Aufgeben scheint für den Neuen wohl keine Möglichkeit zu sein, denn immer noch verfolgt er das Ziel, irgendwie die Stimmen davon zu überzeugen ihn heraus zu lassen.Dennoch werden seine Schreie immer leiser und seine Tritte und Schläge gegen die Tür hinterlassen nichts weiter als kleine Einkerbungen. Ich hätte ihm schon längst gesagt, dass er hier nicht mehr hinaus kommen wird. Aber den kleinen Funken Hoffnung wollte ich ihm nicht auch noch nehmen.
Sein dunkelbraunes Haar ist zu einem Zopf zusammengebunden und spiegelt seine Anstrengung sichtbar wieder. Seine Haare sind vom Ansatz bis in die Spitzen hinein durchnässt. Kleine Schweißtropfen laufen ihm den Nacken hinunter und auf seiner Kleidung sind riesige Schweißflecken sichtbar.
Wenn ich es nicht besser wissen würde, würde ich denken, dass er irgendwann sowieso damit aufhören würde sich gegen das Alles hier zu wehren. Mir vielleicht eine Chance geben würde. Er könnte mir so viel darüber erzählen, was sich außerhalb dieses dreckigen Käfigs befindet. Vielleicht würden seine Geschichten sogar reichen, mich in andere Welten zu bringen. Das alles hier zu vergessen und einfach zu versuchen glücklich zu sein. Zumindest für einen Moment.
Aber seine Absichten scheinen anders zu sein und obwohl seine Kraft schwindet, hört er nicht auf zu Kämpfen. Er würde mir eher Albträume einjagen wollen, als mich träumen zu lassen. Er möchte nichts lieber, als hier heraus zu kommen. Es bedeutet ihm nichts hier zu sein. Aber wie kann ich mir je gedacht haben , dass es ihm etwas bedeute, wenn er sowieso nicht freiwillig hier bei mir ist. Dabei hatte ich so ein Gefühl, dass irgendetwas uns verbindet. Aber er hasst mich und das werde ich wohl mit jeder einzeln Faser zu spüren bekommen.
Nach einer gefühlten Ewigkeit des Kämpfens und Bekämpft- werden fällt er zur Seite. Der Widerstand ist zu groß, als dass er weiterhin versuchen könnte auf die Tür einzuschlagen.
Seine Glieder zucken und seine Schreie sind leer. Er hat keine Kraft mehr.
Und so liegt er dort.
Seine Brust hebt sich im Sekundentakt, so dass er kaum die Zeit hat durchzuatmen. Sein Puls scheint zu kollabieren so schnell wie er atmet. Oder er will einfach keine Zeit mehr daran verschwenden, einfach sterben.
Seine Augen sind aufgerissen, sein Blick auf die steinerne Mauer über uns gerichtet.
Seine Hände zittern und scheinen Halt zu suchen, doch sie finden nichts Greifbares. Nichts, dass ihm den Halt geben könnte den er sucht.
Sein Mund ist vor Erschöpfung zu einem Spalt geöffnet, seine Unterlippe hängt leblos herunter und aus seinen Mundwinkeln tropft Blut auf den kalten, grauen Boden des Käfigs.
Seine Zähne klappern im endlosen Sekundentakt der Uhr. Beinahe so, als würden auch sie nichts lieber wollen, als zu brechen. Von hier, vor mir, zu fliehen.
Wenn es ewig so weitergeht, wird er sterben.
Geballt schaue ich ihn an, versuche Worte zu finden, die ihn beruhigen könnten oder ihn zumindest daran hindern könnten weiter auf die Tür einzuschlagen.
Auf die Situation, dass ich hier vielleicht irgendwann mal in meinem Leben nicht mehr allein sein werde, habe ich mich zwar vorbereitet. Aber die Worte, die ich sprechen wollte, passen nicht.
Ich habe immer daran gedacht, dass dieser Mensch dann glücklich wäre nicht allein hier zu sein. Ich hätte tausende Worte gefunden, wenn es denn so wäre.
Aber auf so etwas habe ich mich nicht vorbereitet. Aufeinen Menschen, der lieber allein in einen Käfig gesperrt werden würde. Er mussmich hassen. Das alles hier scheint eine Folter für ihn zu sein. Aber was michnoch viel mehr einschüchtert ist, dass er nicht versucht hat, dass alles hier zu verhindern. Er hätte sich von einer Klippe stürzen können, sich erschießen lassen können oder Gift trinken können. Das wäre für ihn so viel mehr erträglicher gewesen als das hier.
Angestrengt schaue ich ihn an. Er wird so oder so sterben, wenn ich ihn helfe und auch wenn ich es nicht tue. Und ich habe die Befürchtung, dass alles noch schlimmer werden würde, würde ich ihm noch mehr Beachtung schenken, ihm helfen oder gar mit ihm reden.
Also beschließe ich es zu lassen.
Mein Blick schweift über ihn hinweg zu Tür. Seine Fäuste haben tiefe Einkerbungen in der Tür hinterlassen. Doch keine ist wirklich tiefer als die andere.Der metallene Glanz der Tür scheint auch unter ihm gelitten zu haben. Selbst seine Hände sind etwas silbern.
Immer noch zittern sie, aber jetzt nicht mehr so stark. Er scheint sich etwas beruhigt zu haben. Ich beobachte, wie er versucht seine Hände zu Fäusten zu ballen, um so das Zittern zu unterdrücken. Immer noch sichtbar pumpt sein Herz wie wild. Dennoch versucht er sich gegen die Erschöpfung, die sich in ihm ausbreitet, zu wehren. Seine Glieder zucken und dann dreht er sich zu mir um.
DU LIEST GERADE
The Cage
Fantasy17 lange Jahre. Ein Leben mit verborgener Identität in einem trostlosen Käfig. Ein Mädchen, dass nicht weiß wer und was sie ist, warum sie eingesperrt wird und sich die Anderen so sehr vor ihr fürchten. Aber allein soll sie dennoch nicht länger blei...