Ungläubig blickte er mich an. ,,Ist das hier ein Spaß für dich?'' protzte er verächtlich. ,,Wenn ja, hast du nicht mehr lange zum spaßen. Denn wenn du eins weißt,dann, dass es mir überhaupt keinen Spaß macht hier zu sein.''. Wütend pustete er die Strähne, die ihm ins Gesicht hing, nach hinten. Er sprang auf, raufte sich die Haare und trippelte minutenlang auf der Stelle und faselte irgendetwas von dem Wahnsinn und seinem sicheren Untergang. Ich konnte seine Worte kaum verstehen, aber das, was ich verstand ergab für mich keinen Zusammenhang. Es war ein völliges Wirrwarr an Wörtern. Er wirkte komplett in sich gekehrt, als hätte er mich fast schon vergessen. Doch da er so gut wie in jeder Minute die verging meinen Namen nannte, war mir bewusst, dass es nicht so war. Es schien wirklich so als hätte er was Ernstes gegen mich in der Hand, von dem ich selbst nicht einmal weiß. Sein Gefasel strengte ihn so sehr an,dass sich riesige Schweißperlen auf seiner Stirn bildeten. Diese formten wiederum eine Art kleiner Straßen, die sich komplett über sein ganzes Gesicht zogen. An einigen Stellen trafen sie sogar aufeinander und zwei Schweißperlen verbanden sich zu einer Größeren. Sie schmiegten sich den Weg an seinen Wangen entlang bis hin zu seinem Kinn, bevor sie auf den kalten Boden platschten. Alles geschah wie in Zeitlupe und ich war völlig abgelenkt, dass ich erst nicht bemerkte, dass der Neue sein Schauspiel beendet hatte und mich verwirrt ansah. ,,Was?'' fragte ich überrascht, als ich bemerkte, dass ich ihn angestarrt hatte. Etwas peinlich war das ganze ja schon gewesen, denn wer schenkte schon dem Schweiß eines x Beliebigen Typen Beachtung. Auch wenn es der einzigste Mann, überhaupt Mensch war, den ich bis jetzt zu Gesicht bekommen habe. Anstatt zu antworten runzelte der Neue aber nur fragend mit der Stirn. Ich tat es ihm gleich und Sekunden später bereute ich es auch schon. Da ich nicht wollte, dass er wieder einen seiner Anfälle erlitt, versuchte ich schnell die Situation irgendwie zu retten. ,,Ähmm..willst du ein Handtuch?'' stotterte ich. ,,Die sind direkt neben meinem Bett. Also wenn du eins willst,dann..''. ,,Muss ich mir Sorgen machen?'' unterbrach er mich mitten im Satz. Eine tödliche Stille lag zwischen uns und er sah mich vielversprechend an. Doch der Schein trog und auf seine gespielte Fürsorge folgte eine Konter. ,,Ich meine, die könnten ja vergiftet sein.'' lachte er schallend daher. Dieses schmutzige, hasserfüllte Lachen. Verdammt, warum tat er das immer. Erst tut er immer so, als würde er sich wirklich für mich interessieren, doch dann zerstört er wieder alles. Ich verstand ihn einfach nicht. Ich versuchte einfach seine Bemerkung zu ignorieren und nickte Richtung Handtücher. ,,Nimm dir, was du brauchst. Wasser kriegst du aus dem Waschbecken. Seife liegt direkt daneben.'' Immer noch lachend folgte er meinen Blick und fuhr sich mit dem Handrücken über die Stirn. Er roch an seiner Hand, dann an seinem Hemd und verzog sein Gesicht. ,,Puhh'' stöhnte er. Ohne mich zu beachten oder sich zu bedanken griff er nach dem Stapel Handtüchern neben meinem Bett und legte sie neben das Waschbecken. Er schaute eine Zeit lang auf einen silbernen Gegenstand, bevor er begann sein Hemd aufzuknöpfen.,, Ich habe noch nie in meinem Leben so sehr gestunken'' sagte er angewidert. ,,Wenn mich jemand so erblicken würde, würden sie mich drei Tage lang im Regen an einen Baum fest wickeln und Gabriel einladen.'' Er seufzte. ,,Ach, der Gabriel. So ein Schlitzohr. Aber in seinem Job ist er echt der Beste.''. Verstohlen sah er mich aus den Augenwinkeln an. Ich antwortete nicht, da er mehr mit sich selbst und seinen Erinnerungen sprach als mit mir. Als ich seinen Blick unaufdringlich auf mir spürte zog ich die Knie an meinen Körper und legte mein Gesicht zwischen meine Hände, die ich auf meine Knie gelegt hatte. Ich wollte ihn nicht länger stören und ihm beim Waschen zuzusehen wäre eher eine Bestrafung, denn wenn Blicke töten könnten wäre ich schon lange tot. ,,Noch nie einen Mann ohne Hemd gesehen?''schallte er. ,,Eine wahre Sensation für dich?'' protzte er lachend. ,,Kein einziger Blick? Wirklich nicht?''neckte er mich. ,,Komm schon Kleine. Sowas lässt man sich doch nicht entgehen.''. Genervt pustete ich mehrmals heftig auf. Wer dachte er eigentlich wer er war? Ich war definitiv nicht so jemand, der sich auf seine Spielchen einließ. Mein Gesicht sank tiefer in meinen Schoss hinein und meine Arme verschränkte ich vor meinen Knien. Niemals wird er so meine Aufmerksamkeit kriegen. Doch meine Ignoranz schien ihn nicht weiter zu bekümmern und er redete einfach weiter. ,,Putzt du danach auch für mich?'' fragte er verächtlich.,,Und höre mal, ich glaube dein Essen kannst du vergessen. Von dem bisschen was man hier kriegt werde ich selbst von zwei Portionen nicht satt.''. ,,Warum hast du Bücher, wenn du bestimmt eh nicht lesen kannst?''. Seine Fragen flogen nur so auf mich zu wie Kanonenschüsse. Mit jeder Frage stellte er mich immer mehr bloß. Er bohrte geradewegs durch das letzte bisschen Halt, was mich vor dem Zusammenfall schützte. Wie konnte er nur so gemein sein ohne mich und meine Geschichte zu kennen? Wie konnte man nur so dreist sein? Ich konnte einfach nicht mehr und ehe er noch ein Wort verlieren konnte sprang ich auf und schrie ihn an. ,,Ja, ich habe tatsächlich noch nie einen Mann ohne Hemd, geschweige denn einen Mann gesehen, denn hier in dem Käfig gab es seit 17 Jahren niemand anderen außer mich. Aber dann bist du ja aufgetaucht.'',,Du wagst es nicht mi..''versuchte er mich zu unterbrechen. ,,Stopp'' schrie ich ihn noch lauter an. ,,Dieses mal wagst DU es nicht MICH zu unterbrechen.'' Ich blickte ihn mit funkelnden Augen an. ,,Um eins klar zu stellen: Ich werde weder für dich putzen, noch darfst du mein Essen essen. Solange du hier bist kannst du auch für dich selbst sorgen, so wie ich es schon seit 17 Jahren tue. Und nein, ich besitze die Bücher nicht nur. Nein, ich lese sie auch. Was? Bist du jetzt überrascht?'' Wütend stampfte ich auf und verschränkte meine Arme vor der Brust. Er sah mich fassungslos an und rang offenbar selber mal nach den richtigen Worten, damit nicht alles aus dem Ruder lief. ,,Ok'' sagte er. ,,Ok?'' spottete ich. ,,Einfach nur ok? Mehr hast du nicht zu sagen?''. Ich durchbohrte ihn mit meinem Blick, doch er saß nur da und rieb sich mit Seife ein, nahm dann den Wassereimer und wusch sich ab.
![](https://img.wattpad.com/cover/88404338-288-k755547.jpg)
DU LIEST GERADE
The Cage
Fantasy17 lange Jahre. Ein Leben mit verborgener Identität in einem trostlosen Käfig. Ein Mädchen, dass nicht weiß wer und was sie ist, warum sie eingesperrt wird und sich die Anderen so sehr vor ihr fürchten. Aber allein soll sie dennoch nicht länger blei...