#25 Miss?

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"Wenn das Vertrauen gebrochen ist, bedeuten Entscheidungen gar nichts mehr"

"Ich bin wieder daaa!", rufe ich durch das Haus.
Zombie kommt mir entgegen getrampelt und zieht seine Kapuze über seinen Kopf.
"Wo gehst du hin?"
"Ich muss was erledigen. Bin bald wieder da."
Er schiebt mich auf die Seite um die Tür zu öffnen.
"Ist es jetzt modern einfach zu verschwinden, wenn ich komme?", sage ich genervt.
"Es tut mir leid, okay? Ich bin gleich wieder da! Versprochen."
Er zwinkert mir zu und kurz darauf fällt die Tür ins Schloss. Aufgebracht lehne ich mich gegen sie. Wieso sind heute alle so komisch drauf? Zuerst Kari, dann Lewin und jetzt Zombie. Gut, bei Kari kann ich es verstehen. Sie muss für die Schule arbeiten. Aber die anderen beiden?
Treffen sie sich etwa? Nein. Das kann nicht sein. Oder doch?

Ruckartig reiße ich die Tür auf und stürme hinaus. Da unser Haus in einer Sackgasse steht, ist es einfach zu erraten in welche Richtung er gegangen ist. Also laufe ich nach Rechts.
Bei der Kreuzung sehe ich Zombie gerade um die Ecke biegen.
Schnell laufe ich dort hin. Vorsichtig spähe ich um die Ecke, bevor ich ihm folge.

Zombie's Ziel ist die alte Lagerhalle. Als ich näher ran komme, sehe ich ein paar Männer davor stehen. Trifft er sich etwa mit ihnen?
Ich wechsle die Straßenseite und halte mich gebückt. Zombie hat einen braunen Umschlag in der Hand. Was ist da drinnen? Drogen? Geld? Papiere?
Ich denke wahrscheinlich wieder viel zu dramatisch.

Zombie ist schon fast angekommen. Ich gehe etwas schneller, ich will ja schließlich sehen, was er dort macht.
Doch als ich den Typen in der Mitte erkenne, bleibe ich abrupt stehen. Das kann nicht wahr sein. Das kann einfach nicht wahr sein!

Zombie hält Lewin den Umschlag hin. Er nimmt ihn und gibt ihn an Enzo weiter.
Zombie dreht sich um und will vermutlich gehen, als Lewin ihn am Arm packt. Er sagt irgendetwas, Zombie reißt sich los und setzt seinen Weg fort.

"Hey!", ruft mein Freund ihm nach.
Plötzlich zieht er eine Pistole aus seiner hinteren Hosentasche und richtet sie auf Zombie. Mein Herz beginnt schneller zu schlagen und meine Atmung tut es ihm nach. Mein bester Freund und auch irgendwie Bruder schreit meinen festen Freund an. Sie gehen auf einander los. Wie gelehnt schaue ich zu. Unfähig irgendetwas zu tun.

Ein Schuss. Ich zucke zusammen, als Zombies Schmerzensschrei  in meinen Ohren widerhallt. Es ist wie ein Aufruf sich endlich zu bewegen.
Ich schreie seinen Namen und sprinte zu ihm. Sofort lasse ich mich auf den Boden fallen und versuche seine Blutung zu stillen. Zombie's dunkelroter Lebenssaft klebt an meinen Händen. Ich fange an zu zittern und kann meine Tränen einfach nicht zurückhalten.

"Ari,komm her.",bittet mein Freund mich. Ich hole tief Luft, bevor ich meinen Kopf zu ihm drehe und los schreie:
"Halt deine verdammte Fresse! Du hast auf Zombie geschossen und das auch noch ohne irgendeinen Grund! Wie kannst du nur?!"
Ich stehe rasch auf und gehe auf ihn zu.
"Wieso hast du das getan?"
Er sieht mich an. Sein Blick ist eiskalt.
"Wieso?!", schreie ich erneut.
Er gibt keine Antwort. Diese Tatsache bringt mich dazu noch mehr zu weinen.

"Ich kann es nicht glauben!",schrie ich weiter und fuchtle mit den Armen in der Luft herum.

"Glaubst du ich schieße ihn ohne Grund an? Ich habe da so meine Probleme mit diesem Bastard und da habe ich einmal die Kontrolle verloren.",brüllt er mich an. Aaaah! Der Herr kann doch reden!

"Lewin,der Krankenwagen ist gleich da. Wir sollten Zombie zur Hauptstarße tragen. Und du, Arizona,beruhig dich. Es wird alles wieder gut. ", versucht Enzo uns zu beschwichtigen.
Ich atme einmal tief ein und aus, doch es hilft nichts. Alles in mir bricht gerade zusammen.

Enzo und Lewin gehen auf Zombie zu. Dieser liegt mit schmerzverzerrtem Gesicht auf dem Boden und drückt auf seine Wunde. Mein Freund greift nach seinem Arm, doch ich schupse ihn weg.
"Fass ihn nicht an!", zische ich und packe seinen Arm.
Enzo und ich tragen meinen Bruder zur Hauptstraße. Kaum sind wir dort angekommen, biegt auch schon die Rettung um die Ecke.

Zwei Sanitäter kommen hinaus und legen Zombie auf eine Trage.
"Was ist passiert?", fragt einer der beiden.
"Er wurde angeschossen. Es war ein Unfall.", meint Enzo.
"Wir klären das im Krankenhaus. Bitte geben Sie mir ihre Telefonnummer und schreiben sie Ihren Namen dazu."
Enzo tut es.
"Danke!"
"Halt! Kann ich mitfahren?", sage ich schnell.
Der Sanitäter nickt und ich
steige ein.
"Wir fahren euch nach,bis gleich.",meint Enzo und schon wird die Tür zugeknallt.

*Im Krankenhaus*

Zombie wird gerade operiert.
Die Kugel könnte wichtige Organe oder Blutgefäße getroffen haben, haben die Ärzte gesagt. Was ist, wenn er stirbt? Ich schüttle meinen Kopf. Das darf einfach nicht passieren. Ich laufe zwischen dem Kaffeeautomaten und Lewin hin und her.

Immer wieder schweift mein Blick zu ihm hin. Ich kann es einfach nicht glauben. Lewin, der Junge den ich über alles liebe, schießt meinen "Bruder" an. Mein Herz zieht sich zusammen. Als ich Blut schmecke, bemerke ich erst, dass ich zu fest auf meine Lippen gebissen habe.

*2 Stunden später*

Zwischen uns herrscht eine angespannte Stille. Keiner redet ein Wort. Ich sitze da, das Gesicht in meine Hände gelegt. Mit meinen Kräften am Ende. Die Tränen scheinen mir langsam auszugehen und ich zittere auch nicht mehr.
Lewin hat vorhin versucht mich zu umarmen, oder trösten, aber ich habe ihn weggeschickt. Er ist die letzte Person von der ich mich jetzt trösten lassen möchte. Außerdem will ich auch nicht getröstet werden. Ich brauche das nicht. Habe ich auch noch nie.

"Ari,es tut mir leid. Ich wollte das nicht...", seine Stimme durchschneidet die Stille.
"Sei Still. Ich will nichts, und zwar gar nichts, von dir hören!"
Ich hebe meinen Kopf und schaue ihn an. Ich will seine Entschuldigungen nicht mehr hören, will ihn nicht mehr sehen. Ich habe genug von seiner Anwesenheit!  Niemals werde ich ihm das verzeihen können. Er hat vielleicht Zombie getötet!

Ich lehne mich nach vorne und fixiere ihn mit meinem Blick.
"Ich will dich auch nicht mehr sehen, also verpiss dich und nimm Enzo auch gleich mit." Ich wende mich Enzo zu. "Nichts gegen dich,aber du solltest auch gehen."

Er steht langsam auf, wendet den Blick aber nicht von mir ab. Ich hingegen senke den Blick und betrachte den Tisch vor mir. Als er um die Ecke geht, fasse ich den Entschluss. Ich stehe auf und folge ihnen.
Mitten im Gang bleibe ich stehen.

"Achja...Lewin!"
Ohne sich umzudrehen bleibt er stehen.
"Lass dich am besten gar nicht mehr blicken."
Blitzartig dreht er sich um.
Sein ungläubiger Blick lässt mich kalt. Es ist mir egal. Eigentlich nicht, aber ich muss jetzt stark sein.

Der Lift geht mit einem Ding auf. Wir starren uns an. Ich halte es nicht mehr aus, also drehe ich mich um.
"Ari!", es ist Kari's Stimme.
Ich drehe mich langsam um. Mit großen Schritten kommt meine beste Freundin auf mich zu. Ich hatte sie vorhin ganz aufgelöst angerufen.
"Was ist passiert? Geht es ihm gut? Wo ist Lewin?"
Seinen Namen zu hören tut weh, doch ich ignoriere meinen Schmerz und beantworte ihre Fragen.

"Er hat ihn angeschossen?", ihre Stimme überschlägt sich.
"Wieso?"
"Keine Ahnung."
Sie fährt sich durch die Haare.
"Wo ist er jetzt?"
Ich ziehe meine Schultern hoch und lasse sie gleich darauf wieder fallen.
"Ist mir auch egal.", meine ich noch.
"Habt ihr euch getrennt?"
"Ich konnte ihn nicht mehr ansehen."
Karisma sieht mich mitleidig an und umarmt mich. Sie darf mich trösten. Nur sie.

Ich weiß nicht wie lange wir nun hier schon sitzen und gegen die Wand starren, als ein Arzt uns anspricht.
"Miss?"
Ich springe auf.
"Wie geht es ihm?"
Kari legt eine Hand auf meine Schulter.
"Ihm geht es gut. Er hat viel Blut verloren. Er wird noch künstlich beatmet, wird aber bald wieder auf den Beinen sein.  "
"Kann ich zu ihm?"
"Natürlich. Zimmer 241."
Sofort renne ich los. Ich muss nicht lange suchen und habe es schon gefunden. Bevor ich die Tür öffne atme ich tief ein.

Zombie liegt mit geschlossenen Augen in einem komplett weißen Bett. Auch das Zimmer ist in weiß gehalten. Er sieht so friedlich aus, als ob er bloß schlafen würde. Aber das tut er nicht. Er wäre nämlich fast gestorben. Ich gehe näher an ihn ran und ergreife seine Hand. Eine Träne rollt meine Wange hinunter.
"Es wird alles wieder gut.", flüstere ich und streiche mit meinem Daumen über seinen Handrücken.

Let me Love you Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt