Kapitel 6

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Logan kratzte sich eine Weile verlegen am Hinterkopf.
"Also....ich wollte mich nur bei dir bedanken..."

Was?

Ich war für einen Moment sprachlos. Noch nie hatte ich mitbekommen, wie Logan sich für etwas bedankte. Ich starrte ihn eine Weile einfach nur an. Er schien auf irgendeine Reaktion von mir zu warten, doch mir fiel so schnell keine ein.
Seine Nähe machte es mir nicht gerade einfach klar zu denken. Ich konnte die Wärme spüren die von ihm ausging und wenn ich den Arm ausstrecken würde, könnte ich sein Gesicht berühren. Nach einer gefühlten Ewigkeit kam mir dann ein Gedanke.
Fragend sah ich ihn an.
"Wofür das denn? Ich hab doch gar nichts gemacht ?"
Ihm schien es schwer zufallen mir zu antworten. Er guckte zu Boden.
"Genau das ist der Punkt. Viele hätten überall herum erzählt, was gestern passiert ist. Ich hätte heute mit sonst was gerechnet, aber die meisten denken nur wieder, dass ich irgendeinen Mist gebaut habe."

Verwirrt blinzelte ich. "Warum hätte ich das tun sollen?"

"Um mich bloß zu stellen oder mir eine rein zu würgen.....Was weiß ich, aber viele hätten es getan... also auf jeden fall... Danke ."

Seine Mundwinkel hoben sich leicht und bevor ich noch etwas hätte sagen können, machte er dir Tür hinter sich auf und lief den Flur entlang.

Völlig perplex blieb ich im Hausmeisterraum stehen. Hatte er wirklich geglaubt, ich würde heute hier herum laufen und jedem erzählen, dass seine Eltern im Koma liegen? Mal abgesehen davon, dass ich hier keine Freunde habe, denen ich es hätte erzählen können!?

Die Ganze Sache gerade ging so schnell, dass ich mir zweimal überlegen musste, ob das gerade wirklich passiert ist.
Logan Wayne hatte sich tatsächlich bei mir für etwas bedankt...Er sah so unglaublich erschöpft aus...

Das Pochen in meinem Fuß katapultierte mich wieder in das Hier und Jetzt und endlich verließ ich den Raum um noch rechtzeitig zu meiner nächsten Stunde zu kommen.

Den restlichen Schultag über sah ich Logan nicht mehr. Wenn ich genau darüber nachdenke, habe ich ihn auch vor der Mittagspause nirgends gesehen. Logan und ich haben nur einen Kurs zusammen und ansonsten sehe ich ihn gewöhnlich an seinem Spind lehnen, während er mit einem seiner Zeitvertreibe redet, doch heute sah ich ihn kein einziges Mal, bevor er mich auf dem Flur abgefangen hat. Ist er etwa nur deswegen zur Schule gekommen? Wegen mir? Um mal kurz 'Danke' zu sagen ? Ich schüttel den Kopf, um den Gedanken gleich wieder zu verwerfen. Nein, ganz bestimmt nicht. Als hätte er nichts wichtigeres zu tun.

Der einzige Vorteil daran, dass ich mir jetzt schon wieder den Kopf über Logan zerbreche ist, dass ich nicht die ganze Zeit auf die Schmerzen in meinem Fuß achte.

Zu hause angekommen, wappne ich mich schon mal für eine weitere Auseinandersetzung mit meinem geliebten Stiefvater. Normalerweise habe ich mehr Zeit um die Verletzungen heilen zu lassen, bevor ich mit der nächsten rechnen muss, doch zurzeit läuft es mal wieder schlecht in Johns Firma, weshalb sein Alkoholkonsum in den letzten Tagen gestiegen ist. Als ich dann jedoch die Haustür aufschließe und den großen schwarzen Koffer sehe, der im Flur steht, kann ich mir ein kleines Lächeln nicht verkneifen.

Mit Mom im Schlepptau kommt John die Treppe hinunter. Sie hat einen ihrer dunkelblauen Hosenanzüge an, was meine gute Stimmung gleich wieder zunichte macht. Sie würde also auch wegfahren.

"Melanie! Ich hab ein wichtiges Meeting in Washington. Da wir uns mit den Kollegen öfter treffen müssen, um noch einige Dinge zu planen, werden wir länger weg sein. Die Abende zu denen ich eingeladen wurde, sind mit Begleitung, also wird deine Mutter mitkommen. Du kennst die Regeln. In zwei Wochen kommen wir wieder."
Froh darüber, dass die beiden anscheinend dringend losmüssen, nicke ich nur einmal und bleibe an der Tür stehen, während John und Mom ins Auto steigen. Als der Wagen von der Auffahrt vorschwunden ist und ich die Haustür geschlossen habe, kann ich mir das Grinsen nicht mehr verkneifen. Es war schön öfter vorgekommen, dass John aufgrund seiner Arbeit für ein paar Tage verreiste, doch meistens nie so lang. Zwei ganze Wochen! Nur ich alleine!

Das erste was ich tat : ich ging in mein Zimmer, zog mir die gemütlichsten Klamotten an, die ich besaß und ging ins Bett. Ich weiß, dass es komisch klingen mag, zu schlafen wenn mann sturmfrei hat, doch mit John im Haus, komme ich nicht oft dazu,mal richtig zu schlafen .

Ich schlief den ganzen Nachmittag durch, bis abends mein Wecker klingelte. Ich machte mich fertig für die Arbeit und fuhr rechtzeitig los.

Die nächsten Tage waren wie Urlaub für mich. Mein Tagesablauf war zwar fast immer der gleiche, doch das störte mich nicht im geringsten. Ich ging morgens entspannt zur Schule, zu hause machte ich Hausaufgaben, kochte nur für mich alleine, oder ging nach der Schule in den Wald. Abends war ich wie immer auf der Arbeit. Die Blutergüsse in meinem Gesicht waren mittlerweile Gelb, sodass man sie mit Makeup kaum noch sah, die roten Striemen auf meinem Rücken hatten sich zu Krusten gebildet und mein Knöchel bekam genug Zeit, um zu heilen.
Und obwohl zurzeit eigentlich alles gut lief - zumindest für meine Verhältnisse - machte mir etwas anderes die ganze Zeit zu schaffen. Immer wieder - ob in der Schule, in der Stadt, zu Hause oder im Wald - schweiften meine Gedanken zu Logan. Ich weiß nicht warum. Doch der Ausdruck in seinen Augen, als ich ihn das letzte Mal gesehen habe, machte mir zu schaffen. Es war nicht gerade hilfreich, dass er die ganze Woche nicht mehr zur Schule kam. Seit Dienstag habe ich ihn nicht mehr zu Gesicht bekommen. Auch seine Freunde Cole, Jake und Mason standen in den Pausen nun immer alleine herum.

Samstagabend fuhr ich wie gewohnt  zur Arbeit. Als ich dort ankam, war der Laden bereits voll.

Hinter dem Tresen kam ich nicht einmal dazu, mal kurz durchzuatmen. Ich sah mir die Leute kaum an, sondern hörte nur von wo mir was zugerufen wurde und stellte dann die Gläser vor demjenigen ab. Der Abend zog sich langsam hin.

Um halb 11 sah ich sehnsüchtig auf die Uhr und wünschte mir, dass der Feierabend endlich näher rücken würde. Seufzend drehte ich mich um , damit ich die nächste Bestellung entgegen nehmen konnte.
" Einen Jacky bitte!"
Mit einem Nicken drehte ich mich zu den Flaschen, als ich mir die Stimme nochmal durch den Kopf gehen ließ. Ich hielt in der Bewegung inne und sah wieder zu dem jungen Mann.

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Was glaubt ihr wie es weiter geht ?

Hoffe das Kapitel gefällt euch❤

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