Kapitel 10

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Wir versuchten, so weit wie möglich von den Männern, die etwas mit der Bombe zu tun haben, zu bleiben.
„Also... Ely, ich glaube, wenn du zurück zu deiner Vision kommst und sie zu verlangsamen versucht, kannst du den Ausgangspunkt der Explosion sehen. Zumindest den Terminal.“, erzählte ich von meinen Überlegungen.
„Du verlangst das Unmögliche!“, warf sie ein.
„Probier's einfach.“, bat ich.
Sie seufzte, nickte und setzte sich auf den Boden. Toni, Jo und ich taten es ihr gleich. Sie schloss die Augen, machte einen schweren Atemzug.
Nach zwanzig Minuten sprang sie aufgeregt auf. „Ich hab's! Leute, ich hab's! Terminal A!“
Wir rannten alle los. Auf unserem Weg holten wir noch Iris ab, die Andy und Mat Bescheid sagte, dass sie auf uns warten sollten. Jetzt blieben uns noch anderthalb Stunden. Nein, wir werden es einfach nicht schaffen.
„Was ist jetzt? Wir haben doch nichts gefunden.“, sagte Mat.
„Wir aber.“, meinte ich.
„Die Bombe ist irgendwo hier.“, fügte Ely hinzu.
„Okay. Dann suchen wir sie hier.“, zuckte Andy die Schultern.
Ich hatte noch eine Frage.
„Und wenn sie unten ist, im Keller? Da können wir doch nicht hin.“
„Wer hat denn das gesagt?“, grinste Jo.
Andy nickte.
„Richtig, Jo.“, stimmte Andy ihm zu. “Du, Anna und Iris - runter. Toni, Ely - hoch. Ich und Mat bleiben hier. Seid vorsichtig. Man wird aufmerksam.“
Jo nahm meine und Iris' Hand und wir verschwanden, diesmal ohne der Wolke. Im Keller verbrachten wir eine weitere halbe Stunde. Eine Stunde blieb.
Ich wollte schon wieder irgendwie nach oben gehen, doch Jo hielt mich auf und drehte mich mit einer flinken Bewegung zu sich herum.
„Anna, Andy hat dich trainiert, Gefahren zu spüren. Du kannst die Bombe finden.“
„Eh... Ja...“, zögerte ich. “Er hat mich trainiert, aber ich kann's nicht.“
„Doch. Und jetzt geh und finde die verfluchte Bombe!“
Jo gegenüber fühlte ich mich irgendwie ganz klein. Aber er hatte recht.
Ich konzentrierte mich... und fand nichts. Mindestens fünfzehn weitere Minuten vergingen, bis ich etwas fühlen konnte. Hm, in Panik kann man alles. Die Bombe hatte eine leuchtende Spur hinterlassen, welcher ich langsam folgte. Iris ließ die Männer uns nicht beachten. Es kam mir in den Sinn, dass Andy gewusst hatte, dass die Bombe hier war. Aber warum hatte er uns dann das nicht gesagt?
„Jo, hole die anderen.“, bat ich.
Und er teleportierte sich weg.

Jo kam nur mit Mat zurück, beide schnappten nach Luft. Ich konnte sie aber nicht fröhlich begrüßen, Iris auch nicht. Wir hatten andere Probleme. Iris hielt den Mann mit der auf mich gerichteten Pistole von mir zurück.
„Oben herrscht der Chaos!“, fing Mat an, unterbrach sich aber, als er sah, was bei uns vor sich ging.
„Er widersteht mir!“, rief Iris zum unzähligen Mal.
Es war ihr anstrengend, mit dem Mann so zu kämpfen. Ich selbst konnte nirgendwohin gehen. Ich hatte aus Dummheit auf etwas auf der Bombe gedrückt und sobald ich diesen Knopf losließe, würde die Bombe explodieren, das fühlte ich. Wir hatten noch 20 Minuten. Scheiße! Ich will nicht sterben! Während Mat zu mir rannte, eilte Jo zu dem Mann und versuchte, ihm die Waffe wegzunehmen oder sie in die andere Richtung zu drehen. Das misslang ihm. Ich verstand nicht, warum. Mat versuchte, mit seinen Fähigkeiten die Bombe zu deaktivieren. Ich wünschte ihm Glück. Fünfzehn Minuten, zehn Minuten, fünf Minuten... Ich weiß, in jeden Filmen zeigt man, wie eine Bombe in letzter Sekunde deaktiviert wird, sodass es mir irgendwie albern vorkam. Aber was konnte ich schon dafür?
„Wir werden alle in die Luft fliegen!“, rief ich hoffnungslos, panisch.
„Nein! Ich schaff das!“, widersprach Mat.
Vier Minuten, drei Minuten, zwei Minuten...
„Lass den Knopf los!“, befehlte er.
Ich sah ihn, dann Iris und dann Jo misstrauisch an. Langsam ließ ich den Knopf los. Nichts passierte. Ich sprang fröhlich auf. „Wir haben's geschafft!“
Blöd von mir. Jo hatte gerade die Pistole etwas höher geschoben. Sitzend wäre sie an meinem Kopf vorbeigeflogen, jetzt würde sie genau den Bauch treffen.
„Ich kann nicht mehr!“, rief Iris, fiel auf den Boden und brach in Tränen aus.
„Anna weg!“, schrie Jo.
Er teleportierte sich schnell zu mir und stieß mich weg, wobei er ebenfalls fiel, noch bevor mich die Kugel erreichte.
„Halt!“, schrie Mat erschrocken und streckte den Arm aus. Er hatte nichts verstanden, nur dass es geschossen wurde und dass ich das Ziel war. Mats offene Handfläche zeigte auf den erstarrten Mann. Er eilte zu Iris und half ihr hoch.
„Leute, steht auf! Wir müssen den anderen helfen.“, meinte er.
Jo teleportierte uns weg. Oh - mein - Gott. Die Leute kreischten, schrien, und rannten durcheinander. Toni lag auf dem Boden, das Gesicht schmerzvoll verzogen, und Ely kniete neben ihm. Ihre Hände lagen auf seinem Bauch, die Augen hatte sie geschlossen, ihre Lippen wiederholten etwas lautlos. Andy stand schützend vor ihnen, denn sie waren von vielen Männern mit Waffen umkreist.
„Jo, schnell zu Ely! Schutzschild!“, rief Iris.
„Und ihr?“, rief er zurück.
„GEH!“, antwortete ich.
Er blickte mich prüfend an und lief zu Ely und Toni.
„Mat, stoppe die Kugeln!“, befehlte Iris weiter.
Mat nickte und versuchte, ein freies Platz für sich zu finden.
„Und ich?“, fragte ich.
“Pass auf.“
Toll! Leider keine Zeit für Diskussionen. Es wurde auf uns geschossen. Wer hätte das wohl gedacht! Aber der liebe Mat beschützte uns. Andy „kämpfte“ mit den Männern, sodass zwei von denen mit einem Schrei auf die Knie stürzten und sich die Hände gegen den Kopf drückten. Was fühlten sie? Kopfschmerzen? Oder hörten sie vielleicht Kreischen? Iris sah nur zu. „Warum tust du nichts?“, schrie ich sie darum an.
„Ich will sie nicht umbringen.“, antwortete sie.
„Befehle ihnen zu gehen! Lenke sie ab! Wir müssen einfach nur abhauen!“
Ich bekam zu fühlen, wie Andy die Männer unter Druck setzte. Richtig unangenehm war das und ich hatte deshalb Kopfschmerzen.
„Iris!“, rief Toni.
Toni? Er und Ely waren aufgestanden. Offensichtlich hatte Toni eine Wunde gehabt. Iris und ich drehten uns um und sahen, wie ein Mann auf Iris zielte. Ich konnte nur rechtzeitig reagieren und sie am Arm wegziehen. Eine Sekunde später schnappte sie Mats Hand und wir drei rannten zu den anderen, welche bei Andy standen. Dann hörten wir die Polizeisirene, sahen die Polizisten reinstürmen und Jo teleportierte uns weg.

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