10| »Matter of Feeling

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E L E A N O R | | Je länger wir uns in der falschen Zeit befanden, desto größer wurde mein Gefühl, dass es nicht gut enden würde.

Für einen Moment starrten Louis und ich uns ausdruckslos an. Es war das erste Mal seit Langem, dass wir uns tief in die Augen blickten. Je länger ich seine graublauen Augen anstarrte, desto schneller schlug mein Herz in meiner Brust. Ich wusste nicht, ob es an dem Zettel oder seinem intensiven Blick lag, dass mein Herz so reagierte.

Ich bildete mir sogar ein, dass ich einen Funken in seinen Augen sah. War das Hoffnung? Ich kannte ihn lange genug und wusste eigentlich bereits die Antwort.

Ich war diejenige, die den Blickkontakt abbrach und griff verlegen nach dem Notizbuch. Ich hatte keinen Plan, was ich damit tun sollte, und las die Notizen einfach durch – wissend, dass es nur Zeitverschwendung war.

,,Ich gehe ins Büro neben eurem Zimmer und erledige Papierkram", räusperte Harry sich unbehaglich und stolperte aus der Küche. ,,Weiß er, was einmal zwischen uns war?", kam es unüberlegt von mir.

,,Nein."

Ich presste meine Lippen zusammen. Es war sowieso egal, denn diese Information würde für Harry total nutzlos sein. Wieso hatte ich überhaupt diese Frage gestellt? Weil Harry gemerkt haben müsste, dass zwischen Louis und mir etwas nicht stimmte. Ja, es stimmte etwas zwischen uns nicht, denn wir saßen im falschen Jahr fest.

,,Eleanor", wisperte Louis und griff nach meiner Hand, die immer noch das Notizbuch festhielt. ,,Es tut mir leid."

,,Es ist nicht deine Schuld. Wenn ich die Musikbox nicht angefasst oder mich verfahren hätte, hätten wir diese ganzen Probleme nicht", knirschte ich und wollte eigentlich nicht so harsch klingen.

,,Keiner von uns ist schuld. Es ist halt passiert. Aber es ist jetzt auch egal, ich meine etwas ganz Anderes, für das ich mich bei dir entschuldigen möchte." Ich versuchte meine Hand aus seiner zu entreißen, hatte jedoch nicht die genügende Kraft dazu.

,,Es tut mir leid, dass ich mich nach der Trennung nicht wie versprochen bei dir gemeldet habe. Es ist so viel passiert und ich hatte für eine Zeitlang den Faden verloren. Ich–"

,,Ist schon gut, Louis. Es wird sowieso nichts an der Situation ändern. Das mit uns ist vorbei, okay? Ich will nur wieder zurück und mein Leben ohne dich weiterführen." Als er das hörte, ließ Louis meine Hand los und seine Gesichtszüge verhärteten sich.

,,Gut, dass wir das geklärt haben", sagte er trocken und ich wurde das Gefühl nicht los, dass seine Laune soeben in den Keller gesunken war. Dennoch fühlte ich mich nicht schlecht und nahm meine Hand zurück zu mir. Doch unerklärlicherweise musste mein Herz einen schmerzenden Stich ertragen.

Eine Weile schwiegen wir uns an. Inzwischen las ich die Briefe durch, um irgendwie zu verstehen, warum wir 16 Jahre zurückgereist waren. Nur wegen einem Lied? Es klang irgendwie absurd, aber wenn man sich die Hinweise anschaute, machte es Sinn. Dieses Lied und die anderen Lieder stammten aus dem gleichen Album, also steckte bestimmt eine Logik dahinter.

Was hatte Louis vorhin nochmal gesagt? Das Lied handelte um ein junges Paar und das Lebensgefühl im Amerika des beginnenden 21. Jahrhunderts. Louis und ich waren jung, jedoch kein Paar, und befanden uns im Jahr 2000 – also am Anfang des 21. Jahrhunderts. Das Album musste etwas mit der Zeitreise zu tun haben.

,,Ich gehe mich duschen", gab ich Louis Bescheid und erhob mich. Meine Knie fühlten sich noch wackelig an, weswegen ich in kleinen Schritten die Küche verließ. Ich klopfte an Harrys Tür, um zu fragen, ob er Shampoo und Seife für mich hatte.

,,Du kannst jetzt auf gar keinen Fall duschen gehen!", verneinte Harry und ich zuckte vor Schreck zusammen. Dann erklärte er mir auch den Grund, nun mit einem sanfteren Ton: ,,Du wurdest gestern sozusagen operiert. Zwar ist die Wunder nach 24 Stunden verschlossen, aber es ist besser, wenn du noch ein bis zwei Tage warten würdest."

21 GunsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt