Kapitel 9 - Gesucht -gefunden!

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Kapitel 9

nach Schulschluss...

Wo bleibt er denn? Ich warte hier nun schon seit zwanzig Minuten!

Enttäuscht blickte ich auf den Asphalt und lehnte mich gegen den Baumstamm. Ein Schauer überlief mich. Er war eiskalt! Schnell zuckte ich zurück, betastete den Baum jedoch anschließend mit den Handflächen.  Im Vergleich zur Umgebungstemperatur, die um den Baum herrschte, war er selbst so kalt, wie als würde man Schnee in die Hand nehmen. Dieses Gefühl machte mir gleichzeitig Angst, entspannte mich aber auch, denn ich wusste nun, dass es an der Schule tatsächlich den perfekten Ort gab, bei dem man sich im Sommer abkühlen konnte! Seltsam war es jedoch, dass der Baum seine Kälte nicht an die Umgebung weitergab, ganz im Gegenteil, hier war es viel heißer als auf dem Rest des Pausenhofs. Ich konnte mir nur zu gut vorstellen, wie Kevin hier gelitten haben muss.

Erneut sah ich mich nach ihm um. Der gesamte Schulhof war leer.

Nach etwa vierzig Minuten Wartezeit entschloss ich mich das Schulgelände zu verlassen und nach Hause zu gehen. Ich dachte über Kevin nach. Warum war er nur nicht gekommen? Ist ihm vorher etwas zugestoßen? Die Fragen verursachten mir starke Kopfschmerzen und Schwindelgefühle. Die ganze Zeit über blickte ich auf den Boden und kickte betrübt Kieselsteine weg, die mir über den Weg kamen.

Ich ging durch einen Park, um mich etwas abzulenken. Er war wirklich hinreißend! Große Wiesen und Felder, viele Bäume, ein kleiner, rauschender Bach, viele, freie Parkbänke und das Beste war, es gab kaum Leute. Ein perfekter, ruhiger Ort zum Nachdenken!

Als ich mich jedoch gerade auf die Bank vor mir setzen wollte, erblickte ich Kevin auf der Nächsten, blieb wie angewurzelt stehen und starrte ihn lange an. Er war ebenfalls allein und dachte nach (so sah es zumindest aus). Mein Bauchgefühl sagte mir ich solle zu ihm gehen, aber dann hielt ich inne und mir viel ein:  Er hat mich versetzt! Warum sollte ich nun zu ihm gehen? Ich bin ihm wahrscheinlich sowieso egal! 

Ich drehte mich um, warf mein Haar zurück und wollte wieder zum Eingangstor des Parks zurücklaufen. Doch plötzlich hörte ich lautes Gelächter hinter meinem Rücken und wusste nur zu gut, zu wem beziehungsweise welchen Personen es gehörte. In diesem Moment ergriff mich ein Schockgefühl, dass mir klarmachte, dass ich gerade fehl am Platz war. Ohne mich umzudrehen suchte ich das nächste Versteck hinter einem Baum auf. Sicher verborgen vor der Außenwelt beobachtete ich das Szenario,  dass soeben begonnen hatte.

Ich vermute der ganze Park hatte es mitgekriegt, dass Samu, Mike, Daniel und Joey, die vermutlich hässlichsten, ekligsten und gewalttätigsten Jungs aus meiner Klasse mal wieder ihr Opfer gefunden hatten. Kevin tat mir in diesem Moment so leid, dass ich das Bedürfnis hatte zu Schreien, sie sollen ihn in Ruhe lassen und sich jemanden suchen, der sich wehren kann! Das hätte ich am liebsten gesagt, tat es aber nicht, da ich selbst Angst vor ihnen hatte.

>> Na, du kleiner Zwerg, dachtest wohl du kannst uns einfach so davonkommen! << Samu packte Kevin am Kragen und nahm ihn hoch, sodass jeder ihn sehen konnte.

>> Du hast uns ganz viel Ärger eingebrockt, du kleines Mistvieh! <<, brüllte Daniel ihm ins Ohr.

>> Doch so leicht kommst du uns nicht davon! <<, schrie Joey ihm ins Andere.

Nun kam Mike hinzu und verpasste Kevin einen Faustschlag ins Gesicht, sodass seine Nase zu bluten begann. Alle Vier lachten höhnisch und Kevin selbst schrie vor Schmerz. Danach ließ Samu Kevin zu Boden fallen, beugte sich zu ihm runter und sagte: >> Du hast uns Ärger eingebrockt, Kleiner, doch nun...bekommst du den Ärger wieder zurück! <<

>> Und zwar doppelt! <<, entgegnete Mike und trat ihm mit dem Fuß in die Magengrube.

>> Und dreifach <<, schloss Daniel und trat ihm ebenfalls mit dem Fuß in die Brust. Kevin versuchte sich anscheinend aufzurichten, um sich die schmerzenden Stellen zu reiben doch Joey, der Stärkste unter den Vieren, kam ihm zuvor. Er beugte sich wie Samu zum leidenden Jungen runter und verpasste ihm mit einem Fausthieb ein blaues Auge, woraufhin Dieser verstummte und mit dem Kopf gegen den Boden prallte. Danach rief er: >> Leg ' dich bloß nie wieder mit uns an, sonst bekommst du noch den Rest! <<

>> Ja, das war nämlich nur der Vorgeschmack! <<, bestätigte Samu. Mike und Daniel sagten nichts mehr, stattdessen spuckten sie beide gleichzeitig auf Kevins Gesicht. Mit ihrem dämlichen Gelächter machten sie sich wieder aus dem Staub.

Nachdem sie weg waren, rannte ich panisch zu Kevin.

Entsetzt, schockiert und voller Tränen in den Augen blickte ich auf ihn herab. Sie hatten ihn bewusstlos geschlagen! Ich schlug voller Entsetzen die Hand vor den Mund. Für einen kurzen Augenblick dachte ich er wäre tot, bis mir klar wurde, dass er noch atmete. Sie hatten ihn wirklich übel zugerichtet! Sein ganzes Gesicht war mit einer Mischung aus Blut, Schweiß und Tränen überströmt. Ein Auge war blau angeschwollen und der Rest seines Körpers war mit blauen Flecken und Schnittwunden übersät.

Ich sah mich nach den wenigen Leuten im Park um. Sie alle waren verschwunden! Anscheinend wollten sie diese Szene nicht mitansehen oder gar dazwischen geraten. Sie alle waren zu feige ihm zur Hilfe zu kommen! Genauso, wie ich! Aber was konnte ich schon gegen diese Idioten ausrichten? Mich hätten sie ebenfalls verhauen! Diese restlichen Leute waren wenigstens Erwachsene!

Na ja, wie auch immer, was passiert ist, ist passiert! Man kann es nicht mehr ändern, so sehr ich es mir auch gewünscht hätte....

Ich packte hastig mein Handy aus der Schultasche und rief einen Krankenwagen an. Bis er kam, versorgte ich Kevins Wunden mit dem Wasser aus meiner Trinkflasche und einigen Taschentüchern. Vermutlich waren das gerade die schlimmsten Minuten meines Lebens!

Als der Krankenwagen endlich kam, war ich überglücklich. Er würde wieder gesund werden, sagte der Sanitäter, jedoch dürfe ich nicht mit ins Krankenhaus kommen, da ich wiedereinmal nicht zur Familie gehörte!

Sie ließen mich also allein zurück, wütend und traurig. Demnach hatte ich in diesem Augenblick nur einen Gedanken: Rache.

Im Reich der TotenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt