01. Meeting Him

1K 58 9
                                    

Ich rührte lustlos in meiner halb leeren Müslischüssel und beobachtete die Haferflocken, die oben auf der Milch schwammen.
Es war Montagmorgen und ich saß alleine in der kleinen Küche meiner Drei-Zimmer Wohnung. Jeden Tag das gleiche.

Aufstehen, anziehen, frühstücken, dann in die Arbeit, um dort die Zeit bis zur Mittagspause möglichst sinnvoll zu verschwenden. Wieder arbeiten, hoffen, einfach nur in Ruhe gelassen zu werden.
Zurück nach Hause, in mein leeres Appartement. Dann noch den Rest des Tages überbrücken um schließlich ins Bett zu fallen und auf den nächsten verschwendeten Tag zu warten.

Ich hatte dieses Leben nicht selbst gewählt, nein eigentlich hatte ich zur Polizei gehen wollen. Jetzt arbeitete ich im Personenschutz, dachte mir Tag für Tag neue Sicherheitskonzepte für mehr oder weniger bekannte Prominente aus.

Mit einem Seufzen erhob ich mich, stellte das schmutzige Geschirr in die Spüle und ging ins Bad um mich fertig zu machen.

Fünf Minuten später schnappte ich mir mein dunkelblau lackiertes Rennrad und meine Umhängetasche und verließ das Mehrparteienhaus.

Ich brauchte fast eine viertel Stunde, bis ich den Firmensitz der Agentur erreichte. Nachdem ich mein Rad auf der gegenüberliegenden Straßenseite abgesperrt hatte, betrat ich das imposante Gebäude durch die große, gläserne Eingangstür.

In der Lobby holte ich mir einen Coffee ToGo stieg dann in den Lift, der mich in die vierte Etage, auf der sich mein Büro befand, brachte.

"Ah, gut, dass ich Sie treffe, Lenny. Es gibt einen Notfall und Sie müssten kurz mit mir mitkommen.", mein Vorgesetzter stand direkt vor mir im Flur. Jede Wette, dass er nur darauf gewartet hatte, dass ich hier auftauchte.

"Oh-okay.", ich zugegebenermaßen etwas überrascht, versuchte aber das möglichst gut zu überspielen, "Worum geht es denn?"

"Einer unserer Klienten braucht einen neuen Kopf für sein Sicherheitsteam. Wir haben schon die ganze Woche über alle, die dafür in Frage kommen, getestet, aber die Anderen sind alle nicht kompatibel mit ihm.", erklärte er mir, wobei er fast über seine eigenen Worte stolperte. Ein wichtiger Klient also. "Sie sind die einzige, die für diese Aufgabe noch in Frage kommt."

Die Anderen sind alle nicht kompatibel mit ihm.

Klang so, als wäre der Kunde etwas anspruchsvoller, denn meistens war es recht einfach, den richtigen Personenschützer zu finden.
Die Aussicht auf eine richtige Herausforderung gefiel mir.

"Gut und wann lerne ich ihn kennen?"

Mein Vorgesetzter warf einen Blick auf den Chronographen, den er am Handgelenk trug. "In genau zwei Minuten. Er ist schon oben, wir sollten uns also beeilen."

Wir stiegen in den Lift und er drückte den Knopf für die Chefetage.

Oben angekommen führte er mich über den Gang, der passender Weise mit einem roten Teppich ausgelegt war.
Vor der Tür zu seinem Büro blieb er stehen.

"Es ist Benedict Cumberbatch.", informierte er mich im Flüsterton und sah mich ernst an, "Bitte bleiben Sie professionell."

Ich nickte nur kurz, dann öffnete er auch schon die Tür und ließ mich eintreten.

Benedict Cumberbatch saß, zusammen mit einem zweiten Mann, auf der cremefarbenen Ledercouch, er hatte seine langen Beine übereinander geschlagen und unterhielt sich mit dem zweiten, womit er allerdings sofort aufhörte, als ich den Raum betrat.

"Guten Morgen, Sir.", ich gab ihm die Hand und lächelte kurz.

"Guten Morgen.", sein Händedruck war warm und kräftig, "Mit wem habe ich die Ehre?"

"Eleonore von Schwarzenstein. Hoch erfreut, Sie kennenzulernen, Mr. Cumberbatch.", antwortete ich und nachdem er sich wieder gesetzt hatte, ließ ich mich am anderen Ende des Sofas nieder.

"Eleonore sollte genau Ihren Vorstellungen ensprechen, sie hat ihre Ausbildung als Jahrgangsbeste abgeschlossen.", mein Vorgesetzter deutete auf die Unterlagen, die aufgeschlagen auf dem kleinen Beistelltisch lagen, "Ich schlage vor, Sie lernen sich in den nächsten zwei Tagen etwas besser kennen und dann entscheiden Sie, ob Sie Eleonore dauerhaft anstellen wollen."

Das ging aber schnell. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass die Sache so schnell gehen würde und ich vielleicht schon übermorgen fest für jemanden angestellt war. Außerdem erstaunte es mich, dass man mich als Kandidatin für diesen Job ausgewählt hatte, da es genug andere Mitarbeiter mit viel mehr Praxiserfahrung gab.

"Den Rest haben wir ja bereits besprochen, Benedict hat heute einen freien Tag. Sie sollten den Tag nutzen, um zu sehen, ob Ihre Arbeitsweise zueinander passt.", das erste Mal in diesem Gespräch meldete sich Benedicts Begleiter zu Wort; vermutlich sein Manager oder etwas in der Art.

Die beiden unterhielten sich noch etwas über unsere Köpfe hinweg, was ich eigentlich etwas unhöflich fand, doch ich nutzte die Zeit, um meinen Kaffee, der inzwischen nur noch lauwarm war, zu trinken.

Auch nicht wirklich höflich.

Das Gespräch wurde endlich beendet, ich verließ das Büro, dicht gefolgt von Benedict und seinem Manager, letzterer machte sich allerdings ziemlich schnell aus dem Staub, sodass ich alleine mit dem Schauspieler da stand.

Schon wieder dieses unangenehme Schweigen.

Ich räusperte mich leise, bevor ich anfing zu sprechen. "Haben Sie für heute Nachmittag irgendwas vor?"

"Jetzt schon.", kam die säuerliche Antwort zurück.

"Wir können das auch gerne verschieben.", meinte ich; auf einen solchen Start konnte ich verzichten.

"Er lässt sich nicht davon abbringen.", seufzte Benedict und sah mich dabei das erste Mal richtig an; seine Augen waren faszinierend, irgendwie hatten sie keine richtig definierte Farbe, sondern wechselten diese je nach Lichteinfall, "Wir sollten das Beste daraus machen, oder?"

"Sicher. Ich muss nur noch schnell etwas aus meinem Büro holen, ich hoffe, das ist kein Problem für Sie.", ich drückte auf den Knopf neben den Aufzugtüren, "Wenn wir dann gleich auf der Straße unterwegs sind, soll ich hinter oder neben Ihnen laufen?"

"Neben mir. Ich glaube allerdings kaum, dass wir beide irgendwas unternehmen können, ohne, dass ich dabei permanent nach Autogrammen und Selfies gefragt werde.", wir betraten den Lift und fuhren in den vierten Stock.

"Genau dafür bin ich da. Um Ihnen ein paar freie Minuten zu verschaffen.", ich führte ihn über den Flur zu meinem Büro und hielt ihm die Tür auf, "Ich werde dafür sorgen, dass Sie einen entspannten Tag haben."

"Ich will aber nicht, dass Sie grob sind.", er sah mich ernst an, "Zu den Fans, meine ich."

"Das habe ich nicht vor, grob werde ich nur, wenn man Sie bedroht oder meinen Anweisungen nicht folgt.", ich ging an meinen Tresor, öffnete diesen und nahm mir meine Kurzwaffe heraus, "Die hier nehm ich aber trotzdem mit. Für den absoluten Notfall, der hoffentlich nicht eintritt."

Ich sah wie Benedict schluckte und dann langsam nickte, seine Schultermuskulatur verspannte sich leicht und seine Hände wurden unruhig.

"Keine Angst, ich hab nicht vor, auf Sie zu schießen."

Protecting You - Benedict Cumberbatch FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt