Teil 9

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Eine Magd steckte meine Haare nach oben und flocht mir weiße Blüten ins Haar. Sie wusch und kleidete mich. Ich tat nichts. Starrte nur auf die Wand und wartete bis ich in der Kapelle die zwei wichtigsten Worte in meinem Leben sagen musste. Ich dachte darüber nach, wie schnell Sammaels Zauber verflogen war. Ich hatte nur mit Daniel gesprochen und schon war mein Herz in seiner Hand gewesen. Sammael wurde unwichtig für mich. Es gab nur noch Daniel.
Was wohl mein Vater zu diesem Wandel gesagt hätte? Wir alle hatten uns gewandelt: Daniel liebte mich jetzt ohne den Zauber Sammaels, ich liebte Daniel und nicht, weil ich verzaubert war, Sammael und Sammael wurde zu dem, was er schon immer war: zu einem Monster. Er hatte Daniel ausgepeitscht und mich geschlagen und misshandelt. Was kam wohl als nächstes? Ich, als Teil eines Harems? Daniel, hingerichtet vor meinen Augen? Ich konnte mir so vieles vorstellen und doch nahm nur eines Gestalt an: ich, getötet von der Inquisition.

„Dorothee, es ist soweit!", mein alter Herr, mein Arbeitgeber, führte mich in die Kapelle, anstelle meines Vaters. Mein Vater würde mir jetzt helfen, würde mir sagen, dass ich Daniel heiraten sollte. Doch mein alter Herr war nur stolz, dass eine seiner Mägde einen so wichtigen Mann heiratete. Er malte sich bestimmt die Vorteile aus, die so für ihn entstanden. Als Ersatzvater der Frau, die Maximilian von Steinig heiratete.
Vor dem Altar wartete Sammael auf mich und hinter ihm der Pfarrer. Welcher Pfarrer schloss eine erzwungene Ehe? Oder gab es diese Hochzeit aus Liebe nur in meinen Träumen? War es in der Welt immer noch so, dass die Ehen von den Eltern geschlossen wurden? Ich wusste nichts über die Welt und das wurde mir jetzt klar, als ich vor dem Pfarrer stand und er die alten Worte sprach. Als mein Einsatz gekommen war, sagte ich „Ich will" und bemerkte, dass ich weinte. Die Gäste dachten wahrscheinlich aus Freude, doch Sammael und ich wussten, dass es aus Angst und Trauer war. Erfreut über mein Leid lächelte Sammael und sprach seine Worte.
Als der Pfarrer uns zu Mann und Frau erklärte, drehte ich mich zu Sammael und ließ ihn gewähren, als er mich küsste. Nach der Zeremonie gingen wir mit den Gästen aus der Kapelle in den Ballsaal, wo noch mehr Gäste auf uns warteten. Im Ballsaal war alles festlich mit Blumen und Kerzen geschmückt worden und eine riesige Tafel war aufgebaut worden, anderen Kopf Sammael und ich mit den wichtigsten Gästen des Abends saßen.
Als Sammael mir den Stuhl zurechtschob, bemerkte ich, dass Daniel mit seinen Eltern mir gegenüber saß. Sammael wollte also den Schein wahren und Daniel als einen Ritter in seinen Diensten darstellen. Die Gelegenheit nutzend wollte er uns auch noch quälen, indem er Daniel und seine Familie uns gegenüber setzte.
Ich hasste ihn, aber an diesem Abend, konnte ich ihm das nicht zeigen. Die ganze Zeit schaute ich zu Daniel. Nur ab und an probierte ich ein wenig von den Speisen, um die Gäste, die mehr mit sich selbst beschäftigt waren, zu beunruhigen oder Gerüchte aufkommen zu lassen. Über Daniels Gesicht liefen fortwährend Tränen und auch ich war den Tränen nahe.
Nach dem Essen, spielten Musiker und es wurde getanzt. Die Gäste die schon mehr als angeheitert waren, fand man in allen Ecken Frauen küssend, die nicht ihre Ehefrauen waren, doch das schien an diesem Abend keinen zu stören. Als ich mit einem Freund Sammaels tanzte, sah ich, dass selbst Sammael sich nicht an unser Eheversprechen hielt und mit einer anderen Frau in einer Ecke stand, mehr als nur turtelnd.
Auch Sammaels Freund, Eduard, sah seinen Freund mit der anderen Frau in der Ecke und sah mich prüfend an. Anscheinend war mein Gesichtsausdruck mehr als zufriedenstellend für ihn. Sah man mir an, dass Sammaels Verhalten mir nichts ausmachte?
„Wollt Ihr etwas trinken, Dorothee?", Eduard lächelte mich charmant an. Ich nickte hölzern und ließ mich von ihm an den Rand der Tanzfläche führen, wo er mir einen Becher mit Wein reichte. Wie gern hätte ich mit Daniel getanzt, doch hätte ich das, wäre der Schein verflogen und jeder hätte gesehen, dass ich nicht Sammael sondern Daniel liebte.
„Euer Mann scheint euch nicht sonderlich treu zu sein", prüfend schaute er mir ins Gesicht, doch als ich keine Regung zeigte, nur weiter mit den Augen Daniel und einer hübschen Blonden folgte, sprach er weiter: „Wenn ich euch geheiratet hätte, meine liebe Dorothee, hätte ich Euch nicht allein stehen lassen. Ich muss zugeben, mir scheint, als würde Maximilian euch nicht lieben. Wenn ich so frei sein darf. Ich muss zugeben, ich liebe Euch. Vom ersten Moment an, an dem ich Euch sah. Ihr seid eine Schönheit, die mir noch nie begegnet ist. Wenn ihr euch genauso verhalten wollt, wie euer Gemahl, könnt Ihr ruhig mit mir kommen. Es wird schon niemand erfahren", er lächelte mich wissend an, doch ich konnte mein Entsetzen nicht verstecken. „Ihr wollt, dass ich meinen Ehemann betrüge? Und damit mein Eheversprechen breche? Auch wenn es mein Mann tut, ich werde es nicht tun. Und wenn ich vorhätte es zu tun, würde ich mir gewiss einen besseren Mann als euch suchen!", wütend wandte ich mich ab. Dass er sich so etwas erlaubte und dass am Abend meiner Hochzeit!
Plötzlich umschlossen mich von hinten zwei Arme und ich fuhr erschrocken herum. Sammael stand vor mir und lächelte mich stolz an. „Du empfindest anscheinend doch mehr für mich, als du zugeben willst. Sonst wärst du doch sicher mit Eduard mitgegangen, oder? Das hätte jede Frau in diesem Saal getan", ich lachte ein leises, kehliges Lachen.
„Nur weil du so etwas tust, heißt das noch lange nicht, dass ich mein Eheversprechen breche!", ich wurde langsam richtig wütend. Er hatte mich doch unbedingt heiraten wollen! Wieso stand er jetzt mit einer anderen Frau in einer Ecke und vergnügte sich? Er hätte auch jede andere heiraten können, die ihn liebte! „Dorothee. Ich habe nichts getan wirklich. Es sah nur so aus und sollte auch so aussehen. Gerüchte sind immer gut für mich. Ich will nur dich! Niemals hätte ich eine andere geheiratet. Auch wenn die Leute denken, es wäre anders, hast du der Hochzeit doch zugestimmt. Das ist auch ein Versprechen und du wolltest es brechen. Also beruhige dich! Wir tanzen noch einen letzten Tanz und dann wäre es angebracht zu gehen, wenn du dir die Leute so ansiehst!", er lachte und ich blickte mich im Saal um. Niemand stand bei seinem Ehepartner. Fast alle waren an den Rand der Tanzfläche gegangen und hatten offensichtlich ihren Spaß. „Ich möchte nicht mehr tanzen. Lass uns gehen. Irgendwann ist es ja so oder so soweit", ich sah im ins Gesicht und sah für einen kurzen Moment etwas Liebevolles in seinem Blick aufblitzen. Doch schnell hatte er sich wieder im Griff und hatte seine neutrale Maske aufgesetzt. Leise murmelnd gingen wir aus dem Saal und durch die Gänge, in unser neues Gemach. In unser gemeinsames Gemacht, in dem ich fortan leben würde. Als verheiratete Frau, die den Teufel als Mann hatte.

Geschichte einer HexeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt