Unendlichkeit

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»Was ist Unendlichkeit?«, fragte mich mein Gegenüber und sah mir tief in die Augen.

»Ich weiß es nicht.«

»Du weißt es ser wohl!«, ich blieb dem Blick standhaft.

»Ich weiß es nicht!«

»Sag es!«

»Nein!«

»Dann wirst du es nie erhalten, du wirst nie am eigenen Leib erfahren was Unendlichkeit ist!«, mein Gegenüber schnaubte und der Blick wurde verächtlich.
»Du wirst sterben, wie jeder andere auch.«

»Na und? Das ist auch gut so!«, antwortete ich unbeirrt.
Ein irritierter Gesichtsausdruck.

»Es ist dir egal?!«, ein verblüffter Unterton.

»Ja, denn unendlich zu leben bedeutet, unendliches Leid mit sich zu tragen. Zeit meines Lebens ist dieses gering. Ich erfahre nur das Leid meiner Zeit. Doch unendlich zu leben heißt auch das Leid zukünftiger Generationen zu erdulden und das ist mir zu viel Last.
Außerdem: Was wäre das Leben, wäre es für immer. Es verlöre an Kostbarkeit, denn nur was begrenzt ist, wird geschätzt und geehrt.«

Mein Gegenüber blieb stumm. Denn es trug diese Last bereits. Mein Gegenüber war nur einer von vielen, die den Wunsch verspürten nach einem Unendlichen Leben.

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