Mondlicht

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(High) Fantasy ist das Genre, dem nachgesagt wird, dass es einem die Möglichkeit gibt, bedingungslos über alles zu schreiben, was einem gerade in den Sinn kommt. »Mondlicht« von Jallou ist ein Buch, welches man eindeutig dem Fantasy-Genre zuordnen kann und tatsächlich sind in den bisher zehn Kapiteln plus Pro- und Interlog schon sehr viele verschiedene Elemente zu finden, wie die Möglichkeit durch verschiedene Welten zu reisen, eine Organisation, die wohl am ehesten der Mafia entspricht und von einer Handvoll Halbstarker geführt wird und der radikale Glaube an eine Mondgöttin, über die nichts weiter bekannt ist, als dass sie scheinbar bedingungslos verehrt wird.

Die Handlung folgt den Erlebnissen der adoleszenten Kronprinzessin Naluna, die ihr Leben ausschließlich im Palast verbracht und deren Erziehung anscheinend soweit versagt hat, dass sie nun um jeden Preis eine Rebellin sein will, sich gegen ihre Mutter stellt und auf einem Streifzug durch den Wald nahe ihrer Heimatstadt durch ein Weltenportal an einen ihr fremden Ort gerät.

Dort trifft sie auf den siebzehnjährigen Chenero, der sich trotz seines jungen Alters einen Namen als »Schutzherr« gemacht hat und somit im Grunde die örtliche Mafia führt. Gemeinsam mit ihm, seinen Geschwistern und zwei weiteren Anhängseln, macht Naluna sich auf den Weg zurück in ihre Welt, die sie auf einmal mit anderen Augen sieht und wo schneller als gedacht, ihr Leben beginnt in Schutt und Asche zu verfallen. Wortwörtlich.

Das Lesen von »Mondlicht« hat deutlich mehr Zeit in Anspruch genommen, als ich ursprünglich gedacht habe. Dabei sind die Kapitel mit einer geschätzten Länge von 3000 Wörtern wirklich angenehm eingeteilt, doch es gab genügend andere Aspekte, die negativ mit hineingespielt und mich mal wieder über verschenktes Potential haben aufregen lassen.

Beim ersten Blick auf das Buch erkennt man, dass es sich um eine Baustelle handelt, einen ersten Entwurf, der noch nicht zu hundert Prozent ausgereift ist. Der Titel ist äußerst vage und wenn man bedenkt, dass die Mondgöttin bisher noch keine große Relevanz hatte und ihre Bedeutung für den Plot bis jetzt nur angedeutet wurde, nehme ich ihn eher als Richtungsweiser.

Sowohl Klappentext als auch Prolog machen das Schicksal zu einem großen Thema und machen deutlich, dass das Universum – oder doch nur Nalunas Welt? – von einer ungewissen Macht determiniert sind, die man auch die Mondgöttin nennt. Dieser Tatsache scheint sich allerdings niemand so richtig bewusst zu sein, was mich an einigen Stellen gestört hat. Ich hätte mich über mehr Erwähnung der Göttin gefreut und zwar durch die ganze Geschichte hindurch. Gerade wenn man in einer fremden Welt landet, kann ich mir vorstellen, dass man sich an das einzig vertraute klammert, das einen dorthin begleitet haben könnte.

Stattdessen bleibt der Kult um diese riesige Macht eher ein Mysterium und das führe ich hier leider auf mangelnd eingebrachtes Worldbuilding zurück und nicht darauf, dass es mystisch bleiben sollte. Zum einen würde es keinen Sinn machen aus Nalunas Perspektive zu erzählen, wenn sie mit Geheimnissen rund um die Mondgöttin vertraut ist und diese essentielle Plottwists versprechen, zum anderen sind die beiden Welten, die man bis jetzt kennenlernen durfte beide nicht weiter ausgearbeitet.

Man weiß, dass in Nalunas Heimat eine Monarchie herrscht, sie matriarchalisch ist und Magie aus unbestimmten Gründen verboten wurde, während es in Cheneros keine anderen Infos gibt, als die, dass dieser Dreikäsehoch aus mir unverständlichen Gründen Schutzgeld von gestandenen Männern eintreibt und dann nicht mal Schutz gewährt, weil es mehr als genug Wachen gibt, die man niemandem zuordnen kann, welche diese Aufgabe unnötig machen und natürlich auch erschweren, denn schließlich ist er ein Krimineller.

Man sieht also, es gibt einige Logikfehler, die alle irgendwie damit zusammenhängen, dass die Welten nicht ausreichend beschrieben und charakterisiert werden und man nicht einmal aktiv etwas von ihnen mitbekommt, da sich alles im Palast der im Untergrund abgespielt hat. Das kann zwar als Stilmittel funktionieren, aber nicht, wenn es zu so offensichtlichen Mängeln hinsichtlich der Stringenz führt.

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