12. Ann

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„Lass mich dich anfassen, Kleines" Seine rauen, nach Zigaretten stinkenden Finger betasten meine Schenkel. Auf und ab.
Mal fester, mal weicher.
Mal ruckartig.
„Lass es zu", sagt er immer und immer wieder, doch meine Beine zittern nur. Ich öffne weder meine Beine, noch kann ich etwas sagen. Ich liege einfach da und warte, bis Mom endlich wieder nachhause kommt.
„Hier..." Er greift nach meiner sanften und zerbrechlichen Hand.
„Leg sie dort hin und... streichle dich", sein Blick ist gierig und ich versteh nicht, was er von mir verlangt. In meinem Kopf fliegen lauter Fragezeichen umher. Ich kann ihn nicht ansehen, obwohl ich weiß, dass nichts dabei ist. Es ist in Ordnung, hat er gesagt.
Und dennoch schäme ich mich?
Ich blicke fragend zu ihm hinauf.
„Streichle dich da... jetzt..!"
Voller Scham fange ich an, mich zu streicheln, während er stöhnen da steht und sich seine Hose vom Leibe zieht.

Mein Handy klingelt und als ich es aus meiner Tasche ziehe, muss ich mit Bedauern feststellen, dass Zack derjenige ist, der mich zu kontaktieren versucht.
''Wie kann ich dir helfen?'', meine Stimme ist kalt und rau. Als hätte mir die letzte Nacht nicht im Geringsten etwas bedeutet.
''Hast du einen Augenblick Zeit für mich?'' Zack wirkt bedrückt, als wolle er etwas loswerden.
''Klar, kommst du zum Potomac River?'' Ich streiche mir mein Haar zurecht, das vom Wind verwüstet wurde.
''Bin in 5 Minuten da'' Er legt auf und ich lasse mein Handy sinken. Ich schnalze mit der Zunge und schüttle verächtlich den Kopf.
Ich widme mich wieder meinem Buch, welches ich vergeblich versucht hatte zu lesen, bis mich meine Gedanken wieder aus dem Konzept brachten.

Ich spüre, wie eine Hand auf mir ruht. Ich schrecke auf.
''Meine Güte, warum musst du dich immer so anschleichen? Sprich doch mit mir!'' Ich blicke zu Zack hinauf und verstaue mein Buch in die Tasche.
''Beim nächsten Mal'' Er zwinkert mir charmant zu ich und muss lächeln. Als wären all meine Zweifel vergessen. Als würde alles in meinem Leben wieder Sinn machen. Es ist, als würde ich nicht mehr nachvollziehen können, wieso ich den Kontakt zu Zack meiden wollte.
''Du wolltest reden?'' Er setzt sich neben mich auf die frisch gemähte wiese. Der Duft von Gräsern ruht in meiner Nase.
''Ja, tatsächlich wollte ich das'' Er betrachtet mich, als sei ich eine antike Skulptur, die von unheimlichen Wert ist.
''Ich möchte ehrlich zu dir sein, Ann''
''Ehrlich? Na das klingt ja super'', stirnrunzelnd wende ich mich von ihm ab und mustere die Sonnenstrahlen, welche vom Flusse hinaufspiegelt.
''Naja, ich möchte dich nicht verletzen und das weißt du'' Er folgt meinen Blick zum Fluss hinüber.
''Du hast mich schon verletzt, Zack. Allein mit deinem Verhalten gestern im Flur'' Ich schüttle den Kopf und Zupfe an den Grashalmen. Ich bin nervös.
''Ich kann dieses ganze Beziehungsding einfach nicht, verstehst du?'' Er senkt seinen Blick und wartet auf meine Antwort.
''Du kannst das nicht, ja?'' Ich studiere ihn.
''Willst du mich eigentlich komplett verarschen?'' Ich spüre, wie mein Blut anfängt zu pulsieren.
''Aber mich letzte Nacht durchvögeln, das kannst du? Wirklich?'' Ich stehe auf und will gehen, doch Zack greift nach meiner Hand.
''Vielleicht irgendwann, aber nicht jetzt'' Zack streicht mir mit seiner Hand über das Gesicht.
''Irgendwann ist irgendwann zu spät, Zack'' Ich merke, wie mir die Tränen in die Augen schließen. Ein Schleier bedeckt meine Augen.
''Versteh doch... Ich kann nicht jetzt, aber wenn ich kann, dann nur mit dir. Du bist etwas Besonderes, Ann''
''So besonders, dass das alles warten muss? Dass ich warten muss?'' ich versuche mich von ihm zu lösen, doch er hält inne.
''Du wirst es verstehen, wenn es soweit ist'' Zack zieht mich näher an sich.
''Nein, danke. Ich lasse nicht auf meine Wenigkeit warten'' und mit diesen Worten löse ich mich von Zacks Berührungen und drehe mich um.
Ich gehe, ohne zu wissen, wohin ich gehe.
Ich höre, wie mir Zacks Schritte folgen und wie er auf mich einredet, doch ich höre nicht hin. Ich werde nie wieder hinhören. Ich werde keines seiner Worte wahrnehmen. Nie wieder.
Ich wusste, dass er über etwas Ernstes sprechen wollte.
Doch ich wusste nicht, dass es mir das Herz brechen wird. Dabei war ich heute Morgen noch der Ansicht, dass ich mich von ihm fernhalten sollte. Nun, hätte ich doch nur auf meinen Verstand vertraut. Das Herz ist und bleibt ein Arschloch, welches dich lachend in die Kreissäge rennen lässt. Es zerfetzt dich. Es zerstört dich und du denkst, es sei der richtige Weg.
Doch letzten Endes, ist das, was dem Menschen bleibt, der logische Verstand. Das rationale Denken. Vorrausschauend sein. Sich nicht beirren lassen.

Das Herz ist und bleibt ein Arschloch.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Sep 27, 2020 ⏰

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