Mondmädchen

3

Ava konnte es nicht fassen, ihre Eltern hatten es tatsächlich getan. Sie hatten sie auf eine andere Schule geschickt.
An dem Tag, als ihre Eltern ihr von der Idee erzählt hatten, hatte Ava es für einen schlechten Scherz gehalten.

Sie hatte sich geirrt.
Jetzt saß sie mit ihrer Mutter, die unentwegt auf Ava einredete, im Auto vor ihrer neuen Schule und fühlte sich elend.

Das Gebäude war riesig, grau und einschüchternd.
Nichts im Vergleich zu ihrer alten Schule.
Und in diesem Moment, wünschte Ava sich nichts sehnlicher, als dort zu sein, auch wenn sie sich dort ihren Freunden hätte stellen müssen.
Besser als das, dachte sie, als sie beobachte, wie Massen von Schülern nach und nach in dem grauen Block verschwanden.

,,Also denk dran Ava, wenn irgendwas ist, ruf mich oder deinen Vater an.
Und hab einen schönen Schultag."

Ava drehte sich zu ihrer Mom.
Grinsend fuhr sie ihr durch die ungestümen Locken.

,,Mom!"

,,Jaja ich weiß, keine öffentliche Zuschaustellung von Zuneigung", plötzlich wieder ernst sagte Avas Mutter:,, Aber falls etwas ist, ruf an, ich weiß, dass es dir noch immer schwer fällt...aber bitte versuch Kontakte zu knüpfen.
Schotte dich nicht ab."

Ava versuchte sich ein Lächeln abzuringen und mit einem letzten Blick zu ihrer Mutter, stieß sie die Tür des alten Wagens auf.

Während die auf die Schule zuging, vergrub sie ihre Hände in den warmen Taschen ihrer Jeansjacke.
Die Jacke war alt und durchgetragen, doch ihr gefiel es und sie fühlte sich wohl.
Etwas sicherer.

Trotzdem würde sie am liebsten umdrehen,wieder in den Wagen ihrer Mutter steigen und nach Hause fahren.
Aber sie wusste, dass das keine Option war.

Seufzend staffte Ava ihre Schultern, sie würde den Tag durchstehen.

Mit langsamen Schritten lief sie auf das große Gebäude zu.

Um sie herum drängten die Schüler Richtung Eingang.

Und Ava ließ sich von ihnen mitziehen.
Sie würde den Tag schon irgendwie überstehen.

Levi P.o.V.

Levi würde zu spät kommen, er würde ganz sicher zu spät kommen.

Immer wieder sah er auf die Auto Uhr und hoffte dabei, die Zahlen würden sich wie sie auf wundersame Weise in 7:50 verwandeln, statt der 7:59, die auf dem Display abgebildet war.

,,Levi, hör auf du machst mich verrückt mit deinem Rumgezapel."

,,Lara, ich kann es mir nicht leisten schon am ersten Tag zu spät zu kommen! Nicht nachdem ich letztes Jahr ungefähr den Großteil des Jahres zu spät gekommen bin."

Levis Finger schlossen sich enger um das Lenkrad und er musste sich konzentrieren um nicht zu viel Druck auszuüben.

,,Ist ja nicht so als würde heute irgendetwas Interessantes passieren.
Ist doch nur der erste Schultag." Murmelte Lara, damit lehnte sie den Kopf gegen die Fensterscheibe und schloss die Augen.

Tief atmete Levi durch, als sie 20 Minuten später auf den Parkplatz der Schule rollten.

,,Entspann dich, es ist erst 8:19 Uhr, so spät sind wir auch nicht."
Damit stieß Lara die Autotür auf und ohne sich noch einmal zu Levi umzudrehen lief sie auf den Schuleingang zu und verschwand in dem alten Gebäude.

Sobald Levi selbst losgegangen war, stand er auch schon vor der Tür seines Klassenzimmers.

Gleich zu spät am ersten Schultag. Ging es eigentlich noch schlimmer?

Augen zu und durch.
Levi klopfte und stieß die Tür auf.

,,Sorry, ich hab den Raum nicht gefunden." Nervös fuhr er sich durch sein schwarzes Haar, das eh schon in alle Richtungen abstand.

Die gleichen weißen Wände, die gleichen Tische und Mr. Morris, der ihn mit gerunzelter Stirn ansah.

,,Levi, du besuchst diese Schule seit 6 Jahren, ich wage es zu bezweifeln, dass du das Klassenzimmer nicht gefunden hast."

Nathan versuchte krampfhaft sich das Lachen zu verkneifen und als die anderen anfingen zu kichern, war es bei ihm aus.
Genervt, schaute Levi, Nathan an, was ihn nur noch mehr zum Lachen brachte.

,,Ja, also...."

,,Levi, setzen Sie sich einfach hin."

Verlegen lächelte Levi und ließ seinen Blick über seine Klassenkameraden.
Auf ein neues, dachte er und setzte sich auf den Platz neben Nathan.

Ava P.o.V.

Nervös zupfte Ava an ihrer Jacke, sie folgte der Sekretärin, die sie in ihre Klasse bringen sollte. Die Frau ließ mit schnellen Schritten den Gang hinunter und Ava hatte das Gefühl,dass wenn sie einfach etwas langsamer laufen würde, sie die Sekretärin verlieren würde.

,,Da sind wir auch schon." Kurz sah sie sich zu Ava um, dann klopfte sie auch schon an die Tür.

,,Mrs. Davids was führt sie in meine Klasse?", hörte Ava eine tiefe Stimme fragen, und sah auch kurz darauf einen Mann, mit dunklen krausigen Locken, den Kopf aus der Tür stecken.

,,Ich bringe ihnen, ihre neue Schülerin." Kokett lächelte sie ihn an, machte auf dem Absatz kehrt und ließ sie allein.

Erst jetzt viel sein Blick auf Ava.

Freundlich lächelnd, sah ihr neuer Lehrer sie an.
,,Sie sind dann wohl Ava Carter? Ich bin Mister Morris, ihr Mathe und Geschichtslehrer.
Komm doch ins Kassenzimmer.
Dann können Sie sich auch gleich noch der Klasse vorstellen."

Tief atmete Ava durch.
Sie hatte es schon immer gehasst vor anderen zu stehen.
Sei es für Präsentationen, Vorstellungsrunden oder sonstiges.
Sie hasste es im Mittelpunkt zu stehen.

Trotzdem trat sie ein und sah sich den Anderen gegenüber.

Nervös strich Ava eine lose Haarsträhne hinters Ohr.
Sie wollte sich in Luft auflösen.
Ihre neuen Klassenkameraden blickten ihr erwaftungsvoll entgegen.
Neugierige, gelangweilte und urteilende Gesichter.

,,Also ich bin Ava, 17 Jahre und..."

Bamm!

Ein lautes Krachen, ließ Ava zusammenzucken.

In der letzten Reihe, war ein Junge mit schwarzem, verwuscheltem Haar aus seinem Sitz aufgesprungen. Sein Stuhl lag achtlos auf dem Boden.

Er fing ihren Blick ein und als sich ihre Blicke trafen, schien sich in Avas Innerem alles anzuspannen.
Es war als würde Strom durch ihren Körper rasen.

,,Levi, was soll das?" Nur am Rande bemerkte Ava die Stimme des Lehrers
Es war als würde sie alles aus weiter Ferne wahnehmen.

In diesem Moment war nur er wichtig. Nur er spielte eine Rolle.