Ich bin glücklich, die nächsten Tage nicht bei Wesley zu verbringen. Keine Schläge, kein anschreien und keinen Psychoterror mehr.
Doch während Isaac und ich auf dem Weg zu ihn sind und ich darüber nachdenke, wieso er das für mich tut, schleicht sich der Gedanke an, dass Isaac nur ein Spiel mit mir treibt und hinter meinen Rücken, Wesley alles gesagt hat.
Isaacs Haus ist klein, aber genügt. Es ist vollgestellt mit alten Möbeln und zwei Betten. Aber es ist sauber.
Er teilt sich das Haus mit Bancook, wie er ihn nennt, der unten ist und ziemlich überrascht ist, mich zu sehen. Wir kennen uns noch, deshalb steht er auf und lächelt. Er weiß aber nicht so recht, ob er mir seine Hand geben oder lieber nichts tun soll. Ich lache deshalb und es ist das ehrlichste lachen, was ich nach langer Zeit zustande kriege.
„Du möchtest sicher Duschen.", stellt er fest und verschwindet kurz, um wenig später mit frischen Handtüchern wieder zu kommen, die er Isaac in die Hände drückt.
Isaac reagiert daraufhin genervt und verschwindet sofort nach oben, aber nicht, ohne mir zu sagen, dass ich nichts anfassen soll.
„Möchtest du etwas trinken?"
„Ja, bitte. Habt ihr Wodka?"
Das brauche ich gerade im Moment. Denn Isaac hat oben zwei Betten, was heißt, ich muss mir ein Zimmer mit ihm teilen und das passt mir nicht besonders.
„Kommt sofort." Er lächelt.
Bancook war mir von Anfang an Sympathisch. So wie es aussieht, ist er der einzige normale in dieser Stadt.
Er kommt zurück und schenkt mir sofort ein bisschen ein.
„Wie kommt es, dass Isaac dich mit hierherbringt?"
„Keine Ahnung." Das ist die Wahrheit. Ich habe keine Ahnung, wieso er mich mitgenommen hat. Aber was ich mich eher Frage, ist, wie er Wesley dazu gebracht hat, ja zu sagen.
„Das ist komisch. Nichts gegen Isaac- vielleicht ein bisschen- aber er kann Menschen nicht sonderlich leiden. Jedenfalls glaube ich das. Mich mag er nur, wenn er etwas getrunken hat."
„War er schon immer so?", frage ich und schenke mir mehr Wodka ein.
Bancook zuckt mit den Schultern und greift nach der Flasche. „Ich glaube schon", antwortet er und trinkt einen Schluck.Bancook und ich saßen ungefähr eine halbe Stunden und unterhielten uns, bis wir die halbe Flasche Wodka geleert hatten. Dann beschloss ich nach oben zu gehen, zu duschen und nachzusehen, was Isaac so ganz allein treibt.
Als ich dann zurück ins Wohnzimmer komme, was gleichzeitig auch das Schlafzimmer ist, spielt Isaac Schach. Allein. Und sitzt auf einen braunen Sessel.
„Hast du irgendwo Wodka?", stelle ich ihn die Frage, während ich mir einen Pferdeschwanz binde, und durch das Zimmer laufe.
Wieso spielt er allein Schach?
„Im Schrank dort drüben." Er nickt in Richtung eines kleinen, unfehlbaren, braunen Schrankes. Das erste, was ich erblicke, sind zwei Flaschen Wodka. Ganz schön Klischeehaft, wenn man mich fragt. Gläser finde ich darin auch. Ich nehme zwei und setze mich in seine unmittelbare Nähe, um ihn beim Schach spielen zuzusehen.
Er hat eine Hand nachdenklich an seine Schläfe und die andere, auf seinen Schoß. Er wirkt ganz konzentriert, wie jemand, der eine schwierige Matheaufgabe lösen muss.
„Hör auf mich anzustarren.", murrt er und macht einen Zug.
Ich schenke mir Wodka in ein Glas und nicke ihm damit zu. „Auch eins?"
„Nein, danke.", erwidert er und setzt bereits den nächsten Zug.
„Dann bleibt eben mehr für mich."
Ich setze das Glas an meinen Mund und trinke es mit einem Schluck leer. Kurz verziehe ich das Gesicht vor ekel, aber dann geht es und es brennt nur noch ein wenig im Hals.
Wodka schmeckt immer noch so scheiße, wie ich ihn in Erinnerungen habe. Aber ich trinke ihn nicht, weil er schmeckt, sondern weil er mir beim Schlafen hilft. Und zum vergessen. Aber vor allem, werde ich ganz locker. Das ist mein sechstes, kleines Glas.
Isaac sieht mich an. „Brauchst du ein größeres Glas?"
Ich zucke mit den Achseln. „Hilfst du mir die Flasche auszutrinken?"
„Nein, danke.", antwortet er wieder und konzentriert sich dann voll und ganz auf sein Schachspiel.
„Macht das Spaß?", erkundige ich mich und fange einen gereizten Blick ein.
„Du nervst. Ich kann mich nicht konzentrieren."
Ich sehe ihn einige Augenblicke an, bis ich mir ein weiteres Glas einschenke und es austrinke. Der brennende Schmerz vergeht genauso langsam, wie beim vorherigen, aber das stört mich nicht weiter, weil ich mich daran gewöhnt habe.
„Funktioniert der Plattenspieler?"
„Denk nicht mal dran, jetzt Musik zu hören!", warnt er mich, als ich mit dem Wodka und dem Glas aufstehe. Ich antworte ihn nicht, weil ich genau das tun werde. Zwischen den beiden Einzelbetten, steht der Plattenspieler und darunter ist eine Box voller alter Schallplatten. Leider habe ich keine Ahnung, welche davon gut ist, also entscheide ich mich für eine x- beliebige.
Die Musik geht an und auch wenn sie nicht gut ist, packt mich die Lust zum Tanzen.
Also drehe ich mich einmal um die eigene Silhouette, trinke einen Schluck Wodka aus der Flasche und stelle amüsiert fest, dass Isaac wie ein wütender Bär auf mich zu kommt.
„Zwing mich nicht..."
Ich stelle mich vor den Plattenspieler und sehe zu ihm auf.
„Ich soll dich zu was nicht zwingen?", provoziere ich ihn.
Er versucht an mir vorbei zu kommen, macht einen Schritt nach links, aber das gleiche tue ich auch. Sein Blick wird wütend und seine Stimme bebt, als er sagt, dass ich ihm aus den Weg gehen soll. Zuckersüß lächele ich ihn an und packe seine Handgelenke, die er mir sofort wieder entreißt.
„Was soll das werden?", fragt er verärgert.
„Allein tanzen macht keinen Spaß." Ich zwinkere ihm zu und er sieht auf mich herab, mit gerunzelter Stirn, immer noch etwas verärgert.
„Kein Interesse. Geh zur Seite."
„Wann hast du das Letzte mal mit einer Frau getanzt?"
„Du bist keine Frau."
„Ich bin 23", sage ich trotzig und verschränke die Arme, doch dann presse ich meine Hand, auf meinen Mund. Das wollte ich nicht verraten. Jetzt hat er etwas gegen mich in der Hand. Das hatte er zwar davor auch schon, aber wenigstens hätte ich mit meinen Alter lügen können.
Mir fällt jedoch ein, dass ich ebenso etwas gegen ihn in der Hand habe, also stört es mich nicht weiter. Und da keine Reaktion von ihm kommt, beschließe ich wieder seine Handgelenke zu nehmen und tanze. Erst nach links und dann nach rechts. Die Musik bringt meine Beine dazu, von ganz allein alles zu machen. Und auch wenn Isaac erst die Augen verdreht, bewegt er sich mit mir. Wenn ich mich nicht täusche, sehe ich sogar den Hauch eines Lächelns und das bereitet mir pure Freude.
„Siehst du, ist doch gar nicht so schwer."
Er verdreht wieder kurz die Augen, aber dann lässt er mich nicht aus dem Auge. Ich hebe seine Hände, ohne mit dem tanzen aufzuhören und bevor er sich versieht, schlage ich, besser gesagt er, sich selbst ins Gesicht und er erstarrt, sieht mich mit aufgerissenen, verärgerten Augen an und ich lache kurz auf.
„Tut mir leid. War nicht meine Absicht." Doch war es.
Ich setze wieder ein ernstes Gesicht auf. Als ich mich näher vor ihm hinstelle, ohne ihn loszulassen, beruhigt er sich wieder und beginnt weiter meinen Schritten zu folgen.
Jetzt lächelt er sogar und als ich sein lächeln mit einem Grinsen erwidere, wendet er seinen Blick gerade aus.
Also verpasse ich ihn wieder einen Schlag, mit seiner eigenen Hand ins Gesicht und er reißt sich von mir los und hebt seinen Finger. „Pass auf, was du tust!", knurrt er mich an und ich drehe mich um, trinke einen Schluck Wodka, als ginge mich das ganze rein Garnichts an. Aber Isaac reißt mir die Flasche aus der Hand und funkelt mich wütend an.
„Ich weiß ja nicht, für wem du dich hältst, aber nur, weil ich..."
Ich drehe mich ruckartig zu Isaac um, lege meine Arme um ihn und schubse ihn gegen seinen Sessel, aber er hält mich fest, sodass ich mich nicht rechtzeitig lösen kann und zieht mich mit nach vorn. Wir fallen auf seinen Holztisch, worauf sein Schachspiel steht und es kracht zusammen. Er dreht sich, sodass ich unter ihn liege und sieht mich an.
„Du hast sie nicht mehr alle!", knurrt er, hält mich fest, ich kann mich nicht bewegen.
„Lass mich los!"
Ich gebe ihn eine Kopfnuss. Damit hat er nicht gerechnet und ich wechsele unsere Position, bis nun er wieder unter mir liegt. Ich habe jeweils eine Hand neben seinen Kopf und will mich aufstützen, davon hält er mich aber ab und hält meine Unterarme fest. Mir ist schwindelig und schlecht vom Alkohol. Würden wir nicht so daliegen, würden mir glatt die Augen zu fallen.
„Gefällt dir das?", frage ich provokant und er drückt meine Arme fester.
„Du bist verrückt."
„Und du viel zu steif!"
Ich begreife erst im Nachhinein, wie falsch sich dieser Satz angehört hat, aber da ist es schon zu spät, ihn zurück zu nehmen und anders zu formulieren.
„Laureen" Inzwischen ist seine Stimme kaum noch mehr als ein krächzen.
Ich muss meine Arme lockern. Seine Hände rutschen nach oben und ich stütze mich mit meinen Ellenbogen, statt mit meinen Händen ab, und komme ihn näher, als ich eigentlich sollte und als mir gefällt. Sein Atem ist flach, unregelmäßig. Sein Blick wild.
„Du hast zu viel getrunken", knurrt er.
„Und du hast nichts getrunken. Trotzdem liege ich auf dir. Was sagt das über uns aus?"
„Das du schwer bist!", blafft er, ohne sich zu bewegen.
„Und du bist unverschämt."
„Und du bist nervig."
Ich lasse meinen Kopf sinken, sodass seine Nase meine berührt.
„Nein, du bist einfach immer gereizt."
„Von dir", fügt er hinzu.
„Damit kann ich leben.", erwidere ich. Ich sehe auf seinen Mund, der halboffen steht, dann in seine Augen, die mich abwartend anblicken.
Seine Hände rutschen meinen Rücken entlang, sie sind warm, halten mich fest, bieten mir keine Chance aufzustehen oder aufzurichten. Ich bin gefangen und es macht mir nichts aus, weil ich betrunken bin.
Jeder andere Mann, hätte bereits probiert, mich zu küssen, aber Isaac besitzt die Selbstbeherrschung, mich mit seinem Blick zu fragen. Und erfülle ihn beinahe diesen gefallen, aber ich bin so müde vom Alkohol. Als meine Lippen beinahe auf seinen Liegen, schließt er die Augen und ich tue es ihm gleich. Für den Hauch einer Sekunde, liegen sie aufeinander und ich kann nicht fassen, dass ich das wirklich tue. Inzwischen aber, rückt mein Kopf zur Seite, meine Lippen liegen leicht auf seiner neuerdings rasierten Wange, was mir nicht aufgefallen war und ich schließe die Augen, bin fast weg, irgendwo im nirgendwo.
Ich kann hören, wie jemand frustriert und leise stöhnt. Dann bin ich vollkommen weg.
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Psycho Love
Terror❎Achtung: Das Buch enthält Gewalt und Sexuelle Inhalte❎ ➖➖➖➖➖➖➖➖➖➖➖➖➖➖➖ "Du bist krank!" Ich stehe langsam auf und gehe rückwärts zur Tür. "Ich bin krank? Findest du?" Er dreht sich um und rennt auf mich zu. Ich renne ebenfalls los. Die Treppe hoch...