12. Kapitel

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Der nächste Tag verlief zunächst recht schweigsam und entspannt: Nach dem Frühstück fuhr Leich-Anne in die Stadt, um eine neue Jeans zu besorgen und Jesy war mit ihrem Freund verabredet und zu ihm gefahren. Perrie war in einem der vielen Räume im ersten Stock verschwunden und Jade hatte sich mit einem Buch auf die Terrasse verzogen. Alle hatten Lilly gesagt, sie könne sich im Haus frei bewegen und das tat sie auch. Sie hatte sich vorgenommen das Haus ein bisschen zu erkunden. Da sie wusste, dass Perrie in einem der oberen Räume war und sie sie nicht stören wollte, trieb sie es erstmal in den Keller. Sie vermutete keinen gewöhnlichen Keller mit einer Waschmaschine und einem Wäschetrockner in einem dunklen, kalten Raum, und genau so war es auch nicht.

Auf dem Flur befanden sich vier Türen und da sie sich nicht entscheiden konnte, welche sie zuerst öffnen sollte, beschloss sie stattdessen, einfach alle nacheinander zu öffnen. Sie war nämlich auf der Suche nach einer ganz besonderen Sache und sie vermutete diese hinter einer der Türen.

Als sie die erste Tür öffnete, blickte sie einfach nur in ein dunkles Schwarz und es dauerte eine Weile, bis sie den Lichtschalter gefunden hatte und ihn anschalten konnte. Dann riss sie die Augen auf: In dem Raum befand sich neben einer Mini-Bar und einem kleinen schwarzen Ledersofa eine riesige Discokugel und zwei gigantische Boxen auf beiden Seiten des Raumes. Alles war gestaltet wie in einer Disco. Irgendwie hätte sie damit rechnen können, aber woher hätte sie wissen sollen, dass sich eine richtige Disco im Keller dieses Hauses befand. Wie wahrscheinlich war sowas?  Lilly hüpfte kurz durch den Raum und begutachtete die ganze Einrichtung, dann knipste sie das Licht aus und schloss die Tür wieder. Sie war auf der Suche nach etwas anderem.

Hinter der nächsten Tür befand sich tatsächlich eine laufende Waschmaschine, ein Wäschetrockner und ein Wäscheständer, der mit verschiedenen Sachen bedeckt war. Auch in dem Raum hielt sie sich nicht sehr lange auf. Doch als sie die nächste Tür öffnete, konnte sie ihren Augen nicht trauen. In mitten des hellblauen Raumes, in dem eine Wand komplett mit Noten bemalt worden war, stand ein riesiger schwarzer Flügel, auf dem ein Notenheft lag. Der Klavierhocker war der einzige Stuhl im gesamten Raum, aber an der Wand neben der Tür waren drei Regale befestigt, die mit Noten übersät waren. Obwohl der Raum nur zwei Fenster hatte, die am Rand des Raumes an der Decke lagen, war alles taghell und freundlich, da an der Decke LED-Streifen angebracht worden waren, die den Raum erleuchteten. Lilly war beindruckt und der Flügel zog sie magisch an. Nachdem sie alle Noten durchgeblättert hatte und feststellen musste, das sie das meiste der klassischen Noten schon gespielt hatte, griff sie sich ein Heft von Mozart und lief auf das schwarze Instrument zu. Langsam strich sie mit der Hand über das lackierte Holz, bevor sie sich auf den Hocker setzte und ihn auf ihre Höhe einstellte. Als ihre Finger die ersten Töne anspielten, lief ihr ein Schauer den Rücken hinunter. Wie sehr hatte sie diese vertrauten Bewegungen vermisst, auch wenn das letzte Mal, dass sie gespielt erst, erst wenige Tage zurück lag.  Erst spielte sie langsam und kontrolliert, doch dann wurde sie immer schneller, bis ihre Finger über die Tasten glitten und den Türkischen Marsch in einem unbegreiflichen Tempo erklingen ließen.

Jade hatte den Vormittag genutzt, um endlich ihr neues Buch zu lesen: "Mein Sommer nebenan" von Huntley Fitzpatrick. Sie war in den letzten Wochen nicht wirklich dazu gekommen und alle meinten, das Buch sei so gut. Sie hatte gerade die ersten neun Kapitel gelesen, als sie hörte, wie jemand unter ihr im Musikzimmer einige Tasten des Klaviers drückte und immer schneller wurde, bis ein Stück unglaublich schnell und präzise erklang. Sie legte ihr Buch zur Seite und lauschte , was unten passierte. Ihr war direkt klar, wer da unten im Keller war, denn von ihnen konnte keiner so gut spielen und außerdem war außer Perrie und ihr  keiner zuhause. Da sie hier draußen war und sie wusste, das Perrie oben im Studio war und an einem Song weiter arbeiten wollte, blieb niemand außer Lilly über. Diese hatte ja gesagt, das sie Klavier spielen konnte, aber das sie so gut war, hatte sie nicht gedacht. Sie stand auf und ging durch die Terrassentür durch den Raum die Treppe herunter in den Keller. Vor der Tür des Klavierzimmers blieb sie kurz stehen und lauschte den verschiedenen Liedern, die darin gespielt wurden. Es ging von Bach über Bizet, bis hin zu Beyonce, alles gespielt mit einer Genauigkeit, die trotzdem leicht und einfach klang. Vorsichtig öffnete Jade die Tür und trat in den Raum, den sie so mochte. Sie und Leigh-Anne hatten sich besonders für diesen Raum eingesetzt und ihn selber gestaltet. Als sie auf Lilly zu lief, die vorher mit dem Rücken zu ihr gesessen hatte, drehte diese sich erschreckt um und sah sie mit großen Augen an: ,, Es tut mir Leid, dass ich hier rein gegangen bin, aber ich hab den Flügel gesehen und da musste ich einfach spielen. Ich hoffe, du bist nicht sauer." Jade sah sie lächelnd an:,, Nein, Nein! Alles Gut. Ich hab dich spielen gehört. Das Fenster war auf." Sie zeigte mit dem Finger an die Decke.,, Du spielst echt gut. Wie lange musstest du üben, bis du so gut warst? Mach weiter! Ich hör dir gerne zu." Ihr war der traurige Schatten nicht entgangen, der über Lilys Gesicht geglitten war, als sie ihre Fage gestellt hatte. Also versuchte sie sie aufzumuntern und ging zu den Regalen, wühlte kurz in den Heften und brachte ihr eins davon. Das Salutenotenheft. Die Seite von 'Towers' war aufgeschlagen ,,Kannst du das spielen?" Diese nah ihr die Noten zögerlich ab und warf einen kurzen Blick darauf, dann nickte sie schnell.,, Soll ich die Begleitung oder die Melodie spielen?" Jade überlegte kurz, dann sagte sie:,, Die Begleitung!"

Lilly nickte wieder, dann fing sie an zu spielen. Jade wartete das Vorspiel ab, bevor sie leise anfing, die Melodie von Towers dazu zu singen. Zusammen spielten sie die erste Strophe und beide waren so vertieft, dass keiner die beiden Mädchen bemerkte, die zu ihnen in den Raum getreten waren. Jade drehte sich erfreut um und Lilly zuckte auf ihrem Hocker zusammen, als Perrie und Leigh-Anne plötzlich zwei verschiedene Stimmern dem Refrain hinzufügten und den Raum mit einem wunderbaren Klang füllten.

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