Dankbarkeit und Respekt

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Innerlich seufzte ich auf als ich Stimmen hörte, sie hatten wirklich gewartet und waren noch nicht weitergezogen. Auf den Mann auf meinem Rücken achtend kletterte ich den Hang hinauf bis ich das Lager sehen konnte. Es war bereits mitten in der Nacht und Mond und Sterne waren von dicken Wolken verhangen, sodass es stockdunkel war. Aber rund um das Lager waren Fackeln aufgestellt worden und ich entdeckte Marek der unruhig zwischen ihnen hin und her lief, die meisten der anderen Männer schliefen vermutlich, ich konnte nur wenige Wachen entdecken.

"Beruhige dich Marek, was soll ihr schon passieren, sie ist eine Schattenwölfin, sie könnte jeden von uns in Sekunden töten, sie weiß auf sich aufzupassen", Liam trat zu Marek und legte ihm eine Hand auf die Schulter, beide hatten mich noch nicht bemerkt. Marek schüttelte die Hand ab, "Irgendetwas ist dennoch passiert, das habe ich an ihrem Heulen gehört, das zweite Mal klang verzweifelt. Ich weiß einfach das etwas passiert ist". Ich schüttelte den Kopf, ich hatte noch nie verstanden warum Marek mich so gut verstand, aber es war mir egal, machte die Dinge allerdings oft einfacher.

Jetzt jedenfalls ging ich die letzten Meter auf die beiden zu. Liam zuckte zusammen als sich ein Stein löste und über den Boden kullerte. Marek jedoch sah auf und rannte sofort auf mich zu. Vor mir ging er in die Knie, "Yuna, den Göttern sei dank, du bist wieder da". Da er den Mann auf meinem Rücken gar nicht wahrnahm, begann ich zu winseln und sah nach hinten auf meinen Rücken. Sofort sprang Marek auf, "Du hast ihn gefunden".

Nachdem einige Männer den Kundschafter weggetragen hatten, um seine Wunde im Heilerzelt versorgen zu lassen, hockte sich Marek neben mich. "Du bist wahrlich ein Wunder, du hast unsere Einheit vor einer Vergiftung bewahrt, du findest innerhalb eines Tages unseren Vermissten Kundschafter und wer weiß wie viele wilde Tiere deine Anwesenheit nachts von unseren Lagern fernhält", so ernst wie jetzt hatte Marek mich noch nie angesehen und die Dankbarkeit die ich von ihm spürte verwirrte mich. Ich tat doch nichts anderes als jeder andere hier auch, ich kümmerte mich um die Einheit. Der einzige Unterschied bestand darin das ich als Wolf nun einmal ganz andere Möglichkeiten hatte als die Männer. Und das sich kein Wildtier traute in ein Lager zu schleichen in dem ein Schattenwolf umher streifte, tja das war halt Glück oder auch Pech, ich hätte durchaus nichts dagegen wenn meine Beute mir unter die Nase laufen würde. "Yuna, ich bin dir wirklich dankbar, nicht jeder egal ob Schattenwolf oder Mensch riskiert es einen Verletzten durch möglicherweise feindliches Gebiet zu tragen", Marek sah hoch zu den Sternen, "Ich verstehe nicht warum du ausgerechnet mich ausgewählt hast. Ich bin ein grauenvoller Hauptmann. Diese Einheit war schon in zu vielen Schwierigkeiten weil ich zu unerfahren oder zu unsicher war". Ich knurrte kurz auf, das war doch nicht wirklich sein Ernst, wie konnte jemand wie er nur so an sich zweifeln. "Ich will deine Entscheidung doch gar nicht kritisieren, aber es gäbe sicherlich Generäle oder gar Könige dort draußen die deinen Respekt und deine Treue eher verdienen als ich", Marek sah mich an und ich erwiderte den Blick stur.

"Was hast du vor?", Marek schaute mich verwirrt an. Ich hatte mir vorgenommen ihm zu zeigen warum ich ihm folgte, dazu musste er aber aufstehen und deshalb hatte ich mir seinen Jackenärmel geschnappt und zog daran. Ich ließ kurz los, schaute zum Lager, sah ihn dann an und zog wieder an seinem Ärmel. Ich sah es in seinen Augen als er verstand, "Du willst das ich mit dir komme", er stand auf und klopfte sich den Staub von der Hose.  Für meinen Plan war es gut das die Sonne aufzugehen begann und immer mehr Männer aus ihren Zelten traten. Ich führte Marek quer durch das Lager, jeder dem wir begegneten grüßte Marek, manche sahen ihn erwartungsvoll an, bis sie merkten das er ihnen nichts wichtiges mitzuteilen hatten und viele luden ihn ein um mit ihnen zu frühstücken. Daran das Marek überrascht reagierte, erkannte ich, das er nicht oft durch das Lager ging, kein Wunder, er war oft früh wach um alles im Auge behalten zu können und um schonmal ein Sück des Weges zu erkunden.

Schließlich blieb ich vor dem Heilerzelt sitzen und bedeutete Marek mit einer Kopfbewegung das er rein gehen sollte. Da ich ihn schon den ganzen Morgen durch die Gegend führte, trat er ohne mich nach dem Grund zu fragen ein. Glücklicherweise konnte ich die Stimmen dort drinnen hören. "Hauptmann, verzeihen sie mir. Es war meine Aufgabe die Gegend zu erkunden, damit die Einheit sicher ihren Weg gehen kann. Aber ich habe versagt, ich habe mich von einem Haufen Stümper überwältigen und verletzen lassen", der Kundschafter war offenbar wieder bei Bewusstsein, auch wenn seine Stimme noch immer schwach klang. Ich hörte wie Marek den Atem kurz anhielt, "Entschuldigen sie sich nicht bei mir. Ich hätte sie nicht alleine losschicken dürfen. Außerdem, ist es die Hauptsache das sie wieder bei uns sind. Und über die Banditen wissen wir dank ihnen nun auch Bescheid, auch wenn es fraglich ist ob sie uns noch einmal behelligen werden". "Je mehr Männer man losschickt um eine Gegend zu erkunden, umso auffälliger sind diese, wenn ich nicht so unvorsichtig gewesen wäre, hätte ich auch alleine keine Schwierigkeiten gehabt. Diese Situation ist alleine meine Schande Hauptmann, sie trifft bestimmt keine Schuld", der Mann machte eine kruze Atempause, "Außerdem ist es ihr Verdienst das ich wieder hier bei der Einheit bin". "Wie kommen sie darauf, ich habe nichts getan, anstatt ihnen Männer zur Hilfe zu schicken habe" Der Kundschafter unterbrach Marek, "Sie haben Yuna geschickt, sie wussten nicht was mit mir geschehen war und es wäre riskiant gewesen weitere Männern ins Ungewisse zu schicken. Also haben sie Yuna geschickt. Sie haben eine Schattenwölfin, die nur ihren eigenen Willen kennt, davon überzeugt nach einem Niemand wie mir zu suchen. Es mag ihnen nicht klar sein, aber niemand sonst hätte das gekonnt und nicht jeder hätte für jemanden wie mich den größten Trumpf der Einheit geschickt. Ich schulde ihnen mein Leben und damit basta!". Ich grinste innerlich, dieser Mann hatte genau das gesagt was ich mir erhofft hatte.

Als Marek einige Minuten später wieder aus dem Zelt trat, hatte er einen nachdenklichen Ausdruck auf dem Gesicht. Anscheinend hatte meine heutige Führung also tatsächlich etwas bewirkt. Da Marek immernoch in Gedanken versunken zu seinem Zelt lief, folgte ich ihm einfach. Vor seinem Zelt wandte er sich plötzlich zu mir um, "Du hast mich gewählt, weil du mich respektierst, so wie all die Männer mich respektieren. Das ist mir heute klar geworden, aber ich verstehe nicht wmoit ich diesen Respekt verdient habe". Ich sah ihn an und schnaubte, so viel zum Verständnis. "Wir respektieren dich, eben weil du es nicht für selbstverständlich nimmst. Du erwartest von niemandem das er dich deines Ranges wegen respektierst und du behandelst jeden in der Einheit gleich, egal welchen Rang jemand inne hat. Außerdem bist du ein durchaus heller Kopf als Anführer, natürlich hast du nicht die Erfahrung der Alten, aber das erwartet hier niemand. Wir erwarten das du uns ein guter Hauptmann und Freund bist, das du uns dorthin führst wo wir hin sollen und das du für uns alle einstehst", Liam trat zwischen zwei Zelten hervor, ich hatte vorher schon bemerkt das er unsere Wandrung durch das Lager beobachtet hatte. Marek sah ihn überrascht an. "Jetzt hör endlich auf alles in Frage zu stellen. Diese Wölfin ist inteliegenter als die meisten Solaten, außerdem glaube ich daran was meine Großmutter immer sagte, Tiere sehen uns Menschen in die Seele und ich glaube das Yuna das bei dir getan hat. Deswegen schubst sie dich immer wieder in die Richtung in die du musst wenn du an dir selber zweifelst. Nimm den Respekt und die Dankbarkeit deiner Männer an und freue dich über die Treue dieser Wölfin", Liam klopfte Marek kräftig auf die Schulter und lachte. Marek sah mich an, "Wolltest du mir das zeigen? Wolltest du mir zeigen das du nicht die einzige bist die mich respektiert?". Ich nickte, wurde auch Zeit das dieser Mann mal sah welch großes Geschenk er besaß und aufhörte an sich selbst zu zweifeln.


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