10. Thinking About Him

555 40 8
                                    

Auf dem Weg nach Brixton telefonierte ich erst mit meinem Vater, den ich scheinbar gerade an einem Tatort erwischte, und dann mit Benedicts Management.

Vor allem das Gespräch mit seinem Management war alles andere als lustig, da Benedict mindestens für die nächste Woche ausfallen würde.

Ich schloss mein Rad ein paar Straßen weiter ab und lief den restlichen Weg zur Kirche, kam aber extra erst fünf Minuten nach der vereinbarten Zeit.

Bis auf zwei ältere Frauen, die in der ersten Reihe saßen und beteten, war die Kirche menschenleer. Meine Schritte waren auf dem Steinboden viel zu laut und hallten an den hohen Wänden wieder.
Eigentlich hatte ich nichts für Religion übrig, trotzdem machte ich aus Respekt einen Knicks, bevor ich den Beichtstuhl betrat und mich auf der unbequemen Bank niederließ.

Jetzt lag es nicht mehr an mir, das Gespräch anzufangen. Am Ende tat ich es dennoch.

"Er liegt im künstlichen Koma. Wenn er das nicht überlebt, sind Sie wegen Mord dran."

"Warum sollte ich ihn umbringen wollen?"

"Weil er Ihre 'Liebe' nicht erwidert. Weil Sie eifersüchtig sind...wenn ich ihn nicht haben kann, soll ihn keiner bekommen. Mir würden auch noch einige andere Motive einfallen.", ich wartete kurz. Es war schwieriger jemanden unter Druck zu setzen, wenn ich ihn nicht direkt sehen konnte.

"Das würde ich niemals tun...ich...ich liebe ihn doch!", sie schien hysterisch zu werden.
Verständlich, wenn man erfuhr, dass man seine große Liebe möglicherweise tödlich vergiftet hatte.

"Ich glaube auch, dass Sie Benedict nicht vergiften würden. Eigentlich habe ich eine andere Theorie...", ich hatte fast den ganzen Tag damit verbracht, mir den Kopf darüber zu zerbrechen, wie Benedict das Gift zu sich genommen hatte.
"Eigentlich sollte nicht Benedict das Rizin erwischen, sondern ich...das war ein Anschlag auf mich. Richtig?"

"Sie können mir das doch gar nicht nachweisen.", sie hatte sich wieder etwas gefangen. Vermutlich war der erste Schock schon wieder vorbei...also musste sie wissen, dass das Gift für Benedict nicht tödlich sein würde. 

Die Dosis war genau für mich berechnet gewesen.

"Wenn Sie gestehen, dass Sie versucht haben, mich mit dem Rizin umzubringen, dann kann sich das strafmildernd auswirken.", langsam immer mehr unter Druck setzen.

Das konnte ich.

In meiner Ausbildung hatte ich es immer geschafft, Verdächtige zu einem Geständnis zu bewegen...aber da hatte ich den Leuten auch direkt gegenüber gesessen.

"Sie wissen, dass das Gift für ihn nicht tödlich sein wird, denn die Dosis war genau auf mich berechnet...Pharmazie- oder Chemiestudentin, vermute ich. Ich hätte die Giftmenge ziemlich sicher nicht überlebt, aber da er mehr Masse hat, hat er nur mit besonders schweren Symptomen zu kämpfen. Um ehrlich zu sein, war es eine ziemlich harte Nuss, herauszufinden, wann Benedict das Gift zu sich genommen hat, aber mittlerweile bin ich mir da eigentlich recht sicher."

Ich lehnte mich leicht nach vorne, sah in die Dunkelheit vor mir.

Alles oder nichts.

"Das Rizin war in meiner Nachspeise. Jedem der wusste, dass ich keine Laktose vertrage musste beim Anblick der angerichteten Desserts sofort klar sein, welches meines war. Um es von den normalen unterscheiden zu können war es nämlich anstatt mit Minzblättern mit Zitronenschale garniert. Ich habe mich natürlich gefragt, woher Sie von meiner Laktoseintoleranz wussten...das war zugegebenermaßen der schwierigste Teil."

Ich hielt kurz inne.

"Es hat etwas gedauert, aber nach reiflicher Überlegung bin ich zu dem Schluss gekommen, dass Sie Benedicts Müll durchwühlt haben müssen. Ich habe ihn extra eine Notiz geschrieben, dass er daran denkt, seinem Management mitzuteilen, dass ich ein laktosefreies Dessert brauche...nachdem er das erledigt hat, ist die Notiz dann wohl im Altpapier gelandet, wo Sie sie dann gefunden haben. Oder täusche ich mich da?"

"Brillant deduziert."

"Nicht mein schwerster Fall.", antwortete ich und hörte ganz genau auf ihre Bewegungen.
Sie war in Begriff, zu gehen.

"Wünschen Sie ihm Gute Besserung von mir.", sie verließ den Beichtstuhl eilig und ich tat es ihr gleich, sah der flüchtenden, jungen Frau im mintgrünen Pullover einen Moment lang hinterher.

Eine grässliche Farbe.

Dann sprintete ich ebenfalls los, meine Schritte hallten an den hohen Wänden wieder und ich fing mir einen missbilligenden Blick von den beiden alten Frauen ein.

Egal.

Ich war lange nicht mehr so gerannt, wie jetzt, meine Muskeln protestierten gegen die starke Belastung, aber ich zwang mich dazu, weiter zu laufen.

Eigentlich war sie gar nicht so viel schneller als ich, aber sie hatte immer noch den Vorsprung vom Anfang und ich konnte kaum aufholen.

Ich folgte ihr über den Kirchenvorplatz und durch das Labyrinth von Straßen, die, zumindest gefühlt, alle gleich aussahen.

Am Ende verlor ich sie aus den Augen und an der nächsten Ecke konnte ich nicht mehr sagen, in welche Richtung sie gelaufen war.

Verdammt.

Sie war mir entwischt.

Völlig außer Atem lehnte ich mich gegen die nächstbeste Wand und wischte mir mit dem Handrücken übers Gesicht. 

Das würde bestimmt nicht unsere letzte Begegnung bleiben.
Aber immerhin wusste ich jetzt, dass meine Theorie richtig war und ich hatte sie unter Druck gesetzt...und unter Druck tendierten die meisten Menschen dazu, leichter Fehler zu machen.

Mittlerweile wurde es langsam dunkel und ich machte mich auf den Weg zurück zu meinem Rad.
Mir fiel auf, dass ich lange nicht mehr so viel Zeit für mich gehabt hatte. Eigentlich gar nicht mehr, seitdem ich den Vertrag für Benedict unterschrieben hatte.

-

Eine Stunde später saß ich frisch geduscht und mit nassen Haaren auf meiner Couch, skypte mit meiner Zwillingsschwester Elly. Das hatte ich auch schon lange nicht mehr gemacht.

Wenn ich mich zuhause meldete, dann telefonierte ich meistens mit meinem Vater.
Ich war ihm einfach schon immer näher gestanden als meiner Mutter.

Deswegen war ich nach ihrer Trennung auch zusammen mit ihm ins Zentrum von Berlin gezogen, während meine Mutter zusammen mit meiner Schwester und ihrem Reitlehrer auf unserem Gestüt blieben.

Ich hatte nie wirklich darunter gelitten und fühlte mich im Großstadtdschungel pudelwohl.

Es war aufregend.

Ähnlich aufregend wie London.

Elly erzählte mir von ihren letzten Reittunieren und wir beendeten das Gespräch mit dem Versprechen, uns bald wieder zu treffen.

Ich klappte meinen Laptop zu, tapste müde ins Schlafzimmer und tauschte meine Klamotten gegen kurze, schwarze Shorts und ein weites, hellblaues T-Shirt, dann ließ ich mich rückwärts aufs Bett fallen.

Bevor ich einschlief, kreisten meine Gedanken um Benedict und das was das zwischen uns war...ich kam zu keinem wirklichen Ergebnis, fiel schließlich in einen ruhigen, traumlosen Schlaf.

Bonjour meine Freunde,
ich war so im Flow xD ihr würdet es nicht glauben haha, daher ist hier schon das nächste Kapitel ^^

Lasst mir liebend gerne euer Feedback in Form von Votes oder Kommentaren da!

-M

Protecting You - Benedict Cumberbatch FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt