"Ich weiß es nicht genau-"
"Weißt du es nicht genau oder weißt du es einfach nicht?"
"Ich weiß es nicht genau."
"Dann erzähl es mir ungenau, Cassiel. Wieso konnte ich im Schloss nicht zaubern?"
"Naja also.. Früher, bei mir in Diron, das kleine Dorf in dem ich lebte, haben die alten immer erzählt, dass einst eine junge, hübsche Frau auf den Hof von Averis kam. Sie war atemberaubend. Wie es wohl kommen musste, verliebte sich der junge Prinz in sie. Kurz vor ihrer Hochzeit vertraute Lilya, so hieß sie, dem Prinzen an, dass sie eine Hexe sei. Dies hielt den Prinzen jedoch nicht davon ab, sie zu heiraten. Damit es nicht aufflog, belegte Lilyas Mutter, eine der mächtigsten Hexen Averis', das Schloss mit einem Zauber, der jegliche Magie in ihm blockierte. Seit dem zieht sich das Gen durch die königliche Familie."
"Das war doch ziemlich genau", bemerkte ich halbherzig, mir seine Worte nochmal durch den Kopf gehen lassend.
"Wie du meinst. Jedenfalls bist du außerhalb des Schlosses, was bedeutet, dass dich die Blockade nicht mehr beeinträchtigt."
Ich gab ihm ein Nicken als Antwort.
"Wenn mein Vater jetzt also außerhalb des Schlosses wäre, würde sie auch zaubern können?"
"Nehme ich an, ja. Aber ich bin mir nicht sicher, es ist ja nur ein Gen, also kann es sein, dass es eine Generation überspringt."
"Woher weißt du so viel?" Ich nahm mir wieder den Faustkeil und schnitzte ein paar wahrlos Zeichen auf einen Stock.
"Als Kind habe ich es geliebt, dabei zuzuhören, wie die alten den kleinen Kindern Geschichten erzählt hatten. Im Gegensatz zu den anderen liebte ich es, reale Erzählungen zu hören, zu lernen."
"Wieso bist du nicht an den Hof gekommen, wenn du so gerne gelernt hast. Du hättest Berater werden können."
"Wir waren zu arm und.. Meine Familie beziehungsweise mein Dorf hatte nie wirklich ein sehr gutes Bild von.. deiner Familie, weil sie unterdrückten. Sowohl ihre Natur, als auch das Volk."
Ich wollte mich verteidigen, aber er hatte recht. Nur einen Fehler und man wurde verstoßen, arme hatten so gut wie keine Rechte und selbst die wohlhabenden lebten unter dem strengen Gesetz meiner Eltern. Je länger ich hier im Wald war, desto mehr erfuhr ich über meine Eltern, was mir nicht alles gefiel, von einem ebenfalls Verstoßenen, der vorher anscheinend arm gewesen war. Ich wusste nicht, ob ich mich mit all dem anfreunden konnte.
"Melian?"
"Hm?" Weiterhin in Gedanken versunken schnitzte ich.
"Wieso wurdest du eigentlich vers-" Er gab ein schmerzhaftes Zischen von sich.
"Cassiel?" Ich war abgerutscht und hatte ihm ins Bein geschnitten. Er presste seine Hand auf den doch sehr tiefen Schnitt und Blut floss zwischen seinen Finger seinen Unterschenkel herunter.
"Oh gott, tut mir leid!"
"Melian, ist okay.", sagte er mit gepresster Stimme und riss sich einen Streifen seines Hemdes ab und wickelte es fest um die Wunde.
Die Blutung stoppte nicht. Je mehr Blut er verlor, desto blasser und angespannter wurde er.
"Geh weg, Melian."
Ich schüttelte den Kopf.
"Wieso sollte ich? Ich bleibe hier!"
"Melian, geh weg!" Ich hörte ein Knurren.
"Was war das?!"
Ich stand auf, vor Angst zitternd.
"Ich habe gesagt, verschwinde!"
Ich wollte mich gerade umdrehen, da wurde das Knurren lauter und Cassiels Augen glühten noch grüner auf als sie ohnehin schon waren. Ich wich zurück.
"Cass-" Er brüllte und in seinem Mund befanden sich Reißzähne. Nun hatte ich wirklich Angst. Ich rannte. Den Stein in der Hand rannte ich immer weiter, mich von Cassiel und unserem Lager entfernend. Was zur Hölle war Cassiel?
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Runner
FantasyIch war Thronfolgerin, ich hatte Macht. Ich war wunderschön, ich hatte Macht. Ich war schlau, ich hatte Macht. Ich wurde verstoßen, ich war alleine. Ich wachte auf, ich fror. Ich bin Melian, ich lebe. - Danke an @Federkie...