Kapitel 16

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Ich lasse mich auf das bequeme Sofa sinken, neben Nicolas, der die Fernbedienung zu dem großen Flachbildschirm-Fernseher in der Hand hält. Shae lehnt sich an Ansels Schulter und ist in eine Decke eingewickelt. Ash, Jesaja, Bell und Kieran haben noch Feinheiten bezüglich der Papiere meiner zwei Freunde zu klären. Ich lehne den Kopf neben Nicolas an die Lehne des Sofas. "Müde?" fragt er, es ist knapp 22 Uhr am Abend. Ich schüttle den Kopf. "Nein, es ist alles gut". "Lügnerin", murmelt Av, die an Nicks anderer Schulter fast einschläft. Nicolas lächelt sie an, dann legt er ihr den Arm um die Taille. Mich beobachtet er argwöhnisch von der Seite, da er sich offenbar nicht sicher ist, ob er mir den Arm um die Taille legen soll und darf. Schließlich gibt Nick sich einen Ruck und legt mir den Arm locker um die Schultern. Ich kann es nicht verhindern, aber nach einer Weile sinkt mein Kopf an seine Schulter und mir fallen die Augen zu. Wir schauen gerade den dritten oder vierten Teil der Harry-Potter-Reihe angesehen - aber fragt mich nicht, welcher von denen der Gefangene von Askaban ist. Ich muss wirklich was nachholen. Die ganzen Star-Wars-Teile fehlen mir auch noch. Und Shae möchte mich davon überzeugen, dass ich mir die X-Men-Teile anschaue, aber Av meinte, dass mich das bestimmt total verwirren wird. Das fürchte ich auch. 

Es ist mitten in der Nacht, als ich wieder zu mir komme. Nicolas, Av und Ansel schlafen tief und fest, nur Shy scheint wach zu sein. Av hat ihren Kopf an Nicks Schulter gebettet und er hält sie mit seinem Arm an ihrer Taille aufrecht, Ansel hält Shae im Arm. Ich habe mich im Schlaf an die Schulter von Avs Seelenspiegel gelehnt. Shae löst Ans Arm vorsichtig von ihrer Seite und bedeutet mir, ihr zu folgen. Komm mit. Aber sei leise, wir wecken die anderen sonst. Ich achte darauf, keinen Laut zu machen, um die drei nicht zu wecken. Auf Zehenspitzen laufen Shy und ich in mein Zimmer und ich schließe leise die Tür. Ich atme ruhig und gleichmäßig, in Sorge, ich könnte irgendwen wecken. Worum geht es? frage ich. Shae setzt sich auf mein Bett. Wir müssen dafür sorgen, dass die Gemeinschaften glauben, wir wären tot. Dass aus dem Mund von Shae, die ich für ein ängstliches, kleines Mädchen gehalten habe, schockiert mich. Was ist mit Bell, Ansel, Nick, Av und den anderen? frage ich, ohne meine Fassung zu verlieren. Jedenfalls scheinbar. Deine beiden Freunde und Kieran dürfen davon wissen, Nick, Av und unsere Seelenspiegel dürfen nichts erfahren. Es muss realistisch sein, wenn es klappen soll. Die Gefahr, dass den anderen wegen mir und dir, da du mir geholfen hast, ist einfach zu groß. Ich würde dich auch nicht einbeziehen, wenn ich wüsste, dass ich es nicht müsste. Rote Haare sind extrem auffällig, Ash und Jesaja könnten jeder braun- oder schwarzhaariger Kerl sein. Und sie haben keine Fotos von euch, aber du in meiner Nähe, ist zu gefährlich. Es gibt nicht viele Menschen mit roten Haaren. Ich habe mir auch schon überlegt, wie es klappen könnte. Es müssen nur noch Key, Ash und Jes eingeweiht werden. Und du musst aufpassen, dass Bell nichts davon erfährt, an deine Gedanken kommt er am leichtesten heran. Shae sieht mich ruhig an. Es ist ihr wichtig. Sie will, dass Ansel, Av, Nick und alle anderen Blacks in Sicherheit leben. Sie will, dass ich, Ash und Jes in Sicherheit leben. Wie sorgen wir dafür, dass die Gemeinschaften es auch glauben? entgegne ich sachlich. Lass das meine Sorge sein, entgegnet Shae. Du wirst mir irgendwie unheimlich, sage ich wahrheitsgemäß. Sie lächelt mich an. Ich tue alles, was nötig ist, um euch zu beschützen. Ich weiß noch nicht so lange, dass ich eine Familie und einen Seelenspiegel besitze und ich will nichts davon einfach wieder hergeben. Ich verstehe sie. Ich würde Bell auch nicht hergeben und zum anderen hat sie vollkommen Recht. Wir müssen dafür sorgen, dass die anderen in Sicherheit leben können. In Ordnung. Ich soll Ash und Jes informieren, du übernimmst Key dann, oder? frage ich. Sie lächelt. Lass uns das gemeinsam machen, Schwesterherz. Ich sehe sie an. In Ordnung, Schwester, hauche ich fassungslos. Ich wusste doch, dass ich dich mag. Shae nimmt mich in den Arm und ich erwidere die Umarmung, wenn auch etwas zögerlich. 

Als ich am nächsten Morgen die Augen öffne, liegt Bells Hand an meiner Wange. Es ist gegen 8 Uhr morgens und Wochenende und nach Bellamys Meinung vermutlich viel zu früh. Er muss gestern Nacht irgendwann hier her gekommen sein, als ich um ca. 12 Uhr nachts ins Bett gegangen bin, war er noch nicht da. Er ist wohl eingeschlafen, während er mich beobachtet hat. Es ist schon irgendwie ironisch: Ein zu schlafen, wenn man jemand anderen beim Schlafen beobachtet. Bellamy liegt halb auf der Bettkante, den Arm schützend an meiner Taille. Alle Black-Brüder scheinen einen ausgeprägten Beschützerinstinkt zu haben, mehr als die Männer meiner Altersklasse. Wobei man sagen muss, dass Bell ja auch nahezu perfekt ist. Ich lächle auf meinen schlummernden Seelenspiegel hinab. Sein Gesichtsausdruck ist entspannt und ruhig, der Schatten, der auf sein Gesicht fällt, betont seine kantigen Gesichtszüge: Sein markantes Kinn, die kräftige Nase, die hohen Wangenknochen, die dichten Augenbrauen und Wimpern, die auf seinen Wangen liegen, die Locken, die sich auf seiner Stirn kringeln. Mir wird bewusst, dass er viel jünger ist, als er sich verhält. Gedankenverloren streiche ich Bell die Haare aus der Stirn und wickle eine seiner dunklen Locken um meinen Finger. Sein Haar ist so weich. Ich bin froh, dass ich ihn habe und ich nicht mehr das Leben in Angst und Hass führen muss. Früher hatte ich immer nur die Gemeinschaft der Gemeinschaft, Ash und Jesaja. Und jetzt, neben Bell, mit einer solch friedlichen Stimmung, fühle ich mich wohler als jemals in der Gemeinschaft. Denn selbst dann, wenn Jes und Ash an meiner Seite gewesen sind, das Gefühl der Angst und die Erwartung, jeden Moment bei etwas Verbotenem erwischt zu werden, sind nie weg gewesen. Die Verbrecherin Freya SaintClair verschwindet mit jeder Sekunde, die Bell bei mir ist, immer mehr. Ich will nicht mehr so sein und ich werde es auch nicht. Die Verbrecherin wäre jetzt aufgestanden und hätte Bell in dem Bett zurück gelassen, aber das neue Ich kuschelt sich an seine Brust und macht die Augen wieder zu, um ihn auf keinen Fall zu wecken. Ich bin nicht die, die ich mal war und Bell ist nicht mehr der, der er einmal war. Seelenspiegel verändern einander zum Guten. Bellamy streicht mir im Schlaf mit den Kinn über den Scheitel. Ich betrachte ihn noch eine Weile, dann schlafe ich wieder ein. 

Hey Leute! Wie ihr sicher merkt, neigt sich Catching Freya langsam dem Ende zu. Keine Sorge, ich werde höchst wahrscheinlich noch Kierans Seelenspiegel suchen, aber zuerst müssen Shae und Freya ihre kleine Familie schützen: Aber wie werden Avara, Nick und vor allem Bellamy und Ansel reagieren, wenn ihnen die ganze Situation klar wird? Und wie will Shae die Gemeinschaften anlocken? Freut euch auf ein spannendes Ende meiner Reihe!

Catching FreyaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt