Ihr Großvater hielt sich nicht zurück, berichtete ihr haarklein von ihren Vorfahren, den Wächtern. Von ihrer Familie und den Kreisen, die ihr unterstellt waren. Vieles deckte sich mit ihrem Wissen, mit dem, was Bastet ihnen erklärt hatte. Jedoch klang es seltsam aus dem Mund ihres Großvaters. Er sprach distanziert, als würde er sich nicht als Wächter sehen, nur als Bote.
»Dieses Vermächtnis sollte längst erloschen sein. Ich kann dir nicht sagen, aus welchem Grund der Perlmutt so reagiert und was es zu bedeuten hat. Eines ist allerdings sicher. Du solltest dich in Acht nehmen. Niemand darf erfahren, wer du bist. Die Wächter leben seit Jahrhunderten versteckt, die meisten«, er schluckte hörbar. »Die meisten von ihnen sind bereits tot.«
»Das Problem ist«, nun war sie es, die nach Worten rang. »Es sind bereits Leute auf mich aufmerksam geworden. Leute mit schlechten Absichten, aber keine Angst, ich bin nicht allein«, sie blickte Nate an, fragte still um seine Erlaubnis. Er nickte und nahm ihre Hand in seine. »Der Wächter der Familie Cordes hat mir einiges beigebracht und ist mit mir unterwegs. Wir suchen nach den verbleibenden Wächtersteinen. Denen der anderen Familien.«
»Nein!«, schallte es durch den Lautsprecher. »Das ist viel zu gefährlich, ihr wisst ja nicht...«
»Doch«, schnitt sie ihm das Wort ab. »Gerade Nate weiß, wie gefährlich es ist und dennoch müssen wir es tun. Die Götter, sie sind zurück. Zumindest ihre Reinkarnationen. Keine Ahnung was noch auf uns zukommt, aber wir brauchen die Steine«, er erwiderte nichts, wollte aber auch nichts weiter dagegen sagen. »Die des Erdentores sind alle beisammen. Mir fehlt noch einer und zwei des Unterwelttores haben wir auch schon«, immer noch strafte ihr Großvater sie mit Schweigen. »Wir stehen in einer Sackgasse, sitzen in Frankreich und wissen nicht wohin noch. Kannst du uns einen Hinweis geben, wo eine der Familien sich aufgehalten hat?«
»Ich würde es lieber vermeiden«, gab er zu und im Hintergrund raschelte etwas. »Wir hielten keinen Kontakt zu den anderen Familien. Meine Großeltern ebenso wenig und ihre vermutlich auch. Allerdings gibt es in unserem Stammbaum einige Passagen, die wir vertuscht haben. Familienzweige, die offiziell nicht existieren. Bist du dir sicher, dass das die richtige Entscheidung ist?«
»Es gibt keine andere für mich.«
»In Ordnung. Ich werde sehen, was ich finden kann und melde mich wieder. Sei vorsichtig, du bist die Einzige unserer Familie, die das Wächterblut in sich trägt. Es weitergeben kann.«
Damit legte er auf. Es hatte geregnet und Heather erwischte sich dabei, wie sie die Tropfen an der Scheibe zählte. Sie liefen in kleinen Rinnsalen hinab, vereinten sich oder mieden einander. Nate räumte das Zimmer auf, in der Annahme, dass sie sich bald wieder auf den Weg machen würden. Sie zweifelte daran. Ihr Großvater schien genug zu wissen, um ihnen vielleicht weiterhelfen zu können, doch er wollte es offensichtlich nicht. Zu Recht, bedachte man die Männer, die ebenfalls auf der Suche nach den Wächtersteinen waren.
DU LIEST GERADE
Gottessplitter
ParanormalEin Forschungsinstitut, das kein Student betreten darf, thront wie ein Mahnmal mitten auf dem Gelände der Freyer Akademie. Zwei Studentinnen, die unterschiedlicher nicht sein können und nur zu gerne die Geheimnisse des Instituts ergründen wollen. Di...