Kapitel 10 - Ein besonderer Tag?

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Kapitel 10

Dieser Morgen, war der Morgen, als ich aufstand, bevor der Wecker klingelte. Dieses Phänomen kam bei mir nur selten vor. Es zeigte mir, dass heute etwas Besonderes passieren würde....

Gemütlich und stressfrei schlenderte ich zur Schule. Natürlich war ich viel zu früh dran, wie eigentlich fast jeden Morgen. Nix Besonderes...
Obwohl,  ja! Jetzt wurde mir klar, dass ich heute zwei Minuten früher dran war! Na ja, das ist vielleicht auch nichts Spezielles...
Während ich weiter nach etwas Ungewöhnlichem Ausschau hielt, war ich wiedereinmal so erstarrt gewesen, dass ich nicht einmal bemerkte, dass Layla sich heimlich an mich rangeschlichen hatte.
>> Buh! << Ich erschrak heftig und taumelte rückwärts gegen die Wand, die sich vor Kurzem noch ein paar Meter hinter mir befand. Layla kicherte.
>> Oh, das wird nie langweilig bei dir, hihi. << Ich warf ihr einen zornigen Blick zu und sie brach abrupt das Kichern ab.
>> ' Tschuldigung <<, entgegnete sie mit einem zuckersüßen Lächeln. Ihr süßer, kindlicher Anblick brachte mich dazu zurückzugrinsen und nicht mehr länger sauer auf sie zu sein. >> Okay, nicht schlimm. Warum bist du heute so früh da? <<
>> Genau das Selbe wollte ich dich auch gerade fragen! << Sie stemmte die Hände in die Hüften.
>> Ich hab zuerst gefragt! <<, protestierte ich. Eine Weile lang schauten wir beide uns gegenseitig, eindringlich an. Schließlich lockerte sich Laylas Blick und sie fuhr fort: >> Also gut. << Sie seufzte. >> Ich bin hier, weil...ich sicher gehen wollte, dass...du dich nicht mit Kevin triffst...<<
>> WAAS?! << Die ganzen Schüler vom Pausenhof hatten meine Empörung mitbekommen und wendeten ihren Blick und ihre Aufmerksamkeit nun zu uns.
>> Nichts passiert - alles gut! <<, rief Layla und wedelte ihnen mit den Händen zu, um ihnen klarzumachen, dass sie sich wieder umdrehen sollen.
Als uns wirklich niemand mehr anstarrte, redete ich viel leiser weiter, sodass nur Layla und ich selbst meine Stimme hören konnten.
>> Jetzt erzähl mal! << Ich verschrenkte die Arme vor der Brust. >> Warum spionierst du mich? <<
>> Also..., als Allererstes solltest du wissen, dass nicht nur ich dafür verantwortlich bin, sondern...wir alle..<< Sie deutete mit einem Finger auf den Rest unserer  Clique, der etwas weiterweg, schräg vor uns stand und uns ebenfalls beobachtete. Ich war erneut so fassungslos,  dass ich den Mund öffnete,  um wieder etwas zu schreien, doch Layla hielt mich auf.
>> Warte, bevor du jetzt was sagst - lass es mich erklären!.<< Sie holte tief Luft und ich verdrehte die Augen.
>> Emma, wir sind deine besten Freunde und wir alle wollen wirklich nur, dass es dir gut geht und du nicht mit irgendwelchen Verlierern abhängst. Es macht dich unglücklich und es macht uns unglücklich dich dabei zu sehen..<< Ihre Stimme wurde zu einem Flüstern. >> ...und wir wissen, dass du gestern auf ihn gewartet hast. <<  Ich starrte sie entsetzt an und es herrschte lange Stille zwischen uns. Ich war diejenige, die sie brach.
>> Ich wundere mich, wie ihr es euch leisten könnt, so zu denken! Er hat hier Niemandem was getan! <<
>> Das weißt du nicht..<<, kam Layla dazwischen.
>> Auch wenn schon! Er verdient es nicht, als Verlierer  bezeichnet zu werden! Und, dass ich mich mit ihm treffen wollte, geht euch gar nichts an! <<
Anscheinend war ich wieder etwas lauter geworden, weil uns schon wieder einige Schüler beobachteten. In diesem Moment störte es mich allerdings kaum.
Layla bemerkte es auch und redete viel leiser, als ich. >> Du weißt ja nicht einmal den Grund, warum er hier so unbeliebt ist, wenn du ihn wüsstest, würdest du Kevin anders sehen, so, wie wir ihn sehen.<<
>> Dann erzählt ihn mir! <<
>> Nicht heute! Nicht jetzt...<<
>> Layla du bist meine allerbeste Freundin! <<
Layla schwieg.
>> Ah, okay, also wird das jetzt so eine Schweigenummer, damit ich auf andere Gedanken komme! <<
Sie zuckte mit den Schultern und wendete den Blick von mir ab.
>> Schön! Wisst ihr was? Ihr könnt mich alle mal! <<
Aufgebracht stapfte ich in Richtung Schulgebäude und ignorierte die Blicke, die mir nachsahen.

Im Klassenzimmer wurde mal wieder nur getuschelt. Ich redete mit Niemandem, versuchte aber, die Gespräche der Anderen mitzuhören. Natürlich ging es hauptsächlich um mich! Sogar Layla redete über mich, was mich am Meisten störte! Oftmals hörte ich meinen Namen, aber der Name 'Kevin' kam ebenfalls in den Gesprächen vor. Sie diskutierten über meine Reaktion von vorhin, darüber, wie die Jungs, der letzten Reihe, Kevin gestern krankenhausreif geprügelt hatten und sie fragten sich, ob wir tatsächlich miteinander befreundet waren oder vielleicht sogar zusammen.  Ja, die Hälfte der Gespräche war voller  Lügen und Gerüchte.
Einerseits war es interessant zu hören, was sie so über mich und Kevin verbreiteten, aber andererseits machte es mich richtig fertig, dass sie so über uns lästerten, obwohl wir ihnen beide oder zumindest ich nichts getan hatten!

Was sie wohl mit Kevin hatten? Die Wahrheit konnte mir nur er persönlich sagen... Ich war mir hundertprozentig sicher, dass alle anderen, selbst meine Freunde, mich anlügen würden. Nun musste ich ihn dringend sprechen und dazu gab es nur eine Möglichkeit...Es war ein Déjà-vu.

Am Nachmittag. ...

Zum Glück war es heute nicht so heiß gewesen, wie in den letzten Tagen. Es war leicht bewölkt und das beruhigte mich um Einiges, nachdem der heutige Tag so grausam war. Niemand, nicht einmal die Leute, die sonst mit mir redeten, haben ein Wort mit mir gesprochen! Die Pausen habe ich alleine verbracht - unabsichtlich. Denn als ich zu meiner Clique gegangen bin, hat mich niemand beachtet! Alle haben einfach weitergeredet und mich keines Blickes gewürdigt!
Nicht einmal Layla! Eine Weile lang war ich ihnen nachgegangen, doch irgendwann blieb ich stehen und merkte, dass sie einfach, ohne auf mich zu warten weitergingen! Ich rief ihnen 'Hey!' , 'Was soll das?' und 'Wieso tut ihr das?' hinterher, doch selbst das ignorierten sie. Ich bin dann wieder ins Schulhaus gegangen, weil die Pause sowieso schon aus war. Im Klassenzimmer redeten alle hauptsächlich über mich! Über Kevin - eher selten. Die zweite Pause war nur halb so schrecklich, da ich den Anderen gleich aus dem Weg gegangen war, weil mir klarwurde, dass sie mich sowieso nie wahrnehmen würden. Ich saß also alleine auf einer Bank und aß mein Pausenbrot, bis es wieder zum Unterricht gongte. Dem ganzen Lästern im Unterricht hörte ich auch nicht mehr zu, es war ja schließlich alles das Gleiche! Als die Schule aus war, war ich wahrscheinlich die Erste, die aus dem Schulgebäude gestürmt war.   Der ganze Spuck hat endlich ein Ende, dachte ich mir für eine kurze Zeit, bis mir klarwurde, dass es morgen wieder so weitergehen würde! Mit diesem Gedanken war ich also schnell zum Krankenhaus gerannt und  stand nach einigen Minuten vor dem Eingang.

Ich fragte nach Kevins Zimmernummer und die Frau am Schalter sagte sie mir und brachte mich dorthin, was eindeutig ein Déjà-vu war! Nur diesesmal war es ein Zimmer im ersten Stock : Zimmer 136.
Die Schwester öffnete die Tür. Es war dunkel. Also müsste Kevin schlafen und ich sollte nicht stören und später nochmal vorbeischauen. Sie war gerade dabei die Zimmertür wieder zu schließen, bis plötzlich ein lauter Knall aus dem Zimmer ertönte!
Schnell riss sie die Tür wieder auf und stürmte ins Zimmer - ich ihr nach. Zuerst bemerkten wir das Fenster, das offen stand. Ein heftiger Windstoß ließ die Fenstertür gegen die Wand prallen, was den lauten Knall erklärte...
Doch eine Frage stand noch offen: Warum war Kevin nicht in seinem Bett?
>> Haben Sie ihn vielleicht doch in ein anderes Zimmer umstationiert? <<, fragte ich die Krankenschwester verzweifelt, die nun das ganze Krankenbett auseinander nahm, um Kevin zu finden.
>> Sicher nicht! Wenn es so wäre, hätte mich schon längst jemand darüber informiert! << Nun suchte sie panisch den restlichen Teil des Zimmers ab.
>> Ja, aber dann könnte er auch gerade einen Spaziergang durch das Krankengebäude machen, oder? << Den Gedanken hielt ich selber für absurd, aber fragen schadete ja nicht.
>> Der Patient lag im Koma, als er hier hergebracht wurde, natürlich nicht! << Als sie im Zimmer nichts und niemanden fand, marschierte sie durch die Tür in den Gang hinaus. >> Ich werde den Rest des Kollegiums darüber informieren und wir werden eine Suche starten! <<,  hörte ich sie noch sagen.

Nun war ich allein im Krankenzimmer und schaute panisch umher. Irgendwo hier musste er ja sein! Als ein erneuter Windstoß die Fensterscheibe gegen die Wand prallten ließ, schaute ich auf und ging zum Fenster, um es zu schließen. Für einen kurzen Augenblick schaute ich hinaus und bemerkte ein Bettlaken. Es war am Fensterbrett angeknotet und der Rest hing länglich, zu einem Seil gespannt, die Krankenhauswand hinunter, bis zum Boden.

In diesem Moment wurde mir klar, wie Kevin verschwunden war! Er war aus dem Fenster geklettert!

Im Reich der TotenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt