#9 Die Lieferung

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Schöne Worte sind nicht immer wahr.
Wahre Worte sind nicht immer schön.

"Würdest du jetzt bitte aufstehen!"
Zum gefühlt vierhundertundsechsundsiebtzigsten Mal versuche ich Zombie aus seinem Bett zu bringen. Es ist erschreckend wie stur manche Leute sind!
Zombie gibt nur ein Murren von sich. Augenverdrehend wende ich mich T zu. Er sitzt auf meiner Matratze und putzt sich. Danke, jetzt hab ich die ganzen Haare im Bett.
Was für ein wunderschöner Morgen!
"Ich gehe jetzt zu Karl."
Während ich das sage gehe ich schon die Treppe runter.
"Und du bewegst dich besser aus dem Bett sonst verpasst du deinen Zug!", rufe ich über die Schulter, nehme meine Tasche und verlasse das Haus. Die kühle Herbstluft umhüllt mich augenblicklich. Der Wind streicht mir sanft meine Haare nach hinten. Ich atme tief ein, dann führe ich meinen Weg fort. Die Häuser sind alle so langweilig und eintönig, aber sie doch so wunderschön. In jedem gibt es fließendes Wasser, einen echten Kühlschrank, echte Betten!
Ich gehe an Gärten vorbei, die so schön sind, wie die der Queen. Nagut, vielleicht nicht so schön, aber trotzdem sehr schön. In einem steht ein pinker Flamingo, im anderen eine Gartenzwerg-Sammlung. Manchmal steht auch ein kleiner Spielplatz darin.
Wie schön wäre es, genau so ein Haus zu haben? Freunde einzuladen, Pyjamaparty's zu feiern oder einfach nur im Garten zu liegen und sich die Sonne auf den Bauch scheinen zu lassen.

Ja, es wäre schön. Aber das ist nicht mein Leben. Mein Leben ist anders. Geboren von einer Frau, die ich nicht kenne. Von einer Frau, die mich einfach in einem Park gelassen hat. Was wäre passiert, wenn Zombie mich nicht gefunden hätte? Welche halbwegs normale Frau lässt ihr zweijähriges Kind in einem Park und kommt nie wieder zurück?!

Ich biege um die Ecke und öffne die Tür zu R&K.
"Guten Morgen, Karl!", rufe ich durch den Laden.
Das Gebäude ist nämlich in drei Teile geteilt. In das Gasthaus, die Wohnung und den Laden. Das Gasthaus nimmt den meisten Platz ein. Logisch eigentlich.

Karl verkauft hier praktisch alles, bis auf Klamotten. Man kann hier alles Mögliche an Lebensmitteln, Geräte, Technik und sonst was kaufen. Es ist wie ein großes Sammelsurium an neuen und alten Sachen. Die Tür fällt hinter mir ins Schloss.

Keine Sekunde später kommt Karl aus dem Nebenzimmer hinten.
"Guten Morgen."
"Was gibt's zutun?"
Ich stelle mich ganz gerade hin und verschränke meine Hände hinter den Rücken.
Karl lacht und sein Schnauzer beginnt zu vibrieren. Es ist immer wieder lustig dies zu beobachten.

"Du kannst den Müll raus bringen und danach die Süßigkeiten nachfüllen."
Ich nicke und mache mich an die Arbeit. Das mache ich meistens in der Früh. Ich fülle nach, räume den Müll weg, schlichte um oder stehe an der Kassa. Erst so gegen Mittag kommen Bestellungen rein.

Bis vor einem Jahr lief der Laden eher mittelmäßig. Karl hatte sogar überlegt ihn zu verkaufen, doch dann hatten Karisma und ich die Idee mit dem "Lieferservice". Diese Idee schlug ein wie eine Bombe. Alle im Umfällt von einem Kilometer bestellen fast wöchentlich. Mache sogar täglich.

Ich nehme also den Müllsack und trage ihn hinaus auf die Straße. Die Müllabfuhr kommt jeden Tag vorbei.
Danach gehe ich ins Lager um die Süßigkeiten zu holen. Nicht lange und ich habe alles nachgefüllt, bis auch die Sachen ganz oben. In einer Hand halte ich dem Karton, mit der anderen halte ich mich an der Leiter fest. Oben angekommen beginne ich einhändig einzuräumen.
Plötzlich läutet das Telefon. Verdammt. So schnell komme ich hier sicher nicht runter.
"Karl!" Toll. Er hört mich nicht.
Ich rufe lauter.
Ein gedämpftes Ja dringt zu mir.
"Telefon!", schreie ich so laut wie seinen Namen zuvor.
Da kommt er auch schon angelaufen. Eine Sekunde später und er hätte den Anrufer verpasst. Wir brauchen dringend noch einen Mitarbeiter, aber das will er ja nicht einsehen.
Nach einem kurzen Gespräch legt er auf.

Let me Love you Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt