#3 R&K

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"Nicht alles ist so wie es scheint. Selbst der leiseste Fluss besitzt die stärkste Strömung."

Platsch. Platsch. Platsch. Ich schlage meine Augen auf, als ein Tropfen auf meine Nase trifft. Lustlos erhebe ich mich und hole die Planen aus der Kiste. Gähnend befestige ich sie an den Rändern der Fenster. Anschließend rutsche ich etwas weiter weg vom Fenster und gehe wieder schlafen.

Als ich erneut aufwache ist es schon wieder hell und der Regen verschwunden. Bloß die nassen Planen beweisen sein nächtliches Erscheinen. Zombie kommt gerade herein.
"Guten Morgen."
"Morgen.", murmle ich.
"Nein. Du bist kein Morgenmensch.", sagt er lachend.
"Das solltest du schon wissen."
Er nickt grinsend.
"Komm! Wir müssen zu Rita!"
"Ich dachte die Party steigt erst am Abend.", gebe ich augenrubbelnd von mir.
"Besser zu früh, als zu spät."
Er hält mir eine Hand hin.

Als ich keine Anstalten mache sie zu ergreifen sagt er:
"Komm schon Kumpel! Du alter Teufelskerl! Na los Kollege,Schlag ein, alter!Ach jetzt komm schon Homeie! Du alter Frumpl! Mein Freund und Kumpel."
Ich schüttle lächelnd den Kopf.
"Hey! Mein Arm schläft langsam ein...kommst du endlich?"
Schließlich ergreife ich seine Hand doch und er zieht mich hoch.
"Geht doch."
Ich verdrehe die Augen.
"Das hab ich gesehen!"
Gut so. Ich grinse in mich hinein und gehe in Richtung Ausgang. Kurz bevor ich am Ende der Treppe ankomme sage ich über die Schulter:
"Kommst du?"
Jetzt höre ich Schritte hinter mir. Kurz darauf das vertraute knarzen der Stufen.
"Willst du dich nicht umziehen?",stellt er die Gegenfrage.
Ich blicke an mir hinunter und sehe: Einen zu großen Pulli, eine löchrige Jeans und dreckige Converse.
Ich schaue ihm wieder in die Augen und schüttle den Kopf. "Was soll ich sonst anziehen?", frage ich verwirrt.
"Wir gehen auf eine Party, Schätzchen!"
"Weiter?"
"Da machen sich die Mädls immer schick. Was man jetzt von dir nicht behaupten kann."
"Sagte der Kerl in Jogginghose und Hausschuhen.", schieße ich zurück.

"Ah! Die wollte ich noch umziehen!"
Er rennt die Treppen hoch und kommt ein paar Sekunden später mit lässigen Sportschuhen zurück.
"Nicht gerade viel besser, aber annehmbar.",scherze ich.
"Los,geh!"
Zombie packt mich an den Schultern und schiebt mich aus dem Haus.

Den ganzen Weg über machen wir uns noch über die Outfits des anderen lustig.
Als wir bei der nächsten Ecke abbiegen sehe ich schon das große Aushängeschild mit der Aufschricht: R&K.
Das steht für Rita und Karl.
Zombie öffnet die Tür und wir gehen hinein.
"Zombie, wie schön dich zu sehen! Aber was macht ihr schon hier?", sagt die kleine,rothaarige Frau, die auf den Namen Rita hört und umarmt ihn.
"Hallo, Kleines", sie umarmt mich auch.
"Hey, Rita."
"Wir dachten, dass wir euch ein bisschen helfen könnten. Also bei den Vorbereitungen.", kommt es aus Zombie's Mund.

"Natürlich, glaube ich dir das jetzt."
Ich lache leise. Zombie setzt sein typisches Grinsen auf und tritt an Rita vorbei um zu Karl zu gehen. Dieser sitzt höchstwahrscheinlich wieder draußen im Garten mit einem Bier in der Hand. Mich würde es nicht wundern, wenn er stirbt und die Ärzte statt Blut, Bier in seinen Adern finden würden.

Rita lächelt mich sanft an, bevor sie in der Küche verschwindet. Ich folge ihr.
"Kann ich dir helfen?"
"Oh, mir ist nicht mehr zu helfen.", kichert sie.
Ich verdrehe die Augen und nehme ihr die Salatschüssel ab.
"In den Garten?"
Sie sieht mich dankend an und nickt.

Schnell drehe ich mich um und gehe in den Garten. Wie erwartet sitzen die beiden auf Klappstühlen und trinken genüsslich ihr Bier.
"Hallo.", begrüße ich meinen Chef. Karl ist wie ein Onkel für mich. Gleichzeitig ist er auch mein Arbeitgeber. Besser gesagt helfe ich ihm in seinem Laden und eben hier im Restaurant. Im Gegenzug bekomme ich ein bisschen Bares.
"Grüß Gott. Wir geht es deinem neuen Schmuckstück?"
"Super."
"Hast du es dem Vollpfosten da drüben schon gezeigt?" Karl macht eine Kopfbewegung zu Zombie.
"Nein, aber heute Abend.", sage ich lachend und stelle die Schüssel auf den erstbesten Tisch. Der Garten ist eher ein Biergarten. Holztische und dazugehörige Bänke stehen in ihm. Weiter hinten steht eine Art Spielplatz für Kinder. Ich gehe zurück in die Küche.

"Gibst du mir bitte das Salz?"
"Sicher."
Ich mache den Schrank auf, wo das Salt normalerweise zu finden ist. Normalerweise.
"Wo ist es?"
"Ich glaube es ist noch in dem Einkaufskorb. Er steht drüben in der Halle."
Ich laufe raus und entdecke den Korb sofort. Doch als ich hinein schaue, finde ich kein Salz. Nein, ich finde ein Geschenk. Ich nehme es vorsichtig heraus und trage es in die Küche.
"Machs auf.", flüstert Rita.
"Was?...Wieso?"
"Tu's einfach, ja?"
Behutsam ziehe ich an der Masche und löse sie hiermit. Dann reiße ich das Papier ein und ein schwarzer Karton kommt zum Vorschein.
"Was ist das?"
Rita fuchtelt mit den Händen herum.
"Is ja gut."
Langsam hebe ich den Deckel an, bis ich es sehe.

Es ist ein Kleid. Ein wunderschönes, dunkelblaues Kleid.
Mit großen Augen schaue ich zu Rita. Sie hat ihre Hände zusammengefaltet und über ihre Lippen gelegt. So als würde sie beten. Beten um nicht gleich in Tränen auszubrechen.
Sie kommt zu mir gelaufen und umarmt mich fest.
"Alles Gute, mein Schatz!"
Ich erwidere ihre Umarmung.
"Aber...Ich habe doch noch gar nicht Geburtstag."
Wenn ich mich nicht irre, wäre der erst in zwei Wochen. Außerdem wäre es sehr traurig, wenn ich meinen eigenen Geburtstag vergessen würde.
"Ja, das ist mir schon klar. Aber ich dachte, du würdest es jetzt besser gebrauchen."meint sie lachend.

"Gefällt es dir?"
"Es....Es ist unglaublich schön! Danke!"
Jetzt falle ich ihr um den Hals.
"Warte...bitte halte das kurz."
Ich drücke ihr das Kleid in die Hand und sprinte raus in den Garten, um auch Karl um den Hals zu fallen.
"Danke, danke, danke, daaaaanke!"
"Bedank dich lieber bei ihr."
Ich schaue auf und sehe sie.
Nein. Das kann nicht sein. Sie ist doch in Paris. Niemals. Das muss ein Traum sein.
Ungläubig starre ich sie an. Dann wandert mein Blick hinter sie. Zu Zombie.
"Das ist mein Geschenk"

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