Teil 10

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Am nächsten Morgen wachte ich völlig ohne Schmerzen auf. Was war in der letzten Nacht passiert? Diesmal konnte mich Sammael nicht misshandelt haben. Als ich mich unauffällig untersuchte, konnte ich keine Blessuren erkennen.
„Ich habe dir nichts getan. Sei beruhigt, ich gab dir noch eine Schonzeit!", am anderen Ende des Raumes konnte ich ihn lachen hören. Er stand vor dem Fenster mit dem Rücken zu mir, sodass ich sein Gesicht nicht sehen konnte. Was er wohl denken, ja empfinden würde? Was wollte er mit dieser Hochzeit bezwecken? Er hätte mich und Daniel doch einfach ziehen lassen können. Er hätte eine Frau bekommen, die ihn liebte und ich meine verwandte Seele. War das etwa zu viel verlangt?
Ich konnte ihn leise schnauben hören. „Niemals hätte ich mich so demütigen lassen! Was ich will, bekomme ich auch! Und mir ist es völlig egal, ob mich eine Frau liebt oder nicht; dazu bringen kann ich sie allemal! Ich wollte dich aus einem einzigen Grund, und den wirst du noch früh genug erfahren", mit diesen Worten wandte er sich vom Fenster ab und kam auf das Bett zu.
„Du solltest dich ankleiden. Du willst doch nicht dein erstes Frühstück als neue Herrin dieser Burg verpassen, oder?", Sammael lächelte mich an und strich mir über die Wange. Schwach versuchte ich ihm auszuweichen, doch irgendeine Kraft ließ mich an Ort und Stelle verweilen. Er gab mir einen leichten Klaps auf die Wange und wie durch Zauberei kam eine Magd herein und bereitete meine Morgentoilette vor. Mit einem nicht sehr damenhaften Schnauben erhob ich mich und überließ mich wohl oder übel meinem Schicksal. „Gutes Mädchen, ich werde draußen auf dich warten", noch draußen auf dem Gang konnte ich sein leises Lachen hören. Dieser Idiot! Wie konnte er nur? Ich hasste ihn! Wie hatte ich mich nur so täuschen lassen können?

Als ich zusammen mit Sammael den großen Saal kam, war er mit Menschen gefüllt. Wieso man wohl so viele Menschen zum ersten Frühstück einlud? War es etwa etwas besonderes, das erste Mal als Ehepaar zu essen? Sammael verstärkte den Griff um meinen Arm und baute sich zu seiner vollen Größe auf, als wir an einer Gruppe von Männern vorbeikamen, die sich lauthals unterhielten und unter denen sich auch Eduard befand. Glaubte er etwa dieser widerwärtige Mann könnte ihm etwas anhaben? Als ob ich mich je zu so etwas hingezogen fühlen würde! „Die Wege der Menschen sind unergründlich und du solltest bedenken, dass ich ein Monster bin", in meinem Kopf war Sammaels Stimme, die einen merkwürdigen, gar bewegten Unterton hatte. Sammael schaute weiter geradeaus und führte mich jetzt zielstrebig zu meinem Platz, indem er mich einfach auf meinen Stuhl verfrachtete. „Werde ich jetzt schon wie ein Kind behandelt?" „Nein, ich will nur sicher gehen, dass du mir erhalten bleibst und das in deiner ganzen, wunderschönen Pracht", Sammael grinste von einem Ohr zum nächsten. Genervt fing ich an meinen Teller zu befüllen und ohne einen weiteren Blick fing ich an zu essen. Es war mir egal, was all die Männer im Saal dachten, ich wollte einfach nur nicht weiter mit meinem Ehemann reden. „Die Männer denken jetzt, dass du ein richtiges Weib bist. Sie werden versuchen dich mir wegzunehmen", ich konnte sein Lächeln mehr hören, als dass ich es sah. Was hatte ich mir jetzt wieder eingebrockt? Ich sah auf und bemerkte, dass alle Männer mich mit einem versteckten Lachen betrachteten. Plötzlich stand Eduard am anderen Ende des Saals auf und sprach Sammael direkt an. „Da habt Ihr euch das richtige Weib ausgesucht, Maximilian! Wollt ihr sie mir mal leihen?", Gegrölle aus allen Ecken. Was Sammael wohl sagen würde? „Ich weiß, dass es dir richtige Entscheidung war. Aber ich werde es euren Vorschlag einmal überdenken, mein lieber Eduard. Das kommt ganz auf ihr Verhalten an", Sammael riss mich grob am Arm in die Höhe und gab mir einen heftigen Kuss, sodass meine Lippen schmerzten. Wieder konnte man aus allen Ecken die Männer lachen hörten. Mir dämmerte, dass ich einfach nur eine Spielpuppe für all diese Männer war. Jetzt verstand ich all die Frauen, die uns jungen Mädchen immer klarmachten, dass es die wahre Liebe nur in Märchen gab und wir nichts als Ware für Männer waren.

Nach dieser Bloßstellung wollte ich einfach nur in mein Gemach und allein sein, doch mein Tag hatte gerade erst angefangen. Ich hatte jetzt neue Aufgaben und diese würden mich den ganzen Tag beschäftigen. Als das Frühstück allgemein für beendet erklärt wurde, stand Sammael auf und ging aus dem Saal. Alle anderen Männer blieben an Ort und Stelle und einige schauten mich voller Gier an. Was wollte Sammael damit bezwecken? Wollte er mich für meine Liebe zu Daniel bestrafen? Ob er wohl einschreiten würden, wenn sie mir etwas antun wollten?

Geschichte einer HexeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt