Teil 4

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Kurz blickte Sammael auf Daniel's Hand und lachte dann noch einmal. „Daniel. Ich dachte das wäre eine Magd. Was hat sie an diesem Tisch zu suchen? Die anderen Mägde behandelt Ihr nicht so!", Sammael lachte Daniel aus. Er wusste genau, dass Daniel darauf keine Antwort wusste. Dieser blickte gerade seine Mutter verwirrt an. Zum Glück nahm er dabei die Hand von meiner und ich konnte sie unter dem Tisch verschwinden lassen. Dankbar lächelte ich Sammael an, was dieser nur mit einem Augenzwinkern quittierte. Wieso holte er mich hier raus? Was hatte er mit mir vor?
„Kannst du dir das denn immer noch nicht denken, Dorothee?", wieder hörte ich ein leises Lachen in meinem Kopf. Wer war dieser Mann? „Dorothee, Dorothee. Du wirst schon sehen, was ich mit dir vorhabe!", noch einmal hörte ich dieses kehlige Lachen, dann sprach Daniel mich an. „Dorothee? Weißt du denn überhaupt wer das ist, der da vor dir sitzt?", fragend sah er mich an.
Langsam glitt mein Blick von Daniel zu Sammael, der mir einen fragenden Blick zu warf. Am besten würde ich wohl unsere Treffen verschweigen. Anscheinend beschämt senkte ich meinen Blick und schüttelte leicht den Kopf. Wer Sammael wohl für die Herrschaften war?
„Das ist der mächtigste Mann im Land, Dorothee. Er ist ein sehr gut betuchter Adliger. Hast du noch nie von ihm gehört?", wieder konnte ich nur mit dem Kopf schütteln. Wie viele Persönlichkeiten er wohl hatte? Auf mich hatte er immer wie ein normaler junger Mann gewirkt. Nicht wie ein Adliger. „Er heißt Maximilian von Steinig", Daniel bedachte mich lange mit einem Blick, indem so viel Liebe lag. Sammael, was hast du nur mit ihm getan?
„Ich habe ihm nur ein wenig auf die Sprünge geholfen. Er wusste nicht, wie man mit einer Frau, wie dir umgeht. Das war doch nicht falsch, oder?", er lachte. Fand dieser Mann denn alles lustig?
„Hat dieser Adlige denn nicht schon genug Mägde?", ich war ehrlich interessiert, was Sammael, alias Maximilian, wohl mit mir vorhatte. Welche Position sollte ich in seinem Haushalt wohl einnehmen? Die einer Magd?
Mein Blick lag auf Daniel. Ich wollte wissen, was er wohl dachte. Aus Sammael war ja nichts herauszubekommen. „Dorothee. Du wirst doch keine Magd! Du wirst eine Ausbildung für Adelstöchter bei mir genießen. Haben dir das die Herrschaften denn nicht gesagt? Du bist ihnen lieb und teuer!", charmant lächelte Sammael die Herrschaften und Daniel an. In welche Lügengeschichte war ich hier geraten? Und wer war Sammael? Ich hatte so viele Fragen und nur ein Mann konnte mir diese beantworten, was dieser anscheinend nicht vorhatte. Ich blickte die Herrschaften an, diese lächelten, anscheinend froh, eine Erklärung zu haben, warum Sammael mich wollte. Daniel sah mich von der Seite an. Konnte er auch etwas Anderes? Ich wollte nicht, dass er mich liebte. Alle anderen Frauen, allen voran höher gestellte Frauen, würden mich hassen. Wenn er sich nicht bald in jemand anderen verliebte, würde das noch böse enden. „Er wird sich erst neu verlieben, wenn ich es sage. Aber das will ich nicht, so ist es viel amüsanter!", dieser Mann war so egoistisch. Er drehte alles zu seinem Vorteil.

Kurz darauf stand das Mahl vor uns auf dem Tisch. Alles was man sich nur vorstellen konnte, lag auf dem Tisch. Fleischpasteten, Braten, Brot, Kartoffeln und noch viel mehr. All diese Speisen waren im Übermaß vorhanden und ich fragte mich, wer das wohl alles essen sollte. Als die Speisen aufgetragen wurden, bedachten die anderen Mägde mich mit hasserfüllten Blicken. Ich wusste, dass das so enden würde. Aber schon jetzt? Ich hatte nur noch Feinde. Freundinnen würde ich wohl nicht mehr finden.

„Dorothee? Was hast du denn? Ist dir nicht gut? Möchtest du nach draußen gehen?", Daniel kümmerte sich wirklich um mich. Wenn es nicht so falsch wäre, könnte ich mich wirklich in ihn verlieben. Aber eigentlich sollte er diese Gefühle nicht fühlen. Es war so falsch und an all dem war Sammael schuld. Aber konnte ich ihm böse sein? Er wollte mich ja nur hier herausholen. Wollte sich für mich. Ich wollte so viel mehr von ihm erfahren, aber er warf nur noch mehr Fragen auf, als sie zu beantworten.
Ich blickte in Daniels blaue Augen. Fast hätte ich mich darin verloren. „Nein. Ist schon gut. Ich bin nur etwas nervös", ich lächelte. Kurz sah er mich noch prüfend an, dann strich er mir kurz über die Hand und wand sich wieder seinen Eltern zu. Sammaels Blick lag während des gesamten Mahls auf mir, aber er rührte dabei keine der himmlischen Speisen an.
„Wollt Ihr nichts essen?", ich wollte ihn nicht so vertraut ansprechen, dass würde die anwesenden Mägde nur misstrauisch machen und ich würde mir noch mehr Feinde machen. „Ich habe während meiner Reise schon gegessen und hatte gehofft wir könnten bald abreisen", er sprach weniger zu mir, als zu den Herrschaften. Er wollte bald abreisen? Ob Daniel mitkommen würde? Ich hoffte es, dann hätte ich wenigstens eine vertraute Person. Oder ob vielleicht Sammaels Zauber verfliegen würde, wenn Sammael und ich gehen würden?
Gegenüber von mir hörte ich ein leises Schnauben, gefolgt von einem Lachen. Wie schaffte er es immer nur, alles zu wissen, was ich dachte? Ließ ich mich womöglich wirklich auf den Teufel ein? Was, wenn er mich zu seinem Geschöpf machen wollte? Wenn er mich dazu verdammen würde ewig in der Hölle zu schmoren?

„Dorothee? Wir wollen gehen. Daniel, Ihr könnt meine zweite Kutsche nehmen, wenn Ihr wollt", herausfordernd schaute Sammael Daniel an. Ob er mitkommen würde? Dankend nickte dieser und ging aus dem Saal.
Sammael kam auf mich zu und half mir mich zu erheben und hielt mir dann seinen Arm hin. Zögernd ergriff ich ihn und ließ mich von ihm hinaus zu seiner Kutsche führen. Durfte ich mich nicht mehr verabschieden? Nicht mehr versuchen, den Hass zu legen? Ich wollte nicht als Feindin dieses Haus verlassen.
„Es ist besser so", Sammael und ich saßen nebeneinander in der dunklen Kutsche. Man hatte die Vorhänge vorgezogen. Wollte Sammael etwa nicht gesehen werden? „Du machst dir zu viele Gedanken. Alles wird gut! Du wirst es gut haben und amüsant wird es auch mit unserem lieben Daniel!", wieder lachte er sein kehliges Lachen, das ich an diesem Abend so oft gehört hatte.
„Darf ich den Vorhang öffnen? Ich möchte hinaus schauen", bittend sah ich Sammael an. In seinem Gesicht konnte man erkennen, dass er unentschlossen war. Sollte er mir meine Bitte erfüllen oder lieber für sich selbst handeln? Anstatt mir eine Antwort zu geben, griff er um mich herum und sah aus dem Fenster neben mir.
Gerade kam Daniel und blieb vor den beiden Kutschen unentschlossen stehen. Dann besann er sich und ging zu der anderen Kutsche. Sammael ließ den Vorhang wieder herunterfallen. Das war eine klare Antwort. Ich musste wohl die gesamte Kutschfahrt im Dunkeln verbringen. „Ist die Dunkelheit nicht viel schöner? Geheimnisvoller?", neben mir hörte ich die dunkle Stimme von Sammael. Er passte sich perfekt der Dunkelheit an. Seine Stimme klang geheimnisvoll. So geheimnisvoll, wie sein gesamtes Auftreten war. Geheimnisvoll und anziehend. Am liebsten hätte ich ihn gesehen, ihn berührt. Hätte von ihm gehört, dass er mir gehörte. Sein Herz mein war.
In diesem Moment wusste ich, dass ich ihm verfallen war, egal ob er der Teufel war oder nicht. Mir war es egal, dass ich womöglich als Hexe sterben würde. Ich gehörte ihm. Mein Herz gehörte ihm. Plötzlich spürte ich seine Hand an meiner Wange. Ich drehte mich zu ihm und rutschte unwillkürlich näher zu ihm. Ich war ihm jetzt so nah, dass ich seinen Atem spüren konnte. Unter uns bewegte sich die Kutsche über ebenen Boden.
Sammaels Augen schienen auf einmal zu leuchten und fesselten mich. Langsam kam sein Gesicht näher zu dem meinen. Ich schloss die Augen und konnte seine Lippen auf den meinen spüren. Sie waren weich und zärtlich und im nächsten Moment hart und fordernd. Dieser Kuss ließ mich alles vergessen und brachte mich in eine andere Welt. Einer Welt, die ich nicht kannte und doch so schön war. Ich wollte, dass dieser Augenblick nie wieder vergeht und Sammael mich nie wieder losließ. Doch viel zu schnell, löste er sich von mir, aber seine Hände blieben an meinen Wangen. „Dorothee", er schien keine Worte zu finden. Jetzt sah er aus, wie ein ganz normaler junger Mann. So jemanden hatte ich mir doch schön immer gewünscht. Einen Mann, der mich genauso küsste und mich so ansah, voller Liebe.

Geschichte einer HexeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt