Kapitel 7 Tag 7

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Finja meldete sich nicht. Er zählte die Minuten, aus denen Stunden wurden. Zwang sich seine Hausaufgaben zu machen. Fuhr früher als gewöhnlich zu seiner Mutter, weil es nichts gab, was er sonst hätte machen können.

Er wusste nicht wirklich, woher es kam, dieses auslaugende Gefühl, das Wissen, dass er etwas hätte besser machen könne. Nur was? Welches winzige Detail hatte er übersehen, in diesem schier unendlichem Universum zwischen ihm und Finja? Hätte er sie küssen sollen? In dem Wissen, dass sie dann Chris betrog?

Er erinnerte sich an die vielen Mädchen, die er mehr oder weniger betrunken geküsst hatte, wie es sich danach immer falsch angefühlt hatte. Er sich falsch gefühlt hatte.

Als sie dann endlich anrief, irgendwann am Abend, stand er gerade unter der Dusche. „Hey", er versuchte neutral zu klingen, während er sich mit einer Hand die Haare trocknete. Sie klang verheult: „Es ist aus"

Sie berichtete kurz, was passiert war, wie er sie angeschrien, angespuckt, beschimpft hatte „Willst du reden?", fragte er zögerlich.

„Ist schon okay, du musst nicht extra wegen mir wieder herkommen"

„Ich fahr gerne zu dir, kein Problem", entgegnete er, „Ich bin in zwanzig Minuten am Bahnhof und dann gehen wir zu McDonalds"

Finja wartete bereits am Bahnsteig auf ihn, er umarmte sie. Sie musste sich in der Zwischenzeit neu geschminkt haben, denn man sah nichts davon, dass sie geweint hatte. „Mir geht's gut", ihre Augen strahlten, „Ich bin so froh, dass es vorbei ist"

„Wirklich?", er verbarg seine innerliche Freunde.

„Ich will wirklich nicht schlecht reden, aber es fühlt sich so viel freier, so viel besser an." „Also so schnell keine Beziehung mehr?"

„Mal sehen", antwortete sie und knuffte ihn in den Oberarm, gerade als sich die Schiebetür zu McDonalds sich quietschend öffnete, „Macht sich da etwa jemand Hoffnung?"

Sie bestellte sich einen Cheeseburger und Pommes.

„Vielleicht", grinste er sie bereit an und wies die Verkäuferin daraufhin, dass sie ihm zu viel Wechselgeld gegeben hatte

„Willst du was?", fragte sie ihn und biss von ihrem Cheeseburger ab.

„Was?", fragte er verwirrt

„Von mir"

Er ließ sich Zeit mit seiner Antwort. Die Frage war überraschend gekommen. Was wollte er wirklich von ihr? Freundschaft? Das Gefühl geliebt zu werden? Mehr? Viel, viel mehr?

„Du siehst nicht schlecht aus, also ficken geht sicher klar", antwortete er lachend, überspielte, dass er sich dafür schämte, nicht zu wissen, was er für sie eigentlich empfand, was er wirklich wollte von ihr.

„Lässt sich machen", sie versuchte ernst zu bleiben, aber es gelang ihr nicht.

Die Nachtluft war kühl, sie standen vor dem heruntergekommen McDonalds. Finja rauchte. „Ist dir kalt?", fragte er unvermittelt.

„Ein bisschen"

Ohne zu zögern zog er sich seine Jacke aus und reichte sie ihr. Sie wollte sie zuerst ablehnen, aber er nahm sie nicht zurück.

„Gib sie mir morgen in der Schule"

„Danke", ihr Lächeln wäre ihm sein letztes Hemd wert. 

FinjaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt