Die Decke, die ich diese Nacht auf dem Sofa von Zack bekam, liegt nach wie vor so, wie ich sie zurückgelassen hatte.
"Worüber möchtest du reden?" Sein Blick ruht auf mir.
"Wieso warst du nicht da?" Ich schaue hinab auf meine Hände. "Ich habe dich gesucht, doch du warst niergens zu sehen" ich weiß nicht, ob ich ihm trauen kann, auch wenn er mich von Brian losgerissen hat. Ich vertraue niemanden mehr, denn Brian hat mir gezeigt, wie sehr man sich in Menschen täuschen kann. Das wohlige Gefühl in Zacks Nähe, welches ich heute Morgen noch empfunden habe, ist verschwunden.
"Ich habe dir doch gesagt, dass ich mir etwas zu Essen holen wollte" Er mustert mich.
"Und du willst mir erzählen, dass dir Brian nicht entgegen gelaufen kam? Er musste erst durch das Büfett laufen, um an unseren Tisch zu gelangen" Ich wische mir die Tränen aus dem Gesicht.
"Tut mir leid, Ann. Ich habe ihn nicht gesehen."
"Du lügst", sage ich kraftlos und schüttle den Kopf. Mit diesen Worten stehe ich auf und laufe zur Haustür.
"Verdammt, Ann.. Bleib stehen" Ich höre, wie er mir folgt, doch eh er mich erfassen kann, habe ich schon das Haus verlassen und bin ich in mein Auto gestiegen.
Ich starte den Motor und fahre vom Grundstück. Ich höre nur noch, wie er verzweifelt meinen Namen ruft, doch ich schenke ihm keine Aufmerksamkeit mehr.
Ich weiß, dass er ihn gesehen haben muss.
Oder?
Mein Handy klingelt und als ich auf das Gerät spicke, wundert es mich nicht, dass Zack mich erneut anruft.
Ich überlege, ob ich wieder den Fehler wie heute Morgen machen und den Anruf ignorieren soll. Denn die letzten Worte meinerseits sind gesagt. Ich habe ihm nichts mehr zu sagen und egal was er mir jetzt noch mitteilen will, ist gelogen. Also was bringt mir eine weitere Konversation?
Ich schalte mein Handy aus und überlege, wo ich hinfahren soll.
Es ist vormittags und ich kenne hier kaum jemanden. Naja, eigentlich kenne ich hier niemanden. Brian war von Anfang an ein Psychophat und Zack ist ein Lügner. Als ich beschließe, zurück zum Wohnheim zu fahren, um zu lernen, sehe ich, wie Rose schluchzend auf ihrem Bett kauert. Sie hat die Beine an sich gezogen und das Gesicht in ihren Händen vergraben
"Rose?" Ich schließe die Tür und gehe zu ihr hinüber. Die Fotos, die normalerweise an der Wand neben ihrem Bett hingen, liegen verstreut auf ihrem Bett herum. Einige davon sind in Stücke zerrissen worden und ich fange an zu verstehen.
"Ist das dein Freund?" Ich spreche ruhig und setzte mich neben sie auf das Bett. Ihr blondes langes Haar ist zerzaust und sieht bei weitem nicht so glänzend aus, wie an jenem Tag, als ich sie das erste mal sah.
"War", ihre Stimme ist kaum lauter als ein Flüstern. Sie wischt sich mit ihrem nassen Ärmel durch das Gesicht und sieht mich an.
"Er war mein Freund...", wiederholt sie leise.
"Was ist passiert?" Ich lege vorsichtig meinen Arm um ihre Schulter, als würden wir uns schon ewig kennen.
"Es ist so verwirrend. Ich kann es nicht glauben" Bei jedem Wort, welches sie sagt, läuft es mir eiskalt den Rücken herunter. Sie sieht so gebrochen aus. Als sei sie in ein unendlich tiefes Loch gefallen. Doch niemand hilft ihr heraus.
"Erzähl es mir. Reden hilft enorm" Ich versuche ihr ein Lächeln zu schenken, doch auch dies fällt selbst mir schwer.
"Alex und ich haben uns diese Nacht gestritten" Sie starrt die Wand an.
"Ich habe dann meine Tasche gepackt und bin zu meiner Freundin Jenny gefahren.
Alex rief mich die ganze Nacht über an, doch ich ignorierte ihn" Sobald sie diesen Satz ausspricht, muss ich unwillkürlich an Zack denken. Ich habe ihn auch ignoriert. Mehrere Male heute. Doch warum interessiert es mich so sehr, was Zack von mir möchte? Ich kenne ihn seit gestern Abend und bilde mir Dinge ein, die nicht real sind.
"Ich schlief dann über Nacht bei Jenny und fuhr heute um 13 Uhr zu ihm. Er war natürlich nicht da, also rief ich seinen besten Freund Jonas an. Ich hörte nur einige Mändchen im Hintergrund herumquasseln. Er sagte mir, Alex sei vor Ort" Rose ballt die Fäuste zusammen. Ich weiß, dass sie am liebsten ausholen möchte.
"Also fuhr ich zu Jonas und schrieb ihm, dass ich da bin.
Wenige Minuten später öffnete er mir die Tür.
Ohne irgendeinen Blick mit ihm zu wechseln, ging ich an ihm vorbei in das Wohnzimmer.
Und da lag er" Sie kann ihre Tränen nicht mehr zurückhalten und fängt wieder zu schluchzen an.
"Und neben ihm eine Frau. Beide waren kaum bekleidet. Das einzige was deren Körper bedeckte, waren deren Unterwäsche. Also machte es bei mir Klick und ich klatschte ihm eine"
Mir bleibt die Luft weg und ich versuche nach Luft zu schnappen.
"Hast du noch etwas gesagt?" Ich bin unglaublich entsetzt und kann nicht verstehen, wie man einem Menschen nur so etwas antuen kann.
"Ja, ich fragte ihn, ob er immer, wenn wir uns gestritten haben, sich eine neue zum ficken gesucht hatte.
Er sagte nichts dazu, also war es ein eindeutiges ja. Mit dieser Information verließ ich Jonas Haus und kam her" Ihr stimme bricht und sie wischt ihre Tränen weg.
"Rose, das tut mir so unglaublich leid, wirklich.
Ich kann das einfach nicht glauben" Ich weiß, wie zerstört ich wäre, wenn mir das passieren würde.
"Ich brauche eine Ablenkung, Ann.
Können wir heute etwas zusammen unternehmen?" In ihren Augen erkenne ich einen kleinen Funken an Hoffnung und ich kann nichts weiteres tun, als ihr ein sanftes Lächeln und ein Nicken zu schenken.
"Dann mache ich mich schnell fertig und dann gehen wir in die Stadt shoppen" Sie rappelt sich auf und verlässt das Schlafzimmer."Dieses Kleid ist unglaublich schön!" Rose hält mir ein beigefarbenes Kleid entgegen, dass ihr bis zu den Knien reicht. Es ist am Auschnitt mit Rüschen verziert und würde ihr farblich wunderbar stehen.
"Probiere es mal an!" Ich streiche über den weichen Stoff .
"Dann probierst du.." sie geht zu einem weiteren Kleiderständer und greift nach einem weißen Kleid, dass ihres ähnelt.
"Das hier an", sie grinst und hält es mir vor die Nase.
"In Ordnung" Ich lache und verschwinde hinter dem Vorhang. Ich weiß, dass mir Kleider nicht stehen, da ich den Stoff nicht gut genug ausfüllen kann. Meine Kurven sind kaum sichtbar und erschweren mir die Kleidersuche umso mehr. Ich betrachte mich ihm Spiegel.
"Ich wünschte so sehr, ich hätte mehr auf den Rippen", mein Blick fällt auf meine dünnen Beine und schweifen immer weiter hinauf, bis sie mein Gesicht erreichen.
"Bist du fertig?" Roses Stimmung scheint sich enorm gebessert zu haben.
"Ja, bin fertig", ich mache den Vorhang auf. Vor mir steht eine wunderschöne Rose in einem beigefarbenen Kleid. Dieses Kleid betont ihre gebräunte Haut mehr, als die gewöhnlichen Farbtöne ihrer Kleider es tun.
"Einfach wunderschön" ich betrachte sie und ich komme mir neben ihr einfach nur billig und altmodisch vor. Sie ist einfach bildhübsch und ihre blauen Augen sind nicht mehr all zu leer und glasig.
Ihre Schwellungen an den Augen lassen ebenfalls immer mehr nach
"Du siehst auch schön aus" sie lächelt.
"Das ziehen wir heute Abend an" Sie verschwindet wieder hinter ihrem Vorhang.
"Heute Abend?" Ich ziehe den Vorhang zu und steige aus dem weißen Seidenkleid.
"Wir gehen heute Abend weg"
"Wohin denn bitte?" Mich wundert es, dass wir heute so viel zu zweit unternehmen. Es ist ein komisches Gefühl, wenn man sich bisher nur einmal gesehen hat.
"Feiern. Wir sollten uns amüsieren. Noch dazu brauchen wir Alkohol und nette Gesellschaft"
Ihre Stimme klingt plötzlich so lebendig, doch ich weiß, dass sie tief in ihrem Inneren nach wie vor verletzt ist. Man kann nicht innerhalb von Stunden alles vergessen. Es braucht Monate oder Jahre, um wieder Luft holen zu können."Zieh dir noch einen Eyelinerstrich", sage ich, als Rose mich fragt, ob wir gehen können.
"Ist das nicht zu viel?" Rose mustert mich und wir stehen zu zweit in dem viel zu kleinen Badezimmer. Ich zucke die Schultern.
"Probier es doch aus. Ich denke, es würde dir stehen"
Ich zupfe an meinem Kleid herum, während Rose ihr vollendetes Werk noch einmal perfektioniert.
"Fertig?" Sie verstaut ihr Make-up und sieht mich an. Ich nicke und greife nach meiner Tasche und meinem Handy.
Es hatte nicht mehr geklingelt, seit ich Rose in ihrem Bett auffand. Es wundert mich nicht, doch ich wünsche mir, er hätte noch ein paar mal angerufen. Das ist bescheuert und naiv, ich weiß.
Rose ist schon zum Auto gelaufen, während ich auf mein Handy starre und überlege, ob ich ihm schreiben sollte.
Ich entscheide mich dagegen, schließe die Zimmertür ab und laufe zum Parkplatz.
"Wohin fahren wir eigentlich?" Ich sehe sie fragend an.
"Zu einem Kumpel von mir. Er heißt Mike. Du solltest wissen, dass er die wildesten Partys schmeißt, hier in Washington", sie steigt auf den Beifahrersitz meines Autos.
Die Fahrt bis nach Mike ist mit viel Klatsch und Tratsch verbunden. Es tut gut, sich mit jemanden so unheimlich gut zu verstehen und lachen zu können.
Diese Fahrt ist mir eindeutig lieber, als das Geschweige in Zacks Jeep.
"Wir sind gleich da" Rose nippt an ihrer Cola und schaut aus dem Fenster.
"Ich kann allerdings nichts trinken. Ich muss fahren" Ich biege ab und entdecke Mikes Haus allein aufgrund dessen , da es schon jetzt rappelvoll aussieht.
"Mike hat immer ein Zimmer für mich frei. Du schläfst auch darin" Rose lächelt und schnallt sich ab.
"Na komm, nicht so schüchtern" sie öffnet die Autotür und läuft auf Mike zu, der bereits an der Türschwelle steht und zu warten scheint.
Ich folge ihr langsam. Zu unsicher.
"Also Mike, das ist Ann. Eine gute Freundin von mir"
Rose legt den Arm um meine Schulter und es freut mich, dass sie mich als eine 'gute Freundin' tituliert.
"Hi, Ann. Ich bin Mike, wie du schon unschwer erkannt hast" Mike gibt mir die Hand.
"Fühl dich hier wie zuhause. Die Drinks stehen in der Küche. Bedien dich ruhig" Er lächelt charmant und ich erwidere es.
Rose nimmt meine Hand und betritt das überfüllte Haus.
Es riecht nicht Zigaretten und Alkohol.
Es ist zu warm und der Schweiß klebt an der Haut aller Menschen, die hier herumschwirren.
"Wir gehen erst einmal in die Küche und holen ein paar Drinks" Ich habe das Gefühl, das Rose schon öfters auf solchen Partys war, weshalb ich mir wie ein Amateur vorkomme.
Wir zwengen uns durch die Menge und erreichen die Küche in wenigen Minuten.
"Also, was willst du trinken?" Rose mustert mich.
"Ich nehme ein Vodi E" Ich möchte mich heute betrinken, selbst wenn ich weiß, was passieren kann.
Es wird nicht wie letzte Nacht sein. Bestimmt nicht.
"E..eeey Zack!" Eine fremde Stimme übertönt die laute Musik und das Gekreische der vielen Frauen.
"Deine Hure ist anwesend!" Ich schnappe nach Luft und blicke mich um. Seine Hure?
Sein Ich-bin-doch-so-nett-Getue war also nicht echt? Ich studiere die Menge. Versuche herauszufinden, wer etwas mit Zack am laufen hat, bis mir klar wird, dass ich die Hure bin.
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It's time to forget you
RomanceAnn leidet stark aufgrund ihrer Vergangeheit bezüglich ihres Erzeugers. Jahrelang quält sie sich mit den Erinnerungen, die ihr immer wieder hochkommen. Ann flüchtete zusammen mit ihrer Mutter nach Washington, als sie gerade mal vier Jahre alt war...