Kapitel 9

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Wie sollte ich damit leben können? Damit klar kommen, dass sie endgültig weg war? Nicht mehr hier bei mir. Wie schön es doch war jemanden gehabt zu haben der dir vorliest, wenn du nicht schlafen konntest. Mit dem du reden konntest, wenn du Problem hattest. Jemanden der dir zugleich eine Freundin, als auch eine Mutter war. Ich würde sie niemals vergessen. Sie war so ein guter Mensch, womit hatte sie das verdient. Sie war doch noch so jung. "Wir müssen los.", traurig blickte mir mein Mann in die Augen. Ihn hatte ihr Tod auch sehr mitgenommen vorallem, weil es mir dadurch so schlecht ging. Langsam strich ich über mein schwarzes Kleid. Meine Mutter hatte dieses Kleid geliebt. Es war von oben enganliegend, in einem wunderschönen samt Stoff und fiel dann locker bis unter meine Knie. Das Kleid bekam ich zu meinem 16 Geburtstag von ihr geschenkt. Wie ich mich darüber gefreut hatte, damals. Ich sah in an. "Okay, dann lass uns los.", sagte ich gefasst und lief an ihm vorbei. Mental hatte ich mich schon auf die Beerdigung meiner geliebten Mutter vorbereitet, trotzdem spürte ich diese leere in mir. Langsam bekam ich Zweifel. Ich dachte ich wäre psychisch drauf vorbereitet, doch jetzt wo es so weit war bin ich mir nicht mehr so sicher. Am Friedhof angekommen beäugte ich das große verrostete Tor, andem schon viele Bekannte und Verwandte warteten. Zittrig stieg ich aus dem Auto. Keine Sekunde war ich draußen und schon wurde ich von weinenden Menschen mit Umarmungen bombardiert. Überfordert mit der Situation quetschte ich mich zwischen den ganzen Menschen durch den Eingang. Langsam setzte ich einen Fuß vor den anderen. "Mein Beileid", kam es aus dem Mund meiner Cousine. Sie war nicht die erste die mir das heute sagte.  "Danke.", desinteressiert blickte ich sie an. Ich hasse Mitleid. "Was ist los?", fragte sie mich vorsichtig, so als währe ich eine Bombe die gleich explodieren würde. "Ach nichts ich geh nur meine Mutter begraben!", der Sarkasmus war mir buchstäblich auf die Stirn geschrieben. Was war das auch bitte für eine bescheuerte Frage. Geschockt blickte sie mich an, sagte aber garnichts dazu. Plötzlich dreht sie sich um, was ich ihr gleich tat. Ich schluckte. Der schwarze Sarg umschloss ihren leblosen Körper. Ein paar Leute trugen ihren Sarg in Richtung Grab. Ich fing an zu zittern. "Mama...", ich verzog mein Gesicht. "Warum hast du mich verlassen..." flüsterte ich. Weinen konnte ich nicht. Ich konnte noch nie vor vielen Menschen weinen. Generell weinte ich nur vor Leuten den ich mein Leben anvertrauen würde. Ich wurde deswegen auch oft als Herzlos bezeichnet. Was ich überhaupt nicht nachvollziehen konnte. Musste man heutzutage weinen um ein Herz zu haben? Meine Tante mütterlicherseits fing an hysterisch zu schreien und weckte mich somit aus meinen Gedanken. Weinend rannte sie auf das Grab meiner Mutter zu, wo sie, sie gerade begruben. Einer nachdem anderen, jeder von ihnen schüttete weinend mit der alten schmutzigen Schaufel die Erde auf ihr Grab. Wieder schluckte ich, als ich sah wie sich das große Loch im Boden langsam schloss, wie sie meine Mutter begruben. "Das darf doch nicht wahr sein!", zischte ich wütend, als meine Tante zum gefühlten 10 mal wieder wie eine bekloppte aufschrie. Hatte sie denn garkein Respekt gegenüber meiner Mutter? Gegenüber den anderen Toten die hier in Frieden ruhen wollten? Abgesehen davon ging ihre hohe Stimme mir tierisch auf die Nerven. Nicht mals ich verhielt mich so, obwohl ich meine Mutter verlor, obwohl meine Mutter hier gerade begraben wurde. Meine Mutter. Mein ein und alles. "HÖR AUF!", brüllte ich sie an. Die ganze Wut die sich seid ihrem Tod in mir aufstaute, die ganze Kraft die ich dadurch hatte, steckte ich in diese zwei Worte. Meine Mutter sollte mit Respekt begraben werden, nicht mit dem gekreische einer hysterischen Frau. Es sollte Perfekt werden! Perfekt für sie. Alle sahen mich plötzlich an, so als würden sie meinen Schmerz fühlen. Sie sollten damit aufhören, keiner leidet so wie ich es in diesem Moment tat. Ich hatte mich damit abgefunden. Genau in diesem Moment, hatte ich dies beschlossen. Sie war weg. Punkt. Ich räusperte mich, genau in diesem Moment schienen alle zu bemerken, dass sie mich ansahen und sahen schlussendlich weg. Meine Tante schrie nicht mehr, sie weinte stumm vor sich hin. Irgendwie tat sie mir schon leid, ich mein sie verlor gerade ihre Schwester, ihr Fleisch und Blut. Ich ging also zögerlich zu ihr hin. "Chalto es tut mir leid. (Tante)", flüsterte ich ihr zu und drückte sie fest gegen mich. Als sie mich zurück umarmte, atmete ich erleichtert aus. Eine Nachtragende Person könnte ich jetzt nicht gebrauchen. Schuldgefühle hätten mir noch gefehlt. Nachdem die Beerdigung vorbei war, lief ich nachhause. Ja, ich lief. Es tat gut alleine zu sein, überalles nachzudenken, alles zu verkraften. Ich setzte mich in einem leeren Park auf die Bank und beobachtete die Leute, die dort glücklich lachten. "Schönes Kleid, liebes!", freundlich lächelte mich eine fremde Oma an und setzte sich zu mir auf die Bank. Traurig lächelte ich ihr zu, um ihr ohne Worte meine Dankbarkeit auszusprechen. Bevor sie ein Gespräch aufbauen konnte stand ich auf. Mir war einfach nicht danach ein Gespräch zu führen. Langsam lief ich durch die Straßen Nachhause. Inzwischen war es schon fast dunkel und die Laternen gingen an. Ich richtete meinem Blick in den Himmel und sah zu dem Mond, der langsam zum Vorschein kam. Ich fand ihn schon immer faszinierend, er hatte so etwas beruhigendes an sich. Langsam setzte ich meinem Weg fort und kam dann auch nach einer halben Stunde Zuhause an. Ich schloss gerade die Tür auf, als Amir mich in eine feste Umarmung zog. Genau das brauchte ich jetzt. Eine Umarmung. "Alles wird gut.", sagte er aufmunternd und gab mir einen Kuss auf die Stirn. Unangenehm? Ja. Egal? Ja. "Danke...", nuschelte ich gegen seine Schulter. "Danke für alles."

AMIR IST SO SÜß! -F

Du bist nur meinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt