4-safe

159 23 31
                                    

Es war dunkel. Langsam richtete ich mich auf und griff nach dem Beutel mit dem Essen, der neben mir lag. Ich riss mir ein kleines Stück Brot ab und biss hungrig hinein. Ich blickte in die einzige Richtung aus der Licht kam und sah, wie Cassiel am Lagerfeuer saß und verträumt in die Flammen schaute. Ich stand auf, ging zu ihm und hielt ihm das letzte Stück Brot vor die Nase. Zuerst schreckte er kurz auf, sah mich dann aber dankbar an und aß das Brot.

 "Danke", murmelte er müde.

 "Wieso schläfst du nicht?"

"Wieso schläfst du nicht?"

 "Mir war zu kalt, konnte nicht einschlafen." 

"Setz dich zu mir, das Feuer ist schön warm."

Als ich mich neben ihm nieder ließ,  fiel mir ein Bluterguss auf seiner rechten Schulter auf. 

 "Das war dann wohl ich, hm?"

Er nickte und grinste schief. "Ist aber nicht weiter schlimm."

"Sicher?" Ich blickte die Stelle an. "Das sieht übel aus, Cassiel. Meine Mutter hat mir-" 

 "Melian", sagte er sanft,zog mich mit einem Arm zu sich und legte mir seinen Zeigefinger vor die Lippen. Ich kannte ihn kaum, aber ich fühlte mich sicher. "Lass gut sein, das wird wieder." 

Ich nickte. Vorsichtig ließ ich meinen Kopf auf seine Schulter sinken und blickte mit ihm in die miteinander tanzenden Flammen.

Flatternd öffneten sich meine Augen. 

 "Cassiel?", fragte ich verschlafen.

"Melian?", ertönte seine tiefe Stimme über mir.

 "Wo bin ich?"

"Im Schlaraffenland." 

 "Was ist das?"

"Du weist ernsthaft nicht was das Schlaraffenland ist? Das ist der Traum eines jeden Kindes!"

 "Tut mir leid, ich-"

"Es muss dir nicht-", er gähnte. "Es muss dir nicht leid tun." 

 "Okay. und du bist müde und legst dich jetzt hin."

"Aber ich will dir vom Schlaraffenland erzählen." 

 "Nein, das war ein Befehl."

"Okay, eure Majestät."

Mein Lächeln verblasste. Es fühlte sich komisch, sogar falsch an, so genannt zu werden. Ich hatte das Gefühl, dass sich langsam etwas in Cassiels Kopf begann, sich zusammen zu setzen. Und zwar der Fakt, dass ich ehemalige Kronprinzessin von Averis war. 

"Melian, wenn ich mich hinlegen soll, solltest du eventuell erstmal von meinem Bein runter gehen."

"Oh, ja." Ich setzte mich auf und Cassiel legte sich hin. 

"Umpf. Würde es dir etwas ausmachen, wenn ich mich auf dein Bein legen würde? Der Boden ist ziemlich unbequem."

 Ich klopfte auf meinen Oberschenkel um ihm zu signalisieren, dass er sich hinlegen durfte, was er dann auch tat. 

 "Schlaf gut", ich lächelte und fuhr ihm einmal durch die samtweichen Haare.

"Nein, ich werde dir erst noch etwas vom Schlaraffenland erzählen."

Ich murrte. "Na gut, aber nur, wenn du danach wirklich schläfst."

 Er begann mir von einem Land zu erzählen, in dem alles aus Süßigkeiten bestand. Jeder Zentimeter war aus Süßigkeiten und dort lebten kleine Affen, die immer die Bonbonpapiere wegräumten, wenn die Kinder etwas fallen ließen. Er wollte noch unbedingt etwas von einem Löwen erzählen, dessen Mähne aus Zuckerwatte bestand, doch dann schlief er ein. 

Ich saß alleine auf dem Boden und stocherte mit einem Ast in dem verbrannten Holz herum, auf Cassiel wartend, der los gegangen war, um Nüsse zu holen. Neben dem Knirschen der Kohle, ertönte nun auch ein Rascheln. Ich blickte schnell hinter mich, wo ich den Fuchs sah, der mir gestern schon begegnet war.

"Heyy", sagte ich. "Dich kenn ich doch!" Ich hatte keine Angst mehr vor ihm, warum auch immer. Er kam mir sogar vertraut vor.

Der Fuchs legte den Kopf schief, kam dann aber näher. Als er dann neben mir stand, streckte ich zögernd meinen Arm aus und ließ meine Finger durch sein Fell gleiten. Kurz zuckte er zusammen.

"Habe ich dir weh getan?" Der Fuchs schaute mich eindringlich an. "Du kannst ja nicht sprechen, hätte ich fast vergessen. Naja aber ich habe gestern einen violetten Feuerball abgefeuert oder was auch immer das war, also würde es mich jetzt nicht wirklich wundern, wenn Füchse sprechen könnten." Ich schaute den Fuchs an, wobei mir auffiel, dass sich eine fast weiße Strähne durch sein Fell zog.

"Hast du dich da verletzt?", fragte ich, da ich mal gehört hatte, dass bei Verletzungen das Fell von Tieren oft weiß nach wuchs. Der Fuchs hob sanft den Kopf. Hatte er mich verstanden?

"Darf ich dich etwas fragen?" Ich glaubte für einen kurzen Moment, ein Nicken wahrzunehmen. War wahrscheinlich doch nur Einbildung.

"Ist es normal, einem fremden Jungen, den man erst seit einem Tag kennt, schon bedingungslos zu vertrauen?" Es schien, als würde der Fuchs lächeln. "Das heißt dann wohl ja." 

RunnerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt