11. Ann

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Ich versuche meine Gedanken zu sortieren. In meinen Kopf herrscht das reinste Chaos.
Zack und ich. Gemeinsam. In meinem Bett.
Was habe ich mir dabei nur gedacht?
Ich weiß, wie das hier endet.
Ich weiß ganz genau, dass er spätestens in zehn Minuten seine Sachen vom Boden und mein Zimmer verlassen hat. Allein bei dem Gedanken dreht sich mein Magen um.
Ich blicke hinauf zu Zack. Seine Augen sind geschlossen und er hat seinen Arm auf seine Stirn gelegt. Sein atmen ist ruhig und schwer. Als würde er... schlafen?
Irritierend..
Und dennoch beobachte ich ihn weiter. Ich kann meine Augen einfach nicht von ihm lassen. Er ist so perfekt. Selbst, wenn er schläft und absolut fertig ist. Ich streiche mit meinem Daumen sanft über seine Unterlippe. So weich.
Ich folge mit meinen Augen die Bewegung meines Daumens. Ohne wirklich darüber nachgedacht zu haben, nähere ich mich seinem Gesicht und küsse ihn. Behutsam und vorsichtig. Er soll davon nichts erfahren. Er scheint tatsächlich zu schlafen.
Ich sollte mir keine Gedanken über sein weiteres Vorgehen bezüglich unserer..., was auch immer wir hier führen, machen. Ich sollte das Hier und Jetzt genießen. Und auch das sage ich mir viel zu oft. Im Hier und Jetzt leben.
Dann sollte ich eventuell in Erwägung ziehen, dies auch wirklich zu tun.
Ich lege mich auf Zacks Brust und fahre noch eine Weile mit meinen Fingerspitzen über seine Arme, während ich durch das Zimmer blicke und irgendwann endlich anfange, meine Augen zu schließen.
Seine Körperwärme und seine Arme um mich, geben mir das Gefühl, nicht alleine zu sein. Ich fühle mich beschützt und geliebt zu gleich. Das erste Mal seit vielen, vielen Jahren.

Ein warmer Windstoß weht mir durch mein Gesicht. Ich stöhne auf und reibe mir die Augen.
Zacks verschlafener und doch heller Blick erscheint vor meinen Augen.
„Guten morgen, meine Schöne" Er gibt mir einen Kuss auf die Stirn.
„Hast du gut geschlafen?", mit einem sanften Lächeln streicht er mir zärtlich mein Haar auf meinem Gesicht.
Ich habe tatsächlich gut geschlafen. Keine Albträume. Keine Furcht. Kein Gefühl der Einsamkeit. Das Einzige, was ich fühlen konnte, war reine Sicherheit. In Sicherheit vor all meinen Ängsten.
„Ja, habe ich. Und was ist mir dir?" Ich rapple mich auf und schaue ihm in die Augen. Auch jetzt muss ich mit Sicherheit schrecklich aussehen. Ich erinnere mich an keinen Moment, an dem er mich unbesorgt und ohne verschmierter Mascara gesehen hat. Das muss echt schräg für ihn sein.
„Wie ein Stein" Er grinst mich breit an.
Ich nicke stumm und stolpere aus meinem Bett, um ins Bad zu gelangen.
„Wann musst du zur Uni?" Ich weiß, dass sein Blick mir bis zum Badezimmer gefolgt ist.
Ich überlege kurz und schaue auf die Uhr.
07:37
Ich muss um 9 da sein.
„Ich schätze, dass ich um 8:45 losfahre. Und du?"
„Mal schauen", seine Stimme klingt nach wie vor verschlafen und ich höre nur, wie er seinen Kopf in mein Kissen fallen lässt.
„Wie mal gucken?" Ich blicke zu ihm hinüber, doch er zuckt bloß die Achseln.
„Habe keine Lust heute"
„Du solltest aber gehen" Ich wasche mir mein Gesicht und putze mir die Zähne.
„Ich sollte viel eher bei dir bleiben"
Bei diesen Worten stockt mir der Atmen. Bei mir bleiben? In welchem Drehbuch steht das?
Meine Augen weiten sich, doch etwas dazu sagen, kann ich nicht.
Ich greife zu meinem Kulturtäschchen und hole mein Make-up heraus.
Rasch trage ich meine Foundation, Concealer, Mascara und Lippenstift auf. Anschließend konturiere ich meine Wangenknochen und trage meinen Highlighter auf.
Während ich überlege, ob ich mir noch einen Lidstrich ziehen soll, werde ich von Zacks murmeln unterbrochen. Er ist zu mir ins Badezimmer geschlendert. Seine Arme umfassen meine Taille. Seinen Kopf auf meine Schulter gelehnt.
Ich betrachte uns im Spiegel.
Wow..
Er sieht einfach so unschuldig aus mit seinen geschlossenen Lidern.
„Du sollst nicht auf meiner Schulter schlafen"
Ich pinsle seine Nase mit meinem Fecherpinsel zu. Glitzerpartikel glitzern auf seiner Nase vor sich hin.
„Wohin gehen wir gleich?" Er blickt auf und betrachtet mich im Spiegel.
Seine Augen studieren jede Faser meines Gesichts.
„Wo sollten wir hingehen? Ich muss zur Uni" Ich schüttle verständnislos den Kopf.
„Heute gehst du mal nicht", sein Lächeln ist frech und dennoch zum anbeißen.
Ich drehe mich zu ihm um.
„Ich kann nicht schwänzen.." Ich blicke zu ihm hinauf und fokussiere seine Augen.
„Und ob du das kannst" Er zwinkert mir zu und zieht mich an sich.
„Und das wirst du auch tun"
Seine Stimme ist rau und seine Lippen sind nur wenige Zentimeter von meinen entfernt.
Ich spüre seinen Atem. Ich schüttle den Kopf.
„Ich kann doch nicht nach den ersten Wochen anfangen zu schwänzen!" Ich löse seine Arme von meiner Taille und steure Richtung Kleiderschrank.
Ich ziehe ein beiges shirt heraus, schlicht und eng anliegend. Dazu trage ich eine schwarze Jeans.
„Ziemlich sexy. So willst du raus?" Zack folgt mir ins Zimmer. Ich verdrehe die Augen.
„Scheinbar würde ich selbst in einem Müllsack sexy aussehen, nicht wahr?" Ich schüttle den Kopf und packe meine Tasche für die Uni.
„Oder mit nichts an" Er streift sich sein Haar aus dem Gesicht.
„Es ist noch viel zu früh, um zur Uni zu gehen. Bleib doch noch hier" Er spielt mit einer meiner Haarsträhnen. Ich schnaufe.
„Was machst du nur mit mir.." Meine stimme ist kaum lauter als ein Wispern.
„Ich habe noch so vieles mit dir vor", raunt Zack mir ins Ohr. Ich fokussiere seine Augen, nicke langsam.
„Ich sollte gehen", wieder flüstere ich. Warum tu ich das? Ich nehme meine Tasche und dränge mich an Zack vorbei. Zu meiner Überraschung lässt er mich.

Ich bin viel zu früh dran. Ich schaue auf die Uhr, des Deep River Coffee Shops.
08:22
Dabei wollte ich doch erst um 08:45 losfahren.
Genüsslich nippe ich an meinem Cappuccino und schlage mir die Zeit tot. Letztendlich sitze ich nur hier, weil ich keine Ahnung habe, was ich sonst hätte tun sollen. Ich bin mit der momentanen Situation mehr als überfordert und das sollte ich mir langsam selbst eingestehen. Zack ist nicht gut für mich, obwohl er mich glücklich macht.
Genau, Ann. Erst macht er dich glücklich und dann lässt er dich fallen. So läuft das nunmal.
Ich sollte mich von ihm fern halten, bevor er mir zu viel bedeutet. Doch das Problem ist, dass er mir jetzt schon etwas bedeutet.
Und selbst wenn ich mich von ihm fern halten würde, würde ich ihn vermissen und es bereuen. Schließlich weiß ich nicht, wie er tatsächlich über mich denkt. Vielleicht entgeht mir eine große Chance. Vielleicht aber laufe ich auch grinsend in die Kreissäge hinein.

It's time to forget youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt