Vierundsechzigster

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14.April

Zitternd stehe ich vor dem grauen Gebäude. Es sieht ungemütlich und ungewohnt streng aus. Noch strenger als Schulen oder Polizeipräsidien.
Die letzten Tage waren außergewöhnlich kalt und ich atmete die stickige Luft ein, als ich das Gerichtshaus betrete. Unsicher lief ich die Etagen auf und ab und suchte eine Informationsstation. Eine ältere Frau sprach mich an und führte mich in die vierte Etage. Ich bin der Dame sehr dankbar, den ich glaube ohne sie, hätte ich es glaub ich nicht gefunden. Ich errötete leicht, lächelte ihr dankend zu und spreche die Frau am Schalter an.

,,Ähm ich suche ein Verhör. Es geht um Herr Tjarks und Herr Bora.",krächze ich heiser hervor und hole einen gefalteten Zettel aus meiner Tasche. Die Frau nickt mir erschrocken zu und presst ein "Oh Gott, viel Glück" hervor. Ich runzelte meine Augenbrauen und begab mich auf die Suche nach dem Saal. Ich war eine halbe Stunde zu früh da, aber dies kümmerte mich wenig.

Als ich aufgerufen wurde, strich ich mir noch einmal über meinen dünnen, grünen Mantel und lief verunsichert in den Saal.
,,Guten Tag Frau Tjarks, nehmen sie doch bitte Platz.", die Richterin hatte eine freundliche Stimme und zeigte auf einen Stuhl mitten im Raum. Ich setzte mich auf ihn und hielt meine Tasche direkt vor meinen Körper.
,,Sie wissen wieso sie hier sind?", ich hatte mich nich nicht gewagt meinen Bruder anzusehen, doch ich tat es und es war schrecklich. Er sah verwirrt auf den Tisch und sein Anwalt sah nicht wirklich interessiert aus.
,,Ich weiß nicht genau", murmelte ich
unsicher und sah wieder zur Richterin.
,,Nun gut, fangen wir erstmal von vorne an. Sie heißen Anna Tjarks,sind am 15.07.96* geboren und der Angeklagter ist ihr Bruder, richtig?" Ich nickte und sah wieder zu Thaddeus. Nun sah er mich auch an, ich sah in ihm keinen dreiundzwanzig Jährigen, sondern den kleinen Thaddeus wie er hier vor elf Jahren saß und gegen unseren Vater aussagen musste.
,,Ja",fügte ich zu meinem Nicken hinzu und spielte mit meinem Anhänger.
Ich sah nur kurz auf um sich auf die Sätze der blondhaarigen Richterin vorzubereiten. ,,Ihr Bruder soll Herrn Ardian Bora wieder... nun ja. Er hatte ihn früher gestalkt im ungemütlichen Massen und wäre jetzt wieder gekommen. Von früheren Vorfällen wissen sie natürlich, nehme ich an?", erwatungsvoll hob sie ihre rechte Augenbraue und spielte ein wenig mit ihrem Kugelschreiber. ,,Frühere?", ich zitterte und sah zu meinem Bruder. Thaddeus. Ein Stalker? In recht ungemütlichen Massen? Mein großer Bruder? Ich atmete tief ein und sah nach hinten auf die Holzbänke. Ein Mann mit roten Haaren und einer Brille saß dort, ihm ging es nicht wirklich gut. Ardian Bora, nahm ich an.
,,Anna weiß nichts d-davon!", warf Thaddeus in den Raum und sah an mir vorbei. Die Richterin sah nun auch zu ihm. ,,Sie hat damals noch bei unserem Erzeuger gewohnt." Ich schüttelte leicht meinen Kopf, warf meine leichte Wut wegen einem Streit wegen unserem Vater an die Seite und fragte leise: ,,Du hast das also wirklich gemacht?" Er lachte und faltete seine Hände und legte seinen Kopf auf sie: ,,Anna, er liebt mich. Ich will nur das er sich das eingesteht." Ein Schnauben ertönte von hinten, doch ich ging nicht drauf ein sondern sah weiter starr zu meinem Bruder. ,,Warte Thaddeus, ich komm nicht mit. Aber Mama wusste das? Was hast du überhaupt gemacht?" Ich klang verzweifelt und hoffte einfach nur, jemand würde gleich mit einer Kamera rausspringen und würde alles als einen 'Witz' enttarnen, aber leider war es keiner.
Thaddeus stammelte wirres Zeug und sah einmal zu dem Mann nach hinten, bis sich dieser räusperte: ,,Ganz ehrlich, Thaddeus gehört in Psychatrie, dass was er von sich gab und eure Mutter wusste davon bescheid." Am Anfang klang er noch selbstsicher, wurde zum Ende aber immer unsicherer. Ich schluckte erneut und wischte ein paar Tränen mit meinem Schal weg. ,,Interessant..." ,lachte der Staatsanwalt ein wenig, ,,eine jüngere Schwester die nichts weiß, ein Angeklagter ohne normalen Verstand und ein 'Opfer'. Das wird was."

Und es wurde immer besser.

Der große Bruder von Ardian erzählte alle alten Sachen und legte Liebesbriefe von Thaddeus vor. Ardian's Schwester streitete alles ab und gab sogar zu seit einem flüchtigen Kuss in ihn verliebt zu sein.

Und zum Schluss?

Thaddeus gab alles zu. Alles, seine Therapien, seine Phantasien, einfach alles.

Und ich?

Ich saß da. Ohne zu Wissen was ich denken sollte. Stumm und kaute nur an meiner Lippe herum.

,,Anna es tut mir leid."
,,Anna ich wollte dir nicht weh tun."
,,Anna schau mich bitte an."
,,Bitte."

Thaddeus wurde eingewiesen. Auf unbestimmte Zeit. 'Heilbar'.

***

*wie immer garantiere ich diese Angaben nicht. Ich möchte nur alles 'echter' beschreiben und ich denke das hat ganz gut hingepasst.

Pacify her  [Tardy]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt