09| Papierherze

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k a p i t e l n e u n
[ p a p i e r h e r z e]

"Er ist seit gestern schon schlecht gelaunt", flüsterte Jamila besorgt. "Ich weiß, es ist eine Sache zwischen euch, aber ist etwas passiert? Du musst mir nicht antworten, wenn du nicht möchtest."

Sie saßen auf eines der Bänke in der lichtdurchfluteten Terrasse, wo dampfend heiße Becher mit Jasmintee auf ihnen warteten, die Haushälterinnen bereitgelegt hatten. "Nein, es ist in Ordnung nachzufragen, immerhin reden wir über Ihren Sohn."

"Asya, rede nicht so höflich mit mir", meinte Jamila beleidigt. "Du bist in wenigen Tagen offiziell meine Schwiegertochter, ich möchte nicht, dass du dich so formell mit mir unterhälst. Wir sind bald eine Familie."

Asya nickte zögernd, und rangte sich ein Lächeln ab. "Ja", wisperte sie, und führte die dampfende Tasse zu ihren Lippen. "Es ist nur etwas ungewohnt, dort wo ich herkomme, da durfte man die Schwiegermutter nicht beim Vornamen nennen-", Asya brach ab, als sie Jamilas neugierigen Blick sah.

Was genau hat ihr Davut erzählt? Woher kommte sie denn her, wenn sie seine Lügen berücksichtigte?

Als sie schon dachte, dass sie nach ihrer Herkunft fragen würde, tat sie etwas, das viel schlimmer war. "Wo sind deine Eltern, Asya?", fragte sie leise. "Ich möchte sie so gerne kennenlernen."

"Ich-", stotterte sie nervös. "Sie sind-"

"Sie sind bedauerlicherweise gestorben", sagte eine Stimme hinter ihnen, und beide fuhren erschrocken zusammen.

"Belauschst du uns?", fragte Jamila vergnügt, als Davut ihre Handrücken küsste. Sie sah Asya entschuldigend an, so als ob sie sagen wollte, dass es ihr leidtäte. Ist schon in Ordnung, formte sie mit ihren Lippen und schenkte ihr ein kleines Lächeln.

"Nein", sagte er. "Ich wollte nur kurz meine wundervolle Braut entführen. Darf ich?"

"Gute Laune?", zwitscherte Jamila und sah mit funkelnden Augen beide abwechselnd ab.

"Und wie", sagte er. Davut reichte Asya seine Hand und sah sie mit einer stummen Drohung in seinen Augen an.

Komm mit, mach keinen Aufruhr, sagten seine Augen.

Du kannst mich mal, antworteten ihre Augen.

Asya, warnte er sie in ihren Gedanken.

"Alles in Ordnung?", gluckste Jamila.

"Ja", sagte Asya und strich ihr Kleid straff, bevor sie seine Hand nahm und aufstand. "Alles bestens."

"Wir gehen dann mal", sagte Davut über seine Schulter.

"Was war das?", fragte Asya ihn, sobald Jamila außer Reichweite war. "Was hast du ihr erzählt?"

"Was meinst du?"

"Warte." Asya blieb stehen.

"Ich hab keine Zeit für das-"

"Nein, warte", zürnte sie eindringlich. "Bleib stehen."

Seine Bewegungen froren. Er sah sie an, als wüsste er nicht genau, ob er ihr am liebsten zuhören oder den Kopf verdrehen würde.

"Das geht so nicht mehr weiter", sagte sie. "Ich verstehe, dass ich nicht zurück kann, ich werde aufhören dich darum zu beten. Aber ich will wenigstens wissen, was ich in ihren Augen bin. Ich möchte wissen, Davut-", sie befeuchtete sich ihre Lippen. "- ich möchte wissen, was für eine Person ich für den Rest meines Lebens sein muss."

Davut antwortete nicht, er mied auch ihren Blick und vergrub seine Hände in seine Hosentaschen. Asya blinzelte ihre aufkommenden Tränen weg, versuchte ihren emotionalen Gefühlsausbruch etwas hinauszuzögern - nur so lange, bis er endlich wieder weg war.

"Du hast mir zu wissen gegeben, dass du nicht viel von mir haltest. In deinen Augen bin ich eine Lügnerin, eine Heuchlerin und Hochstablerin. Also sag mir einfach welche Lüge ich diesmal auftischen muss", hauchte sie.

"Die einzige Lüge hier, Asya", flüsterte er und strich ihr eine Strähne hinter ihr Ohr. "Bist du."

Dann ließ er sie mitten im Flur stehen, und sie wartete. Wartete, dass er zurückkommen würde und ihr sagte, sie würde mehr wert sein als das. Wartete darauf, dass er sich entschuldigt, aber Davut war weg.

Und ihre Würde hatte er mitgenommen.

. . .

"Ich habe keine Lust zu essen, Samira", sagte Asya leise. Sie pirschte sich an ihr Bett und zog die Decke über ihren Kopf. "Ich will alleine sein, und schlafen."

"Asya, du musst-"

"Bitte, geh."

Gleich nachdem sie verschwunden war, fühlte sie sich schlecht. Seit wann besaß sie das Recht, andere so zu behandeln? Sie, die ganz genau wusste, wie sehr es weh tat, wenn man sich um Leuten sorgte, die einem in die Füße traten.

Asya riss die decke von ihrem Körper und rannte hinaus. "Warte, Samira", rief sie. Ihr Unterlippe zitterte und Tränen benetzten ihre Augen.

"Asya?", fragte Samira besorgt und drehte sich zu ihr um.

"Es tut mir leid", flüsterte sie.

Sie hatte das Gefühl, dass sie zerbersten könnte, von all den Gefühlen die ihren Körper durchschütteten. Sie hatte das unbegründliche Gefühl zu ertrinken; dass die ungesagten Worte sie im Wasser ihres Leidens an den Grund trieben. Sie spürte, wie sie verzweifelt versuchte sich im Gewässer mit ihren Lügen vorwärtszustrampeln - hoch zu der Oberfläche.

"Asya", hörte sie Samira sagen, die sie in die Arme nahm. Schützend und tröstlich. Sie gab ihr so viel Wärme, wie sie es nie in ihrem Leben zusammen gefühlt hatte. So viel Zuneigung, so viel Mitgefühl. "Ist alles in Ordnung?"

"Nein", hauchte sie gegen die Einbuchtung ihres Nackens, während Samira beruhigende Kreise auf ihren Rücken zog. "Nichts ist in Ordnung."

"Du musst was essen, Asya", sagte Samira nur.

"Ich weiß", nuschelte sie und taumelte nach hinten. "Ich-"

Weiter kam sie nicht, denn alles vor ihr zerfloss zu einer Mischung aus dunklen Farben.

"Ich halte es nicht aus-"

Asya brach zusammen und spürte noch den stechenden Schmerz an ihrem Kopf, als sie auf der Treppe aufschlug. Sie hörte noch den leisen Klang von Samira's Schreie aus der Ferne, bis ein monotones Summen sie einlullte und alles was sie sah - pechdunkles Schwarz war.

. . .

Bitte macht mich auf Rechtschreibfehler aufmerksam und vergesst nicht zu kommentieren. #cheers #see ya'll next time

Es kann sein, dass ich in den nächsten Wochen nicht updaten werde, weil ich an einem Buch mit meiner Freundin arbeite, das ich vorhabe zu veröffentlichen. Und es ist eine ziemlich aufwendige Arbeit, wie ihr euch schon vorstellen könnt. Hinzu kommt meine Prüfung am Herbst - die in weniger als zwei Wochen ist. Nehmt es mir also nicht übel, wenn ich nicht updaten kann.

Dieses Kapitel ist echt kurz, I know. 

I know.


DavutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt