Kapitel 5

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Auf dem Parkplatz hinter der kleinen Bar The Charlie angekommen, ging ich durch den Hintereingang und suchte nach Charlie. Er hatte diese Bar vor gut 2 Jahren eröffnet und sie war sein ganzer Stolz. Als ich hier vor  einem Jahr herzog und nach einem Streit mit meiner Mutter hier her kam, hatte ich mich sofort in die kleine Bar mit dem dunklen Holz, den gemütlichen Sitzecken und dem glatzköpfigen Besitzer verliebt.

Ich ging durch die hinteren Tischreihen und sah Charlie hinter der Theke stehen. Wenn man ihn sah, konnte man gar nicht schlecht gelaunt sein. Er hatte braune freundliche Augen, die von einer runden Brille umrahmt wurden und einen Drei-Tage Bart. Ich schätze ihn auf ende fünfzig - Anfang sechzig, trotzdem war er der Mensch mit der meisten Energie auf der Welt. Er hatte immer ein Lächeln auf den Lippen, selbst wenn es schlechte Nachrichten gab, versuchte er immer das positive in allem zu sehen. Am meisten schätzte ich aber an ihm, dass er mich so nahm wie ich bin. Ich plauderte nie viel mit den Leuten und lief auch nicht grinsend herum. Trotzdem wusste ich, dass er mich mochte. Was es mir umso schwerer machte, ihn immer wieder anlügen zu müssen. Ich hatte ihm irgendwann schließlich gesagt, dass ich in meiner Freizeit boxen gehen würde. Er hatte mich zwar unglaubwürdig angeschaut - kein Wunder bei meinen nicht vorhandenen Muskeln - doch er beließ es dabei, wofür ich ihm unheimlich dankbar war.

Mit einem Lächeln im Gesicht kam er um den Tresen herum. "Hallo Mel! Und wie geht es uns heute? Mal wieder zu hart trainiert?" Tadelnd sah er mich an. Ich hob kurz meine Mundwinkel und schaute betreten zu Boden. " Ja...aber es geht schon wieder, alles ok."
"Nun gut, dann fang schon mal damit  an die Gläser dort weiter abzutrocknen, ich schließ gleich auf." Ich nickte nur, nahm mir meine schwarze Schürze und band sie mir um die Hüfte.
Hinter der Theke nahm ich mir die Gläser und fing an, als gerade Kelly aus der kleinen Küche kam. Sie war eine der zwei Kellnerin und hatte blonde Haare, blaue Augen und war nett, aber schüchtern. Mit einem leisen  "Hi Melanie", ging sie zu den Tischen um sie nochmal abzuwischen. Wir arbeiten hier jetzt fast ein halbes Jahr schon zusammen, haben aber nie so richtig mit einander geredet. Ich seufzte und machte mich an die Arbeit.

Den ganzen Abend lang stand ich mit Charlie hinter der Bar und verteilte Getränke. Zwischendurch musste ich mich jedoch hinsetzen, weil mein Fuß so weh tat. Ich versuchte bereits mein Gewicht auf das andere Bein zu verlagern, doch das war gar nicht so einfach. Charlie guckte mich besorgt an und fragte was passiert wäre. "Bin im Sportunterricht umgeknickt; wir turnen zurzeit." Er nickte und sah mich mitfühlend an. "In einer halben Stunde ist deine Schicht sowieso vorbei. Ich schaff das hier schon alleine, fahr du mal lieber nach Hause." Ich wollte protestieren, doch sein Blick duldete keine Widerrede. Trotzig band ich die Schürze ab, nahm meine Schlüssel und ging nach draußen zu meinem Auto. Im Nachhinein war ich Charlie dankbar, dass er mich weg geschickt hatte. Ich hätte nicht gewusst wie lange ich dort noch hätte hin und her laufen können.

Zu hause angekommen, war ich mehr als froh, dass überall das Licht aus war und John und Mom anscheinend schon schliefen. Erschöpft machte ich mich bettfertig. Wieso war ich eigentlich schon wieder so fertig ? Ich hatte schließlich fast den ganzen nachmittag geschlafen!

Kopfschüttelnd ließ ich mich aufs Bett fallen, nachdem ich nochmal nach meinem Fuß geguckt hatte. Er war leicht angeschwollen. Ich hoffte nur, dass ich morgen würde halbwegs laufen können. Ich konnte schlecht schon wieder schwänzen.

Der nächste Tag fing relativ ruhig an. Ich lief so wenig wie möglich und versuchte auch in der Stunde heimlich mein Bein auf einen Stuhl vor mir hoch zu legen.

In der Mittagspause ging ich wie immer mit einem Sandwich zu einem Tisch in  der Ecke der Schulcafeteria. Ich beobachtete wie so oft die Schüler, wie sie in Gruppen zusammen saßen und über den neusten Klatsch redeten. Ich habe nie verstanden, warum sich die Leute für das Leben fremder Menschen so interresierten. Gerade hörte ich wie drei Mädchen, die am Nebentisch saßen, über irgendeinen Typen redeten. Bis mir auffiel über wen genau. Natürlich, hätte ich mir ja denken können, dass es mal wieder um ihn geht. Ich hatte es bisher den ganzen Tag geschafft, nicht über Logan nachzudenken, doch  nun würde ich wahrscheinlich den Rest des Tages sein Gesicht vor Augen haben. "Na toll...", murmelte ich und warf den Rücken der Mädchen einen zornigen Blick zu.

Genervt nahm ich den letzten Bissen, nahm meine Tasche und verließ die Cafeteria. Die nächste Stunde würde erst in 10 Minuten anfangen, aber so konnte ich schonmal vor Unterrichtsbeginn mir angucken, was ich gestern verpasst hatte. Ich wollte gerade um die Ecke zu den Bio-Räumen biegen, als ich an meinem Oberarm zu dem Hausmeisterraum gezogen wurde. "Ey! Lass mich!"
Die Tür wurde hinter uns geschlossen und ich wurde losgelassen, sodass ich mich umdrehen konnte, um zu sehen wer mich hierher gebracht hatte.
" Tut mir leid, ich wollte nur kurz mit dir reden." Logan fuhr sich mit der Hand durch das Haar und lächelte matt. Er sah müde aus und das Lächeln erreichte nicht seine Augen.
Unsicher rieb ich mir den Oberarm. "Okay...was ist denn ? "

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Behind our masksWo Geschichten leben. Entdecke jetzt