Kapitel 9

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Mehrere Minuten saßen wir nun schon hier und schwiegen uns an. Lyn saß immer noch auf meinen Schoß und hat die wahrscheinlich stärksten drei Wörter gesagt die es gibt. 'Ich liebe dich' hatte sie gesagt. Sie hatte mir gerade wirklich gesagt, dass sie mich liebt. Ich wusste zwar, dass sie mich liebt, aber es jetzt so von ihr zu hören war anders. Seit diesen Worten war es still. Ich hatte nichts gesagt, was die Situation, aber auch nicht besser machte. Ich sah nur in ihre Augen und sie in meine. Tränen stiegen in ihre Augen und ehe man sie über ihr Gesicht fließen konnten, drehte sie ihren Kopf weg und stand auf. Noch bevor ich etwas machen konnte, war sie aus meinem Zimmer verschwunden und hatte die Tür hinter sich zu geschlagen. Diesmal hatte ich sie wirklich verletzt. Aber was sollte ich machen? Hätte ich sie anlügen sollen? Ich hätte ihr keine Hoffnungen machen sollen. Es war zwar mein Plan, aber gerade kann ich nicht mal mehr nachvollziehen, wieso ich sie überhaupt so verletzen wollte. Das erste mal seit ungefähr zwei Jahren begreife ich wieder was Schuldgefühle sind und vielleicht nicht nur das. Kann es sein, dass ich mich wirklich in sie verliebt habe? Nein, ich denke nicht. Ich mag sie zwar, aber ich liebe sie nicht. Ich sollten mit ihr reden, weshalb ich von meinem Bettaufstand und gerade de Flur betreten wollte, als allerdings eine weinende Lyn an mir vorbei stürmte, welche einen Koffer hinter sich her zog. Ich griff nach ihrem Arm und sie flog etwas zurück. Sie sah mich mit ihren verweinten, aber trotzdem noch wunderschönen, Augen verletzt an. „Was willst du?", fragte sie leise und versuchte ihre Tränen zurück zu halten. „Wo willst du hin?", entgegnete ich ihr und deutete dabei auf ihren Koffer. „Ich zieh in meine Wohnung."
„Wie jetzt? Du haust ab? Ohne mich?", fragte ich entsetzt und auch etwas verletzt, wobei ich hoffte, dass sie es nicht bemerkte.
„Was erwartest du? Du hast mir ständig Hoffnungen gemacht! Du wolltest mit mir in eine Wohnung ziehen! Aber das hast du wohl alles nur gefälscht", sagte sie kopfschüttelnd und riss ihren Arm aus meinem Griff los. Sie hatte mich durchschaut. Sie wusste, dass ich nichts fühlte und das alles nur vorgetäuscht hatte. Doch ich wollte sie nicht gehen lassen. Sie ist mir wichtig. Sie ist die einzige Person, der ich wichtig bin. Noah hatte sich nur noch mit Ashley beschäftigt. Zu meiner Familie hatte ich keinen Kontakt und Freunde hatte ich sonst auch nicht wirklich. Sie war die einzige. Ich konnte sie nicht einfach gehen lassen. Etwas in mir wollte sie aufhalten. Sie in den Arm nehmen und nie wieder loslassen wollen. Und dann gibt es da auch eine Seite, welche sie einfach gehen lassen will, welche weiß, dass sie etwas besseres verdient hätte und wie immer gewann diese Seite in mir. Ich war selbst Schuld. Ich hatte ihr einen Grund gegeben zu gehen. Jetzt war sie weg, wahrscheinlich für immer. Ich hatte einen Hass auf mich, ich konnte es nicht in Worte fassen. Ich lasse die einzige Person gehen, welcher ich wichtig war. Ich kenne Lyn kaum, aber ich weiß, dass sie auch keine Familie mehr hatte oder jedenfalls keinen Kontakt mehr mit ihnen. Ich wusste ziemlich wenig über sie. Aber muss ich mir jetzt noch Gedanken darüber machen? In wenigen Minuten wird sie sowieso aus meinem Leben verschwunden sein. Ich hatte Schuldgefühle. Ich hab sie wirklich verletzt. Meine Gefühle ergeben ein richtiges Chaos in mir und ich konnte nicht handeln. Ich musste meine Wut loswerden. Ich war wieder in meinem Zimmer und sah mich um, ehe ich richtig handeln konnte, hatte ich ein Glas von meinem Schrank gegriffen und gegen die Wand geworfen, aber das half nicht. Auch wenn jetzt einzelne kleine Scherben auf meinem Boden lagen, konnte ich nicht aufhören. Ich hatte nichts, was man noch hätte werfen können. Ich konnte nicht anders und ließ meine Wut an der Wand aus. Drei frustrierte Schläge bekam die Wand ab, bis meine Faust beim dritten Schlag in der Wand steckte. „Scheiße", sagte ich leise zu mir selbst und sah auf meine blutende Hand. „Scheiße!", wiederholte ich, diesmal nur etwas lauter. Ich sah wie das Blut meinen Arm hinunter lief und auf den Boden tropften, auf welchem die Scherben lagen. Ich konnte die Scherben nicht auf dem Boden lassen, weshalb ich mich hinhockte und sie aufhob. Da meine Hand sowieso schon blutete und tierisch schmerzte, machte ich mir nichts daraus, als ich mich mehrmals an den Scherben schnitt. Ich wollte sie gerade wegwerfen, als ich hörte wie meine Zimmertür aufging. „Ich finde mein Handy nicht. Kann es sein, dass ich es hier vergessen habe?", fragte Lyn leise ohne mich auch nur anzusehen. „Schau nach", war das einzige was ich sagen konnte. Ich wollte sie nicht gehen lassen, allerdings wusste ich nicht wie ich sie davon abbringen konnte. Sie kam in mein Zimmer und sah sich nach ihrem Handy um, bis ihr Blick erst auf mich und dann auf meine Hand fiel. Geschockt sah sie zu mir. „Oh Gott, Landon, was hast du gemacht?", fragte sie und kam auf mich zu und untersuchte genauestens meine Hand. „Warte kurz.", sagte sie leise und verließ das Zimmer. Kurz darauf kam sie wieder zurück und nahm vorsichtig meine Hand. „Pass auf!", zischte ich leise als sie die kleinen Schnitte der Scherben berührte. Sie entschuldigte sich und versorgte mein Hand, indem sie meine Hand erst säuberte und dann einen Verband drum machte, genauso wie sie es damals mit meinem Bein gemacht hatte. Ich sah ihr dabei zu, eher gesagt sah ich dabei in ihre Augen und versuchte dadurch ihre Gefühle erkennen zu können. Sie sah die meiste Zeit nur runter auf meine Hand, weshalb ich nichts erkennen konnte. Als sie fertig war, legte sie die Sachen auf meinen Schrank und ich bedankte mich nur. Die Stimmung war wirklich angeschlagen, denn Lyn fing wieder an ihre Handy zu suchen, während ich nur rumstand und ihr zusah. „Du kannst mir gerne helfen", meinte sie ohne mich auch nur anzusehen. „Oh eh klar", erwiderte ich und half ihr beim suchen. Schon beim ersten Blick entdeckte ich es, gerade als ich es sagen wollte, hielt ich mich selbst davon ab und steckte ihr Handy in meine Hosentasche. Wieso ich das machte? Ich hatte keine Ahnung. „Hier ist es wohl nicht", seufzte sie leise. „Anscheinend nicht", stimmte ich zu. „Sag mir einfach Bescheid wenn du es finden solltest", sprach sie und wollte gerade mein Zimmer verlassen. „Warte!", sagte ich und sie drehte sich um. Ich deutete ihr sich aufs Bett zu setzen, was sie dann auch tat. „Hör mir zu. Ich weiß, dass ich echt Scheiße abgezogen habe und dir jedes Mal wieder Hoffnung gegeben habe. Ich weiß nicht wieso ich es gemacht habe, aber bitte geh nicht. Du bist mir wichtig und ich will nicht dass du gehst. Ich brauche dich.", erklärte ich und wurde zum Schluss immer leiser. „Du brauchst mich nicht Landon. Einen Sklaven findest du auch woanders. Du hast mich diesmal wirklich verletzt. Ich hatte wirklich gedacht, dass es zwischen uns vielleicht was werden könnte, aber das wolltest du doch erreichen oder? Du wolltest mich verletzen, hab ich nicht recht?" Wie schon so oft liefen vereinzelt Tränen über ihr Gesicht. „Ich wollte dich nicht verletzen. Ich meine es ernst, ich wollte das nicht. Und ich brauche dich nicht als Sklaven sondern als Freund. Denkst du wirklich die letzten Tage waren alle nur vorgetäuscht?" Sie sah in meine Augen und schien kurz zu überlegen. Sie stricht sich ihre Tränen weg, was ich am liebsten selbst gemacht hätte, da ich nicht wollte das sie wegen mir weinte. „Ich weiß nicht was ich von dir halten soll. Ich weiß nicht, ob ich dir überhaupt glauben kann." „Bitte glaub mir. Ich will nicht, dass du mich hasst." „Ich hasse dich nicht. Ich könnte dich nicht hassen, egal wie sehr ich es wollte." Sie hatte aufgehört zu weinen und sah jetzt wieder zu mir, in meine Augen. Ich sah in ihre und obwohl sie verweint waren, waren sie wunderschön. „Hör mir zu Thomson, das ist wirklich deine letzte Chance. Verletzt du mich noch einmal, dann bin ich wirklich weg.", sagte sie grinsend. Sofort musste ich lächeln. „ Es wird nicht noch mal passieren, ich verspreche es." „Mal davon abgesehen, wäre ich sowieso nur in unsere Wohnung geflüchtet", lachte sie leise. „Also wolltest du einfach nur ohne mich umziehen? Das ist aber nicht nett", stimmte ich in ihr Lachen ein. „Wir ziehen also nur als Freunde um?", fragte sie unsicher. Ich nickte nur und sie lächelte mich an. Anscheinend konnte sie sich ziemlich schnell damit abfinden. „Ach übrigens..", begann ich und zog ihr Handy aus meiner Hosentasche, „Ich hab dein Handy gefunden" „Du hattest es die ganze Zeit?!", fragte sie sauer. „Ich hab doch gesagt, ich wollte nicht das du gehst" Sofort beruhigte sie sich wieder, nahm ihr Handy und verdrehte dabei die Augen. „Darf ich dir bei deinem Umzug Gesellschaft leisten?", fragte ich grinsend. „Dann pack mal deine Sachen, denn ich bin schon fertig" Während sie dies sagte, streckte sie mir ihre Zunge raus. Ich stand also auf und packte den Großteil meiner Sachen ein, um dann mit Lyn erst das Zimmer und dann das Haus zu verlassen. Wir nahmen die Underground bis zum Piccadilly Circus um von dort aus, zu unserer neuen Wohnung zu gehen. Wir hatten einen Großteil schon geklärt, weshalb wir schon einen Schlüssel für die Wohnung hatten. Sie war auch zu einem Teil schon eingerichtet, weshalb wir uns für dieses Nacht kein Gedanken machen mussten wo wir schlafen. Wir betraten die Wohnung und ich machte es mir auf dem Sofa bequem. „Unser Bett für diese Nacht.", stellte ich fest und sie schien kurz zu überlegen. „Falls es okay ist?" hing ich also noch an und sie nickte. Wir hatten unsere Sachen erst einmal zur Seite gestellt und es uns auf dem Sofa bequem gemacht. Bis wir spät am Abend eingeschlafen sind.



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