Wie haben die bislang überlebt?

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Ich hatte keine Ahnung was mich geweckt hatte, sicherlich nicht das Schnarchen der beiden Leutnants oder das leise Gemurmel von Marek, also musste irgendwas im Lager sein, das meine Instinkte alarmiert hatte. Normalerweise hätte ich mich jetzt einfach umgedreht und weitergeschlafen, aber irgendetwas beunruhigte mich, also sah ich mich genauer um. Zuerst konnte ich nicht auffälliges entdecken, doch dann entdeckte ich eine kleine Gestalt die sich an den Vorräten zu schaffen machte. Ein Dieb also, na die Suppe würde ich ihm versalzen. Langsam und leise stand ich auf und schlich mich an die Gestalt heran, dieser neue Körper war wirklich super, ich fühlte mich wesentlich wohler und sicherer als zuvor, außerdem hatte ich früher nicht so leise scheichen können.


Ohne das ich bemerkt wurde kam ich bis ganz nah an die Gestalt heran und sprang sie schließlich mit einem Knurren an. Vor Schreck stolperte die Gestalt über ihre Füße und fiel der Länge nach hin und ich nutzte das aus, um mich über ihr aufzubauen. Schnell erkannte ich das es sich um einen Jungen handelte der nicht älter als zehn Jahre sein konnte. Seine Augen waren angstgeweitet und er fing an zu weinen und nach Hilfe zu schreien. Meine Güte der tat ja so als wolle ich ihn fressen. Natürlich weckte dieses Geschrei das ganze Lager, samt der eingepennten Wachen, auf und viele kamen angerannt und fragten die anderen laustark was denn los sei. Diejenigen die mich sahen waren eindeutig unschlüssig ob sie dem Jungen helfen wollten. Ich für meinen Teil ignorierte die Männer einfach und fixierte den Jungen mit einer Pfote am Boden, als er nicht aufhörte zu zappeln, knurrte ich ihn drohend an. "Ich würde sagen da hat wer versucht sich an unseren Vorräten zu schaffen zu machen", aus der Menge trat Marek, gefolgt von den beiden Leutnants. Er hockte sich neben mich um sich den Jungen genauer ansehen zu können, "Du bist eindeutig keiner von uns und da sie dich angegriffen hat, würde ich sagen das du dich auf irgendeine Weise verdächtig verhalten hast". Verdutzt schaute ich Marek an, es stimmte zwar was er sagte, aber warum war er sich da so sicher? "Ist gut Mädchen, ich habe den Jungen, er wird uns sicherlich nicht davonlaufen", Marek sah mich eindringlich an und ich ließ tatsächlich von dem Jungen ab. Ich verstand nicht wieso, aber meine Instinkte sagten mir das ich Marek vertrauen könne und auf ihn hören solle.

Außerdem fiel mir etwas anderes auf, wenn der Junge ein Dieb war, warum hatte er dann nichts in seinen Taschen? Genug Zeit zumindest ein paar Sachen einzustecken, hatte er gehabt bevor ich ihn zu Boden geworfen hatte. Da ich voll darauf vertraute, das die Herren Soldaten durchaus in der Lage waren einen kleinen Jungen unter Kontrolle zu halten, widmete ich mich den Fässern in denen der Kleine herumgewühlt hatte. "Hey du Bestie, weg da!", ich knurrte laut auf als einer der Soldaten mich anschrie und einen Stock nach mir warf. War dieser Mann ein Trottel? In den Fässern befand sich Gemüse, was sollte ich bitte damit wollen? Ich hatte nur meine Nase in das Fass stecken wollen, weil es komisch roch, nicht einfach nur nach Gemüse, sondern auch irgendwie beißend und doch wieder süßlich. "Lassen sie das leiber Soldat, zumindest wenn ihnen ihr Leben lieb ist, einen Schattenwolf reizt man lieber nicht ohne sich der Konsequenzen bewusst zu sein. Außerdem was sollte ein Wolf ihrer Meinung nach bitte mit Gemüse anfangen? Ich glaube viel eher ihre Nase hat etwas entdeckt, das uns nie aufgefallen wäre", Marek legte dem Soldaten eine Hand auf die Schulter, der Junge wurde gerade von den beiden Leutnants verhört. Da ich nicht wusste wie ich mich sonst verständlich machen sollte, nickte ich, roch nochmal an dem Gemüse und schüttelte mich dann. Marek lachte, "Wenn du nur reden könntest", er griff nach einer Möhre aus dem Fass. Sofort knurrte ich, meine Instinkte sagten alle eindeutig das dieses Gemüse nicht in Ordnung war. Marek roch jedoch nur an der Möhre und schmiss sie dann zurück in das Fass, anschließend lächelte er mich an "Wusste ich es doch, der Kleine hat ein Gift über das Gemüse gekippt, in ein paar Stunden wäre der Geruch verflüchtigt gewesen und wir wären vermutlich alle gestorben, wenn wir das Gemüse gegessen hätten". Ich schnaubte, natürlich wären sie das, sie hatten ja nicht einmal ordentliche Wachen aufgestellt, die diese Situation verhindern hätten können. Wirklich, ich fragte mich immer öfter wie diese Einheit es bislang geschafft hatte zu überleben.

Nachdem man entschieden hatte was mit dem Gemüse geschehen sollte und man den Jungen fortgebracht hatte, kehrten alle wieder zu ihren Schlafplätzen zurück, nur Marek blieb und setzte sich neben mich auf ein Fass. "Der Kleine hat übrigens gesagt er wird alles sagen was er weiß, auch über andere geplante Anschläge, solange wir dich nie wieder in seine Nähe lassen. Der Kleine hat ernsthaft Angst das du ihn fressen willst", Marek lachte. Ich schnaubte nur, der Junge war ein Feigling, außerdem was hätte ich bitte davon wenn ich so einen Knirps an dem nichts dran war fressen würde? Jetzt sah Marek mich direkt an, "Ohne dich wären wir diesem Anschlag wirklich zum Opfer gefallen, die gesamte Einheit, jeder einzelne Mann hier verdankt dir sein Leben. Ich weiß zwar nicht, wo du herkommst und was dich zu uns geführt hat, aber ich bin allen Göttern für dein Auftauchen dankbar", er streckte die Hand nach mir aus, verharrte dann aber mitten in der Bewegung, offenbar nicht sicher ob er mich wirklich anfassen durfte. Ich legte meinen Kopf unter seine Hand, ihm würde ich erlauben mich zu streicheln, bei anderen würde ich mir das noch überlegen. Lächelnd begann Marek mir über den Kopf zu streicheln und mich hinter den Ohren zu kraulen, "Mein Vater hat immer erzählt das ein Schattenwolf, die Menschen denen er vertraut sorgsam auswählt. Außerdem folgen diese Tiere nur selten einem Menschen und wenn sie es tun, sagte er dann nur einem einzigen. Mich würde es freuen wenn du uns eine Weile begleitest, die Männer werden sich sicherlich an dich gewöhnen und binnen kürzester Zeit wirst du bei allen beliebt sein". Ich brummte und hatte die Augen geschlossen, das Kraulen tat gut, zwar würde ich niemals ein zahmer Wolf werden und mich auch nicht von jedem anfassen lassen, aber ich hatte entschieden bei Marek eine Ausnahme zu machen, ich würde ihn auch jetzt als Wolf als Freund sehen.


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