2. Ann

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Ich bin viel zu betrunken, um mich von Brians festem Griff losreißen zu können. Ich stolpere hinter ihm den Flur entlang und versuche mich mit der freien Hand an den Wänden festzuhalten.
"nicht so schnell", keuche ich, doch er reagiert nicht. Bemerkt er überhaupt, wenn ich etwas sage, geschweige denn, wenn ich versuche, mich von seiner Hand loszureißen?
In mir wächst das Gefühl, nicht am richtigen Ort zu sein. Ich fühle mich unwohl in Brians Nähe, obwohl ich gedacht hatte, Brian sei liebevoll und nicht so ... grob?
Seit ich ihn kenne, war er immer liebevoll und freundlich zu mir. Ich zwinge mich die schlechten Gedanken zu ignorieren. Wieso muss mich etwas Schlimmes erwarten? Vielleicht möchte er mir einfach etwas zeigen?
Brian öffnet eine dunkelbraune Tür und schiebt mich vor sich in das dunkle Zimmer. Hoffnungslos versuche ich mich an etwas anzutasten, doch hier scheint nichts zu sein. Er schließt die Tür ab und die Panik überfällt mich förmlich.
"Ich brauch das jetzt", höre ich ihn lallen. Er ist hinter mir. Dicht hinter mir. Ich spüre seinen Atem, wie er auf meinem Nacken ruht. Langsam und tief. Er legt seine Hände um meine Taille und dreht mich zu sich.
Ich kann nichts sagen. Ich stehe wie angewurzelt vor ihm und bekomme kaum Luft. Als wäre in dem Raum kein Sauerstoff mehr zum Atmen.
"Was brauchst du?", meine Stimme zittert und bricht. Ich weiß nicht, was ich tun soll. Ich bin zu betrunken, um mir Gedanken darüber machen zu können, was nun das Beste wäre.
"Dich", raunt er mir ins Ohr und drückt mich gegen die Wand. Ich schnappe nach Luft. Die Wand ist kalt und gibt mir keinerlei Möglichkeiten aus dem Zimmer flüchten zu können. Meine Arme sind schwer, jeder Muskel fühlt sich an, als würde er nicht existieren. Ich sage nichts. Ich weiß nicht, was ich darauf antworten könnte. Stattdessen bleibe ich stehen und finde mich damit ab, mich nicht befreien zu können. Brian streicht mir das nasse Haar aus dem Gesicht.
"Du bist so schön", er drückt sich an mich und ich könnte schwören, dass ich bei den Worten erröte, doch das Licht ist aus. Ich erkenne ihn nur schwach. Nur die Umrisse seines Körpers lassen mich versichern, dass er vor mir steht. "Danke", ich antworte monoton in der Hoffnung, die Situation nicht zu verschlimmern. Vergeblich. Er drückt sich noch ein letztes Mal an mich und reißt mich unwillkürlich von der Wand. Ich weiß nicht was er vor hat. Die Welt dreht sich und ich bin dazu gezwungen, mich einfach zu ergeben.
Brian wirft mich sanft auf das Bett. Es ist weich, dennoch kalt.
"Ich konnte schon die ganzen Tage meine Finger nicht von dir lassen", er wirkt grob und sein Ton ist hart. Er gibt sich keinerlei Mühe so sanft zu klingen wie sonst. Er streift mir das Kleid hoch und ich bete, in einem schlechten Film zu sein.
"N..nicht", wimmere ich, doch er macht keinerlei Anstalten, als würde es ihn interessieren.
"Brian bitte... Ich.. dachte...", lallend liege ich unter ihm. Ich versuche mich aufzurappeln, doch er lässt mich nicht.
"Wehre dich nicht. Entspann dich", er küsst meine Halsbeuge entlang und ich kann mir ein Keuchen nicht unterdrücken.
"Verschwinde von mir!", ich nehme all meine Kraft zusammen und versuche ihn von mir wegzustoßen. Ich fühle mich schwach und ihm unterlegen. Ich habe keine Chance.
Brian schiebt seine warmen Hände unter meinem Slip und mir bleibt keine andere Möglichkeit mehr, als zu schreien. Immer und immer wieder flehe ich um Hilfe, doch mich hört niemand.
"Hör auf dich wie eine Jungfrau aufzuführen, Ann! Lass mich in dir sein", seine braunen Augen funkeln mich wütend an und ich kann sein boshaftes Lächeln erkennen.
Ich richte mich leicht auf und schlage ihm meine flache Hand ins Gesicht. Der Schlag hallt durch den ganzen Raum und Brian stößt zurück. Eh ich mich nach ihm umschauen kann, höre ich, wie jemand an der Tür klopft.
"Alles klar da drin?", eine männliche Stimme durchdringt meine Ohren. Mit einem Satz stehe ich vom Bett auf und stolpere auf die Tür zu, doch Brian hält mich davon ab und zieht mich zu Boden.
"Lass mich los!" schreie ich noch lauter und hoffe, dass der Kerl noch vor der Tür steht.
Brian drückt seine Hand auf meinen Mund.
"Du hältst jetzt verdammt noch mal deine Fresse", zischt er zwischen die Zähne, doch es ist zu spät. Das Geräusch, wie jemand immer und immer wieder gegen die Tür tritt, erlöst mich von meiner panischen Angst. Mein Herz pocht. Ich bete mit jedem Tritt, dass die Tür endlich zu Bruch geht. Brian zieht mich näher an sich. Ich strample wie wild mit meinen Beinen, doch es raubt mir mehr Kraft, als dass es hilft. Egal was ich tue, gegen ihn bin ich machtlos. Ich wimmere. Meine Dummheit wurde mir zum Verhängnis. Ich hätte zuhause bleiben sollen. Stattdessen dachte ich, ich könnte meine Probleme mit irgendwelchen alkoholischen Getränken lähmen, geschweige denn, sie vergessen. Ich bin nicht hergekommen, um Spaß zu haben. Ich wollte einfach leben, ohne dem Gefühl, dass ich völlig alleine bin. Brian durchdringt meine Gedanken. Er hält mich mit seiner verschwitzten Hand am Mund fest, während die Andere wieder mein Bein entlangstreift. Es fühlt sich schrecklich an. Die Bilder meines Vaters, wie er mich auf dem Bett festhält und mich dazu zwingt, ihn zu lassen, gehen mir wieder durch den Kopf. Damals dachte ich, es sei okay. Damals dachte ich, es sei normal. Schließlich denkt man als kleine Tochter, dass das, was die Eltern tun, das Richtige ist. Ein lautes Gepolter reißt mich aus dem Gedanken. Ich versuche, trotz dass Brian auf mir liegt, mich aufzurichten. Ein schwaches Licht blendet mich. Ich stöhne auf, alles ist verschwommen und ich kann nicht klar denken. Mein Kopf dröhnt und ich bin müde von dem vergeblichen Kampf. Ich sehe nur noch, wie Brian von mir weggerissen wird. Ein Typ mit hochgegelten blonden Haaren schlägt auf ihn ein. Ich kann hören, wie er Brian anschreit, doch ich verstehe nicht was er sagt. Minuten später merke ich, wie ich vom Boden aufgehoben werde. Ich bin kraftlos und verschwende keinerlei Gedanken mehr daran, ob es gut oder schlecht ist, sich forttragen zu lassen. Der Gedanke, dass ich hier einfach nur weg will, ist das, was zählt.










"Geht es dir besser?", eine warme Hand ruht auf meiner Stirn. Ich kann weder klar sehen, noch klar denken. Das einzige, was ich erkennen kann, ist ein Mann mit wundervollen blauen Augen und blondem Haaren. Er muss schon länger hier sitzen und darauf gewartet haben, bis ich aufwache. Meine Scharfsinngkeit verstärkt sich. Seine Haare sind zerzaust und hängen ihm quer über sein Gesicht.
Ich nicke und bringe ein schwaches Lächeln zu Stande. "Wo bin ich hier?", ich deute mit meinem Finger auf die Wolldecke, die mich umgibt. Der Raum ist groß und sieht aus, wie ein Wohnzimmer eines reichen Ehepaares. Ich liege auf einem weißen Sofa, dass mit Silbermetall umrahmt ist.
"Ich habe dich mit zu mir genommen. Du bist eingeschlafen, als ich dich im Arm hatte. Dann wusste ich nicht, wo ich dich hinbringen sollte" Er studiert mich. Ich muss sicher schrecklich aussehen. Am liebsten würde ich mich unter die Wolldecke verkriechen, statt mich von so einem attraktiven Mann angaffen zu lassen.
"Ach so", mehr bringe ich nicht zu Stande. Doch dann denke ich noch einmal nach.
"Also kamst du auf die Idee, mich einfach mitzuschleppen? Das ist unhöflich" Ich studiere ihn und trotz dass er mir fremd ist, fühle ich mich sicher.
Der Fremde schüttelt lachend den Kopf.
"Entschuldige, Madame. Ich hätte wissen müssen, dass diese Aktion ein absolutes No-Go ist. Ich hätte sie einfach auf dem Bordstein an der Straße ablegen sollen" Ein Lächeln umspielt seinen Mund. Er sieht einfach umwerfend aus. Ich stimme ihm zu.
"Ich danke dir",meine Tonlage ist ernst und ich wende mich ab und schaue mich um.
"Ich muss zurück zum Verbindungshaus. Mein Auto steht noch auf dem Parkplatz"
"Wenn es nicht schon Schrott ist", wieder lacht er. Mir bleibt nichts anderes übrig, als nach einem Kissen, welches neben mir liegt, zu greifen, um ihn damit abzuwerfen.
"Wenn es nicht schon Schrott ist" erwidere ich.
"Wie heißt du überhaupt?" Seine Augen fokussieren die meine.
"Ann. Und du?" Ich mustere ihn gespannt.
"Zack.
Ich fahre dich zum Verbindungshaus. Es ist etwas zu weit und bei dem Zustand", er deutet mit seinem Finger auf mich
"solltest du definitiv nicht alleine dahin laufen" Er setzt eine ernste Miene auf. Ich schlucke und rapple mich auf.
„Einverstanden"

It's time to forget youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt