Lügen der Unsterblichkeit

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Manchmal kommt einem eine schlechte Geschichte unter und man fragt sich, ob sie aufgrund des Nichtkönnens des Autors oder dessen Faulheit zu einem Trauerspiel für den Leser verkommen ist. Bei »Lügen der Unsterblichkeit« von michelle162000 handelt es sich um ein solches Werk und es mag vielleicht vermessen sein, direkt am Anfang einer Rezension so direkte Worte zu nutzen, aber etwas anderes ist mir an dieser Stelle nicht möglich.

Die Handlung – oder eher die Aneinanderreihung scheinbar willkürlicher Ereignisse – beginnt, wie ich annehme, in unserer Zeit. Jonas, wohl gerade der schlimmsten Phase der Pubertät entwachsen, ist ein Sohn des Poseidon und wird wie zwölf andere Halbgötter von Zeus auf eine Mission geschickt: dem Herren des Olymp das sagenumwobene Schwert Excalibur zu verschaffen.

Auf magische Weise wird der planlose Protagonist ins England zur Zeit der Völkerwanderung teleportiert, wo er zunächst auf die anderen halbmenschlichen Sprösslinge der griechischen Götter trifft, welche denselben Auftrag verfolgen wie er. Dass diese genauso jung und unerfahren sind wie er, endet nach nur wenigen Szenen in einem Massaker und bis auf Jonas, sein Love Interest Sarah und den entweder wie angegeben zehnjährigen oder wie mir eher scheint geistig zurückgebliebenen Luke, werden alle niedergemetzelt.

Mit dem nun stark dezimierten Trupp an Hauptfiguren werden von da an am laufenden Band Gefahren verschiedenster Art bewältigt, gegen Drachen und schwarze Magier gekämpft, sich mit Artus und Merlin verbündet und mit ihnen versucht die Sachsen aufzuhalten. Ganz nebenbei findet Jonas heraus, dass er eigentlich ein Engel ist und Sarah auch.

Man möchte zunächst meinen, dass 96 Kapitel halbwegs genügen würden, um diesem Schwall an Handlung gerecht zu werden, doch diese haben eine Länge von nur dreihundert bis maximal eintausend Wörtern, wobei sich eher an der unteren als der oberen Grenze orientiert wird.

Wer versucht, einen epischen Kampf auf nur zwei Buchseiten unterhaltsam, fesselnd und atmosphärisch zu schildern, wird scheitern. Dieses Vorgehen ist in »Lügen der Unsterblichkeit« allerdings nicht die Ausnahme, sondern die Regel, worin eines der beiden großen Probleme dieses Werkes besteht.

Es gibt nicht eine einzige Szene, in der die innere Handlung berücksichtigt wird (obwohl durchgängig in der ersten Person geschrieben wird) und auch die äußere ist stark in Mitleidenschaft gezogen. Man kommt sich die meiste Zeit über vor, als würde man einen gekürzten Zeugenbericht lesen, der zwischendurch von noch knapperen Dialogen unterbrochen wird.

Aufgrund dessen kann zum einen keine Atmosphäre aufkommen, was schnell lieblos wirkt und verhindert, dass man in die Geschichte eintauchen kann, wie man so schön sagt. Zum anderen kommt es zu großen Lücken in der Handlung, die diese nicht nachvollziehbar machen. Gerade, wenn Ortswechsel nicht mehr ersichtlich sind, sollte an dieser Stelle die Notbremse gezogen und deutlich ausführlicher beschrieben werden. Und damit meine ich keine unnötigen Details, sondern solche, die dazu beitragen, die Geschehnisse lebendig zu schildern, ein Bild im Kopf des Lesers entstehen zu lassen und ihn mit den Charakteren mitfiebern zu lassen.

Diese sind durch die mangelhaften Ausführungen ebenfalls stark betroffen und waren von Anfang an dazu verdammt als Pappaufsteller zu verenden. Keinem der Akteure kann ich auch nur einen einzigen Charakterzug zusprechen, denn alles Handeln dient allein dem Voranbringen der Situation und hat nichts damit zu tun, über welche individuellen Eigenschaften die Figuren verfügen.

Nicht einmal die beiden, durch deren Augen man das Geschehen verfolgt haben auch nur eine Einstellung, außer dass sie irgendwann Gefühle für den jeweils anderen entwickeln und anscheinend auch das kleine Anhängsel Luke mögen. Doch wie sich die Beziehungen entwickelt haben, ist mir ein Rätsel. Mitfühlen ist also von vorne bis hinten unmöglich.

Wie man sich schon denken kann, ist der Schreibstil der Kapitellänge entsprechend äußerst knappgehalten. Es finden sich viele kurze Sätze, allerdings überwiegen die Parataxen nicht, sodass ein Lesefluss aufkommt, wenn es auch nicht sonderlich schön ist und noch deutlich optimiert werden könnte. Gerade in den Kapiteln, die sehr rasch geschrieben wurden, fehlt die sprachliche Flexibilität.

Positiv anzumerken ist allerdings, dass eine kleine Verbesserung des Stils im Laufe der Kapitel zu vernehmen ist, was sich vor allem im Wortschatz zeigt, auch wenn die Rechtschreibung von Wörtern wie Takelage (im Buch »Takelasche« geschrieben, Mike Krüger lässt grüßen) vorher lieber noch einmal überprüft worden wäre. Nun gut, immerhin weiß man so, dass es tatsächlich Teil des aktiven Wortschatzes der Autorin ist, was eine gute Aussicht auf das gibt, was sie womöglich in der Lage wäre zu schreiben.

Ein weiterer Aspekt, der mir ausschließlich negativ im Kopf geblieben ist, beim Lesen allerdings für einige unfreiwillige Lacher gesorgt hat, ist die historische Komponente, die dem Roman zwingend auferlegt wurde, da er etwa im fünften bis sechsten Jahrhundert nach Christus spielt. Bis zu einem gewissen Grad ist diese Zeit auch recherchiert worden, ansonsten wäre nicht so viel Fokus auf einen Angriff der Sachsen gelegt worden, doch alles, was weitergeht als das, weist viele Ungenauigkeiten auf.

So zum Beispiel greifen besagte Invasoren in großen Scharen vom Meer aus an und es wird sich eine Seeschlacht geliefert (mit Drachen natürlichen, Kanonen und andere Feuerwaffen gab es ja noch nicht), die so nicht stattgefunden haben wird.

Eine weitere Unstimmigkeit, die mich mehrere Male zum Lachen gebracht hat, ist die ständige Erwähnung von Gott in den uns allen bekannten Phrasen wie »Gott sei Dank« oder »Oh mein Gott«. Bei den Jugendlichen aus unserer Zeit kann ich das noch halbwegs nachvollziehen, auch wenn sie ja im Auftrag anderer Götter handeln und solche Ausrufe womöglich als Blasphemie gedeutet werden könnten, doch wenn der große Druide Merlin den Gott der abrahamitischen Religionen anruft, ist das äußerst amüsant. Der einzige, der das da darf, ist Artus.

Den militärischen Rang des Leutnants hat es zu dieser Zeit ebenfalls noch nicht gegeben.

Doch ich schreibe das hier nicht, um geschichtliche Verfehlungen aufzuzählen, denn es gibt noch einen weiteren großen Problempunkt, der über allem anderen schwebt und dieser ist die vollkommene Planlosigkeit, die sich in einem fehlenden Spannungsbogen und Redundanz manifestiert hat.

Die ursprüngliche Mission, das Beschaffen des Schwertes, wird im Grunde mit keinem weiteren Wort erwähnt. Stattdessen wird in regelmäßigem Abstand einer aus der Truppe gefangengenommen, irgendwer greift an und es werden daraufhin weitere magische Fähigkeiten offenbart, die in keiner Weise erklärt werden (ja, an Worldbuilding mangelt es auch enorm) und das Ganze geht wieder von vorne los. Es gibt kein Ziel, keine Charakterentwicklung und nicht einmal ein Ende. Das Buch endet nämlich abrupt mit einem Cliffhanger in einer der zahlreichen dramatischen und hochgefährlichen Situationen und wird einem zweiten Band fortgeführt.

Und was die titelgebende Unsterblichkeit damit zu tun hat, über die im ersten Kapitel in schlechtem Geschwurbel pseudophilosophiert wird? Ich habe nicht dir geringste Ahnung und selbst wenn irgendwann mal ein Hinweis gedroppt wurde, habe ich ihn gekonnt überlesen, denn das Bisschen an Information, das gegeben wird, ist mit jeder willkürlichen Erweiterung der von der Autorin gewünschten Mythologie, ohnehin wieder nichtig.

Es ist schwierig ein Buch zu schreiben, das so viele verschiedene Kulturen und Mythen einschließt und wenn an ein solches mit vollkommener Planlosigkeit herangegangen wird und es dann auch noch weitergeführt wird, um sich mit einer großen Anzahl an Leserzahlen rühmen zu können und dadurch die ohnehin schon bescheidene Qualität leidet, kann es nur in einer Katastrophe enden.

Wer seine Unterhaltung in den unfreiwillig lustigen Momenten sucht, die ein Trash-Roman zu bieten hat, sich aber nicht mit dem ganzen Drumherum aufhalten will, ist mit »Lügen der Unsterblichkeit« gut bedient, alle anderen nicht.

Ich weiß wie gesagt nicht, in welchem Verhältnis Unvermögen und Unlust hier zueinander stehen, aber es nichts dabei rumgekommen, das in irgendeiner Art und Weise lesenswert wäre.

Das einzige, was ich hoffe, ist, dass die Autorin etwas für die Zukunft daraus mitgenommen hat und sich in Zukunft mehr darauf konzentriert, etwas Anständiges zu Papier zu bringen, anstatt möglichst schnell zu updaten.

)Bɓ

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