Kapitel 9

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Ich sitze fest. Eingesperrt im Keller, hinter einer dicken Holztür verborgen. Ich komme mir vor wie in einer Zelle. Ich schlage auf das Kissen ein. So bleibe ich in Form und reagiere mich ab. Mein Prinz wird mich nicht retten kommen, zumindest nicht Bell, da der vermutlich total wütend ist und er leider leider damit Recht hat. Was mache ich jetzt nur? Mein Seelenspiegel hasst mich und ich kann mich nicht einmal bei ihm entschuldigen, weil ich hier drin festsitze. Freya, verdammt, wo steckst du? Ich spüre Bells Wut und trotz allem bin ich so erleichtert, dass ich in Tränen ausbreche. Du kannst dir nicht vorstellen, wie froh ich bin dein Stimme zu hören, antworte ich und lasse die Freude unverholen. Das kann ich mir nicht vorstellen, Freya. Sonst würde ich dich nämlich jetzt im Arm halten und nicht so mit dir kommunizieren, knurrt Bell. Bell, hör zu, ich..., setze ich an. Ich weiß, was du sagen willst. Es tut dir leid, schon klar. Aber weißt du was? Das hättest dir überlegen sollen, bevor du abgehauen bist! schreit er. Bellamy, ich habe das verdammt nochmal gemacht, damit du und deine Familie keine Probleme kriegen! schreie ich ebenfalls, da er mich anders nicht zu hören scheint. Die Wut beginnt in meinem Inneren zu brodeln und mir wird heiß. Seelenspiegel sollen ein Team bilden, Freya, aber du machst lieber alles im Alleingang! brüllt Bellamy und ich spüre, wie in meinem Kopf Schmerz explodiert, als Bell auf eine Wand einschlägt. Vielleicht liegt es daran, dass du gar nicht versuchst, mich zu verstehen? fauche ich. Er hat nicht einmal versucht, mich zu verstehen. Er hat es nicht versucht! Wage es nicht, den Spieß um zu drehen! kommt es von ihm und ich schlage vor Wut auf die graue Wand ein. Ich dreh den Spieß nicht um, Black, ich zeig dir deine verdammten Fehler auf! schreie ich. Du machst doch alles im Alleingang! entgegnet er. Dann überleg dir mal, warum ich das mache, verdammt! zische ich und schlage gleich nochmal auf die Wand ein, diesmal mit der anderen Hand. Du kannst nicht von mir erwarten, dass ich einfach still sitzen bleibe, Freya, das habe ich dir von Anfang an klar gemacht! Aber was erwarte ich eigentlich? Du hattest ja keine Ahnung, was es hieß, einen Seelenspiegel zu haben! Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn du nicht mein Seelenspiegel geworden wärst! schreit Bellamy. Ja, vielleicht wäre es das! Vielleicht würde mich ein anderer Seelenspiegel verstehen! brülle ich, während mir Tränen der Wut und des Schmerzes übers Gesicht laufen. Wütend kappe ich die Verbindung. Vielleicht wäre ein anderer Seelenspiegel besser gewesen. Ein weiterer Boxhieb auf die Wand. Ein Tritt. Noch ein Hieb mit den Händen. Dann werfe ich mich mit meinem ganzen Gewicht gegen die Wand und es kracht gehörig. Aber das ist mir egal. Ein weiterer Schlag gegen die blöde Wand. Und noch einer. Ein weiterer Tritt. Mir rinnt das Blut über die Fingerknöchel und ich habe eine Wunde an der Schulter, die mein Shirt durchnässt, aber das ist mir egal. Ich schlage auf die Wand ein, als würde ich sie umbringen wollen. Meine Hände sind taub und ich spüre keine Schmerzen, da der Adrenalin-Pegel in meinem Blut zu stark ist. Ich will nicht aufhören. Mit einem Schrei werfe ich mich wieder gegen die Wand. Ich lehne mich mit dem Rücken an die Wand und sinke daran herunter, als ich schließlich zusammen breche. "Lasst uns zu ihr!" Ich höre Ashs Stimme erst jetzt und er klingt fast verzweifelt. "Ich habe meine Befehle!" antwortet Klaus, Severins Handlanger. "Das wissen wir, aber sie tut sich dadrin irgendwas an und ich will lieber nicht in deiner Haut stecken, wenn sie verletzt ist", knurrt Jesaja. "Da kann ich nichts für", erwidert Klaus, aber er scheint eingeschüchtert von Jes. "Willst du uns nicht da rein lassen, Klaus?" fragt Ash und seine Stimme hat diesen bestimmten, hypnotischen Klang angenommen, wenn er Menschen bezaubert. "Natürlich", murmelt Klaus und er klingt abwesend. Er hatte keine Ahnung, wozu Ash in der Lage ist. Die Tür öffnet sich und ich sehe meine Freunde herein stürmen, während ich zitternd und schluchzend am Boden sitze. "Oh mein Gott", haucht Jes, als sein Blick auf die Wunde an meiner Schulter und meine zerschundenden Fingerknöchel fällt. "Es ist alles gut, Frey", redet Ash auf mich ein, als er sich mir nähert. Mein Kumpel kniet sich neben mich und hebt mich auf seinen Arm, an dem ich mich sofort festkralle. Ich schluchze wirklich. So sehr, dass ich einen Kloß im Hals habe und nicht mehr damit aufhören kann. "Es ist alles gut", murmelt Ash beruhigend. Mein Kumpel trägt mich aus meinem Gefängnis. Jes passt auf, dass wir Severin oder jemand anderem nicht über den Weg laufen. Ash bringt mich hoch zu seinem Zimmer. Jes öffnet die Tür und holt eine Decke und Taschentücher, während Ash mich absetzt. Ich knie auf dem Bett meines Kumpel und kann einfach nicht damit aufhören, zu weinen. Jes nimmt ein mit Wunddesinfektionsmittel getränktes Tuch hervor und reibt damit sanft meine wunden Fingerknöchel ein. Ash löst meinen Shirt-Ärmel von der Wunde, an der er festgeklebt ist und besieht sich die Wunde darunter. "Das hier ist nicht so schlimm", beschließt mein Kumpel und beginnt vorsichtig, auch diese Wunde mit Desinfektionsmittel einzureiben. Ich zucke weiterhin vor Schluchzern. Meine Kumpel fragen nicht, was los ist, sondern versorgen schweigend meine Wunden. Jes ist dabei meine zweite Hand mit Verband zu umwickeln, während Ash mit einer Hand meinen Ärmel unten hält und mit der anderen die Wunde versorgt. Nachdem Jesaja mit dem Versorgen meiner Hände fertig ist, bittet mein anderer Kumpel ihn: "Hilfst du mir hier mal? Ich kann mit einer Hand den Arm nicht verarzten". "Es wird am besten sein, wenn sie sich zuerst umzieht und wir ihre Schulter dann versorgen". Ich sehe sie an und mein Blick verschleiert sich erneut. "Sollten wir Frey dabei helfen? Sie ist nicht mehr als ein Häufchen Elend", entgegnet Ash und wischt ein paar Tränen von meiner Wange. "Ja, aber das übernimmst du", erwidert Jes und Ashs Kopf schießt herum. "Warum denn ich?" fragt mein Kumpel verwirrt. "Weil ich mir sicher bin, dass du mehr Mädchen ausgezogen hast als ich", sagt Jes einfach. Ash grummelt etwas von "Das ist eine bodenlose Unterstellung!" bevor er mir beim Ausziehen des Oberteils hilft. In meinem Inneren glaube ich, dass Jesaja damit Recht haben könnte. Ash reicht mir eins von seinen T-Shirts, bevor er und Jes meinen Oberarm verbinden. Als sie damit fertig sind, setzt sich Jes rechts neben mich und Ash kniet sich vor mich. Beide nehmen sie jeweils eine meiner ramponierten Hände. "Frey, wir werden morgen darüber reden, was so schlimm war, in Ordnung?" sagt Jesaja leise und streicht mir über die gesunde Schulter. "Du solltest jetzt erst einmal schlafen, morgen sehen wir weiter". Ash massiert meinen Handrücken und wischt neue Tränen mit seinem rauen Daumen fort. "Wir passen solange auf dich auf". Jes fährt mit den Fingerspitzen über meine Wange, um Tränen von dort zu weg zu wischen. Sie stecken mich unter Ashs weiche Decke und platzierten sich um mich herum. Jesaja lässt sich auf einen Stuhl sinken und Ash lehnt sich nicht weit entfernt an die Wand. Mit meinen Freunde an der Seite weine ich mich schließlich in den Schlaf. 

Catching FreyaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt