Eine verhängnisvolle 'Haushälterin'

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Nachdem Olivia zu Ende geredet hatte, brauchte sie erst eine kleine Pause und ihre Zuhörer warteten mehr oder weniger geduldig, bis sie sich gefasst hatte.

"Was hat es mit den zwei bewegenden Toden auf sich? Sie sagten, es handelt sich um zwei Genies, eines davon ist Moriarty.... Wer ist das zweite?!" Fragte John mit einer gewissen beunruhigten Vorahnung. Olivia seufzte. Sie wusste zwar, dass es sich um Sherlock handelte, aber auch zu seinem Schutz durfte sie es ihm - zumindest jetzt - noch nicht erzählen.

"Es tut mir leid, aber derartige Informationen sind vorerst nicht Ihr Problem..." Sagte sie leise und senkte den Kopf, aber Sherlock schien diese Antwort alles andere als zufrieden stellend zu finden.

"In welcher Hinsicht kann das bitte nicht unser Problem sein? Erst kürzlich hat Moriarty versucht, John und mir das Leben zu nehmen und überhaupt steht Ihnen dieses Wissen nicht mehr zu als uns!" Rief Sherlock und starrte sie auffordernd an, doch als sie nur bedauernd den Kopf schüttelte, fragte er etwas anderes.

"Sie leiden in Wahrheit nicht an Höhenangst. Sie verstehen viel von Finden und Verstecken von Daten. Gehe ich recht in der Annahme, dass weder ihr Name, noch alles andere, was wir über Sie wissen stimmt?"

Sie zögerte, aber sie entschied sich, ehrlich zu den beiden zu sein; schließlich hatten sie sie aufgenommen und verarztet. "Sie liegen richtig. Nur mein Alter stimmt. Vor- und Nachname sind frei erfunden, ebenso jenes, was Sie deduziert haben, Mr. Holmes. Mir ist klar, dass ich aufgrund meiner Informationen für viele begehrenswert bin. Ebenso, dass jene jede meiner Schwächen gegen mich verwenden würden, wenn sie mich erst einmal gefunden haben. Wenn ich schon mein Aussehen nicht verändern kann, dann wenigstens meinen Charakter. Sie fanden die Haare eines Cocker Spaniels an meiner Hose, vermute ich?" Sherlock nickte verwirrt und sie klärte ihn auf. "Hätte ich tatsächlich einen Hund, könnten ihn meine Feinde als Druckpunkt gegen mich verwenden, es wäre also dumm, mir einen anzuschaffen. Olivia Skielos hingegen tat es. Die Haare besorge ich mir monatlich von einer Nachbarin mit Hund, meine Feinde sollten nicht denken, ich bin unbesiegbar...."

Sherlock lächelte kurz. "Aber Sie sind es."

'Olivia' war sich nicht sicher, ob es Frage oder Feststellung war, aber so oder so lautete die Antwort ja. Wenn man nicht die Informationen aus ihrer Vergangenheit fand. Aber dazu wäre wohl doch eine äußerst mächtige und einflussreiche Person nötig, sie hatte dafür gesorgt, dass ihr echter Name, ihre Herkunft und ihre Schwächen schwer bis gar nicht zu finden waren.

John wollte ihr gerade eine weitere Frage stellen, als plötzlich ein hohes Frauenlachen die Stille durchschnitt. Sofort gingen alle ihre Alarmglocken an. Olivia wollte in ihren Gedächtnispalast und alle dort abgespeicherten Audiodateien abhören, bis sie die Stimme fand, deren Besitzerin in wenigen Sekunden durch die Tür kommen würde. Aber ihre Zeit reichte nicht aus und die  Person, die durch die Tür schritt, rief Erinnerungen hervor, die sie hatte vergessen wollen. Aber wie war das möglich mit einem photographischen Gedächtnis?  Und in das Wohnzimmer schritt:

Miss. Hudson.

Ehemals die Frau von jenem Mann, den Olivia versehentlich in das Drogengeschäft geführt hatte - ohne diesen Fehler jemals rückgängig gemacht zu haben. Anschließend waren zusätzlich noch andere unschöne Konflikte zwischen ihnen vorgefallen.

Verdammt! Warum stand in Miss. Hudsons Akte nichts über ihre Tätigkeiten als Haushälterin oder was immer sie war. Sie trug ein Tablett mit Tee in der Hand und lachte fröhlich, doch als ihr Blick auf Olivia fiel, wurde ihr Gesicht ernst. Und die alte Frau kippte tatsächlich nach hinten um und stammelte nur noch "Olivia Skielos..."  und  "Zerstört...".

Sherlock und John sprangen auf und rannten beide auf die am Boden liegende zu. Ein par Augenblicke stürzte Sherlock auf Olivia zu und fuhr sie zornig an: "WAS haben Sie ihr angetan? Ihre Vergangenheit scheint mir ziemlich rätselhaft, vielleicht weil Sie damals die Leben von unschuldigen Menschen wie Miss. Hudson ZERSTÖRT haben!??" Olivia schüttelte verzweifelt den Kopf und sah in das Wutverzehrte Gesicht von Sherlock. "Sie ist in einem Alter in dem ein solcher Schock LEBENSGEFÄHRLICH sein kann!" Schließlich wandte er sich ab und tippte kurz auf seinem Handy herum. Als er fündig wurde drehte er sich triumphierend zu ihr um. "Die Wohnung in der Sie wohnen Miss. Skielos, ist laut dieser Immobilienwebsite seit fünf Jahren bewohnt. Sie sagten jedoch gerade, dass ihr Alter stimmt und jenes beträgt zwanzig Jahre!" Er lächelte bitter. "Wie kann es sein, dass sie schon vor fünf Jahren, also mit 15 alleine eine Wohnung bezogen? Es scheint mir, als wäre das gegen das Gesetz?!"

Olivia zog scharf die Luft ein. Er hatte soeben einen ihrer Schwachpunkte entdeckt, die ihre Feinde nie erfahren durften. Er sprach schnell weiter: "Also, OLIVIA SKIELOS. Sie sagen mir jetzt sofort, was sie ihr angetan haben, oder ich liefere Sie der Polizei aus. Eine ziemlich einflussreiche Person beim Scotland Yard, Mr. Lestrarde, würde Sie auf meinen Wunsch hin umgehend verhaften!!"  Olivia lächelte schwach und sagte: "Ich weiß, dass ist schwer für Sie, aber ich glaube, dass die Polizei nicht in der Lage wäre, genug belastendes Material für eine Verhaftung zu finden, nur weil ich irgendwann vor fünf Jahren einen kleinen Fehler begangen habe..." Sherlocks Triumph verschwand, als er begriff, dass sie Recht hatte.

Doch plötzlich fiel ihm etwas Geniales ein. "Ich vermute, dass sie neben ihren kleineren Fehltritten aus der Vergangenheit noch viele belastende andere begangen haben. Des weiteren sind Sie im Besitz von Staatsgeheimnissen und Informationen, die Ihnen ohne Zweifel nicht zustehen. Ich wette, Sie haben schon von meinem Bruder gehört, Mycroft? Er IST die britische Regierung und er wird jedes einzelne schmutzige Detail Sie betreffend finden, wenn Sie jetzt nicht sprechen!!!!"

Olivias Gesichtszüge versteinerten sich und ihr Herz setzte einen Moment aus. Mycroft Holmes würde einiges finden, was anderswo mit der Todesstrafe bezahlt werden müsste.

Aber wenn Sherlock herausfand, was sie mit Miss. Hudson zu tun hatte, würde er sie sowieso zu Mycroft schicken. Sie entschied sich für die Risiko-Variante. Sie schüttelte leicht den Kopf "Es tut mir leid, Mr. Holmes, aber ich kann es Ihnen nicht sagen. Bitte, überlegen Sie noch einmal, belästigen Sie deswegen nicht gleich ihren Bruder." .....Und Sherlock griff schnaubend zum Handy.


Olivia erlitt ihren dritten Herzstillstand an diesem Tag, als sie hörte, wie Sherlock sich neben Miss. Hudson kniete und schließlich in sein Handy sagte:

"Bruderherz? Genau, ich bin es. Es tut mir leid dir das sagen zu müssen, aber heute Abend wirst du neben deinen Sportgeräten noch jemand anderen quälen müssen." 





The Girl with the MindpalaceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt