Ist sie glücklich?

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Rosies Sicht
Ganz leise lasse ich mich neben Cam aufs Bett fallen. Es ist jetzt schon das 7. Mal, dass ich diese Nacht aufstehe wegen Mercy. Sie ist jetzt schon 1 Woche alt, unser kleiner Engel.
Cameron hebt verschlafen den Kopf.
"Schläft sie jetzt endlich?"
"Ich hoffe es. Auch wenn es nur 2 Stunden wären!", klage ich. Ein bisschen zu laut, denn Mercy beginnt schon wieder zu schreien.
"Ugh! Dieses Kind bringt mich noch um!", sage ich und stehe auf.
"Rosie, bleib. Ich gehe, ich hab dir jetzt schon genug lang zu gesehen, ich glaube ich kann das und du würdest den Schlaf sehr gut vertragen.", sagt Cameron und verschwindet in Mercys Zimmer. Nach ungefähr 10 Minuten ist ruhe. Cam kommt friedlich wieder ins Zimmer und legt sich neben mich.
"Wie hast du das den jetzt geschafft?"
"Mercy.", lacht Cam.
"Ja logisch meine ich Mercy!", grinse ich blöd zurück.
"Nein. Mercy."
"Ja, Mercy. Aber wie hast du sie zum schlafen gebracht?"
"Mit Mercy. Dem Song."
"Ahaaaa. Sag das doch gleich!"
"Hab ich ja.", sagt er und lacht sich fast einen Schaden.
"Ist der nicht ein bisschen zu schnell für ein einschlaflied?", frage ich nach.
"Die Acoustic Version nicht.", sagt er und küsst mich.
"Auf so eine Idee kommst auch nur du."
"Gute Nacht, Babe.", Cam schlingt seine Arme um mich und schliesst die Augen.
"Gute Nacht."
Eigentlich sollten mir jetzt die Augen zu fallen, aber ich kann einfach nicht einschlafen. Ich bin müde, ja. Aber der Gedanke etwas falsch gemacht zu haben, lässt mich nicht los.
War es richtig Shawn hinter mir zu lassen?
Shawn... was macht er wohl gerade? Ist er traurig? Weiss er, dass Mercy schon da ist? Vermisst er mich so sehr wie ich ihn vermisse? Hat er auch dieses Gefühl einen Teil von sich verloren zu haben?
Was stell ich mir denn für Fragen!? Ich habe mich gerade mit Cam verlobt! Ich liebe ihn. Und Mercy liebe ich auch. Ich sollte glücklich sein, schliesslich war es meine Entscheidung.
Ein Zitat von Shawn kommt mir in den Sinn.
"And where youre heart is, that doesn't change."
Ich werde glücklich sein... Irgendwann.
Shawns Sicht
Was macht sie gerade? Ist unser Kind schon auf der Welt? Vermisst sie mich? Liebt sie mich immernoch so sehr wie ich sie liebe? Werde ich sie jemals wieder sehen? Werde ich unser Kind jemals sehen?
Rosie. Rosie. Rosie.
Nur sie ist in meinem Kopf. Und in meinem Herzen...
Sie ist wie ein Wirbelsturm der die ganzen Schmerzen in meinem Herzen aufwirbelt.
Ich vermisse sie so fest, dass jeder Schritt, jedes Wort, jeder Atemzug eine Qual für mich ist.
Jeder einzelne Gedanke geht an sie.
Manchmal wache ich mitten in der Nacht auf, so wie jetzt, gequält von einem Alptraum.
Es ist immer der gleiche Traum.

Rosie steht da. Auf einer wunderschönen Blumenwiese. Ihre blonden langen Haare leuchten im Sonnenschein der Abendsonne. Auf ihrem Kleid zeichnen sich nachtblaue Blumen ab. Wie eine Elfe rennt sie über die Wiese. Es sieht aus als würde sie über die Blumen fliegen. Ihre Haut schimmert. Sie scheint zu schön um wahr zu sein. Die Sonne geht unter. Ihre Haare werden in ein rotschimmerndes Licht getaucht. Dann wird es dunkel. Ich sehe ihre Umrisse zum greifen nah. Gerade als ich ihre Hand nehmen will, wird sie von mir fortgezerrt. Ich sehe zweite Gestalt. Sie packt Rosie an den Handgelenken. Rosie schreit verzweifelt auf. Die Gestalt entpuppt sich als Mann. Plötzlich hält er ein Messer in der Hand. Er holt aus- ich will losrennen. Der Boden unter mir geht auf. Ich falle in einen tosenden Fluss. Ich halte mich fest am Seegras. Ich sehe wie er zusticht. Tief in Rosies Brust. Sie keucht auf. Ihre Augen sind geweitet vor Schmerz. Ich rufe ihren Namen. Der Mann verschwindet. Rosie fällt lebslos zu Boden.
Ich kämpfe mich aus der reissenden Strömung des Flusses und krieche erschöpft zu ihr.
Ich nehme ihren kalten Körper in die Arme. Ihr Atem geht flach. Ihre Augenlieder flattern auf. Ihre Lippen zittern. Mit letzter kraft hebt sie ihre zitternde Hand und streicht mir eine Träne von der Wange. Ein Bluttropfen fliesst aus ihrem Mund und fällt  auf ihre Brust. Eine letzte Träne rollt über ihre Wange und ihre Lippen verzerren sich zu einem Lächeln.
"Mercy.", flüster sie.
Ich sehe wie ihr Körper beginnt zu flimmern. Er glüht. Dann löst sich dieser schimmernde Schleier von ihr und steigt in die Sterne hoch.
Ihr Körper fühlt sich plötzlich so leicht an in meinen Armen. Ich hebe ihn hoch und trage ihn fort. Lasse die Blutlachen hinter mir. Ich klammere mich an ihren Körper, als wäre er alles was mir noch bleibt. Ohne zu wissen wohin ich gehe, beginne ich zu rennen. Dann wieder, wie aus dem nichts, reisst der Boden auf und das tosende Wasser verschlingt uns. Ich lasse mich mitreissen. Sehe zum Ufer. Und da steht sie. Rosie.
Sie schreit etwas. Mercy.
Ich sehe in meine Arme. Da liegt ein schreiendes Baby. Noch so klein. Ich versuche mich aus dem mörderischen Strom zu käpfmen, doch die Kraft verlässt mich. Ich gehe unter. Ich sehe Rosie am Ufer zusammen stürzen. Sie schreit.

Ihr schrei ist der letzte den ich höre, bevor ich selber schreiend aufwache.
Mit Tränen überströmtem Gesicht, völlig verschwitzt liege ich da. Ich habe Angst wieder einzuschlafen. Stunden liege ich wach und frage mich:
Ist sie glücklich?

MercyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt