vertrauen darin, dass ich den Schlüssel zu meinem Wesen als Avatar noch finden würde.

Leise klopfte ich an Keades Tür. Mir war klar, dass ich für heute wirklich genügend trainiert hatte. Gedämpft forderte sie mich auf einzutreten. Die Metall beschlagene Holztür öffnete sich knarzend. Keade saß friedlich an einem flachen Tisch. Eine dampfende Kanne Tee stand darauf. Warm strömte mir der Duft von Kräutern in die Nase. Aus einem Becher trank meine Mentorin ihren Tee. Ich setzte mich auf ein besticktes Kissen, die um den Tisch herum auf dem steinernen Boden lagen. "Möchtest du auch einen Tee?" fragte Keade. Ich nickte und sie goß etwas in einen bemalten Becher. Dankend nahm ich das warme Getränk an. Die ersten Schlucke waren unglaublich wohltuend nach diesem Tag ohne Nahrung oder Wasser. Es war bereits Nachmittag und goldene Strahlen tauchten den Raum in ein warm glänzendes Licht. Ein flaches Bett stand in einer Ecke des Raumes. Das Fenster wies zu den Bisonställen, in denen sich lebhaft einige Tiere tummelten. Hinter der Tür stand ein hohes Regal, dass ausladend mit Büchern und Schriften gefüllt war.  

Jing's Reise - Buch Eins: LuftWo Geschichten leben. Entdecke jetzt